Freitag, 27. Juni 2014

Aufregung im Hause Moto - Minya Teil 2

Oh du liebe Güte, lass das bloß heute gut gehen...! Ein Stoßgebet geht an den Himmel. Heute ist praktische Prüfung. In der Magengegend ist etwas hartes, das sich anfühlt wie eine Eisenkugel. Habe ich eigentlich schon mal gesagt, das ich Prüfungen hasse? Ach ja...?
Um 15:30 soll ich dran sein. In den vergangenen zwei Tagen sind wir gefahren, am Dienstag hatte ich die drei Nachtfahrstunden, alle an einem Stück und gestern sind wir auch noch mal alles durchgegangen. Eigentlich kann nichts schief gehen. Eigentlich. Mein Angstgegner sind die Grundfahrübungen. Dienstag abend war es ganz katastrophal. Als wir runter zur Natorampe kommen, steht alles voll mit LKW. Das dürfen die eigentlich nicht, Schilder verbieten das, aber sie nächtigen trotzdem dort und scheren sich nicht groß um irgendwelche Blechtafeln auf Stöcken. Gerfried baut indes unbeirrt den Parcours auf und lässt mich in der Zwischenzeit Stop & Go üben. Einer der LKW hat die Fahrertüre offen und der Fahrer turnt da auch rum und raucht. Er denkt gar nicht daran, die Tür zu zu machen. Fietje aus Leer hat nun Fierobend und da gehört die offene Tür halt dazu. Gönn ich ihm ja, doof nur, daß ich direkt daneben meine Zirkusnummern machen soll. Also Abbremsen aus fünfzig, Slalom, mal mit dreißig, mal mit Schrittgeschwindigkeit, Ausweichen bei fünfzig und dann mit abbremsen auf dreißig. Ich fühle mich nicht sicher und nicht wohl und mir gelingen die Übungen darufhin auch nicht. Dazu kommt noch, daß in der Kehre feixende Flaschenkinder Jugendliche stehen, die sich über jedes Mal, das ich da vorbeikomme, tierisch freuen. Und am anderen Ende der Strecke eiern welche unbeholfen mit BMX Fahrrädern rum. Dann kommt noch eine weitere Fahrschule dazu und der Platz wird noch enger. Gerfried muss mich mehrmals auffordern und schickt mich immer wieder an den Start. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, kann ich mich soweit zusammenreißen und mich und meinen Sicherheitsimpuls überwinden, daß mir die Übungen gelingen. Mit dem Rest der Nachtfahrt komme ich indes wieder sehr gut zurecht, das Fahren klappt ganz wunderbar, wir fahren etwas über Land und später, als es dann richtig dunkel wird, durch die Stadt. Es geht am Rhein entlang, durch die Neustadt, nach Gonsenheim (ich hatte mir Strassenbahnschienen gewünscht), durch Finthen und dann über den Lerchenberg zurück. Dabei geht es auch ein Stück durch den Wald und ich sehe, daß das Licht am Motorad nur unwesentlich mehr ist, als das Licht am Fahrrad.
Mittwoch läuft es dann schon besser mit den Grundübungen, auch wenn ich durch das Erlebnis vom Vorabend immer noch etwas verunsichert bin. Insbesondere mit Hinblick auf das was heute kommt.


Um 15:00 komme ich in die Fahrschule. Die Motorräder sind da, aber keine Autos. Sie sind also unterwegs. Als ich ins Büro komme, sitzt da noch ein weiterer Motorradprüfling und wartet auf seine A2 Prüfung. 15:30 wird also nicht so ohne weiteres zu halten sein... Ich habe Aprikosen mitgebracht von Manuela und stelle sie zur allgemeinen Verfügung auf den Tisch. Nun beginnt das Warten. Ich bin schon in Motorradklamotten zur Fahrschule gekommen und habe meine "normalen" Sachen für später im Auto. Ich muss also vorher nichts mehr machen. Um zwanzig vor vier kommen dann Gefried und der Prüfer rein. Nun geht es erst mal für den anderen Kandidaten los. Ich wünsche ihm viel Glück.
Claudias Mutter hat heute Dienst im Büro und sie bietet mir einen Kaffee an und ein Stückchen Kuchen, was ich beides gerne annehme. Der Kaffee tut sehr gut und das Essen verkürzt die Warterei. Schließlich ist es bald halb fünf und es geht endlich los. Hoffentlich fragt der Prüfer mich nicht nach meinem Namen...
Bei der Abfahrtkontrolle stehe ich da wie die Kuh vorm neuen Tor und versuche das Licht am Motorrad an zu bekommen. Sonnabend habe ich, als das Thema der Theorie war, praktisch den Unterricht gehalten, ich weiß also genau wie es geht. Irgendwann kommt mir der rettende Gedanke, mach doch einfach den Motor an, dann muss es leuchten. Und siehe da...
Danach geht es dann und ich rede keinen großen Blödsinn mehr zusammen, der Prüfer hilft mir sogar, indem er zum Prüfen des Bremslichtes auf das Fußbremspedal tritt. Er scheint zufrieden und wir können losfahren. Ich setze den Helm auf, ziehe die Handschuhe an und schwinge mich auf die Maschine. Als der Motor läuft wird mein Puls etwas ruhiger. Ich denke beim vom - Hof  - fahren an das was Gerfried mir gesagt hatte und es geht hinunter zur Hauptstrasse. Dort wartet an der Ampel noch eine andere Fahrschule mit Motorradfahrer. Ich stelle mich hinten an. Wie sich herausstellt, sind sie auch auf dem Weg zur Natorampe, das ist so eine Art Pilgerstätte für Fahrschulen, denn dort ist man vom normalen Verkehr weitgehend unbehelligt. (so ziemlich... siehe oben) Durch die vor mir fahrende Fahrschule werden von mir keine großen Kunststücke auf dem Weg dort hin erwartet, dazu kommt, daß vor der Autobahn eine Baustelle eingerichtet ist, mit Fahrbahnverengung und somit ich auch nicht überholen kann.
An der Natorampe halte ich also an, wie mir vorher geheißen wurde und warte auf die weiteren Komandos. Gerfried baut den Parcours auf und ich soll derweil Stop & Go machen, dabei ist es wichtig, daß man jeweils zwei mal mit dem rechten Fuß zuerst den Boden erreicht, und zwei Mal mit dem Linken zuerst. Das soll zeigen, daß man die nötige Koordination besitzt. Das klappt, daraufhin die Gefahrenbremsung aus fünfzig Km/h. Das verläuft auch zur Zufriedenheit, dann der Slalom - auch der geht ganz gut und auch mit Schrittgeschwindigkeit räume ich nichts ab. Jetzt das Ausweichen. Ich nehme mich noch mal ganz zusammen und es klappt. Beide Male. Der Prüfer schaut zufrieden und meint, wir wollten jetzt noch ein wenig fahren. Also geht es los, auf die B9, Richtung Oppenheim, dann in Bodenheim ab, durchs Industriegebiet (Gruß an meine Optikerin), unter der Bahn durch (heute steht da kein anderes Auto), dann links, dann rechts und durch Bodenheim durch. An einer Fußgängerampel, die in einer kleinen Steigung liegt, muss ich anhalten. Das wieder anfahren klappt und dann geht es weiter nach Gau Bischofsheim. Jetzt fällt der Stress von mir ab. Ich fahre gelöst über die Hügel und durch die Kurven und dann auch ganz locker durch Gau Bischofsheim. Dann geht es auf die Rheinhessenstrasse zurück nach Mainz. Uns entgegen kommen hunderte von Autos. Kommen ist zu viel gesagt, sie stehen uns entgegen. Die wollen alle um sechse zu Hause sein, wenn das Deutschlandspiel ist. Das wird aber nichts mehr werden... Wir biegen ab und fahren zum TÜV. Auch auf dem Weg dorthin stehen noch die Autos. Als man mich auf dem TÜV Gelände anhalten lässt, ist die Spannung groß. Ich klappe den Helm hoch und ziehe die Handschuhe aus.- Der Prüfer kommt auf mich zu, reicht mir fröhlich die Hand und sagt: Ich kann Ihnen gratulieren!
ICH HABE ES GESCHAFFT!!!!









6 Kommentare:

  1. Glückwunsch. Ich habe meinen am 16-Okt-2014 bestanden.

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  2. Dann Dir auch einen herzlichen Glückwunsch!! Und allzeit eine unfallfreie und frohe Fahrt! Ich finde es total klasse, wenn immer mehr Frauen, so wie wir, aufs eigene Motorrad finden.
    :)

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  3. Ihr seid mir ein Jahr voraus.
    Nun denke ich gerade an meine Prüfung. Wir sind eine Stunde zu früh aufgebrochen und haben auf dem Casio-Gelände noch einmal die Grundfahraufgaben geübt. Verkackte Generalprobe wäre noch höflich formuliert. Nach einer Stunde rumgekurve waren wir schon auf der Zielgeraden und plötzlich habe ich dann einen eigenen Fehler bemerkt. Ich bin ganz betrübt in mir zusammengesunken. Umso größer war die Überraschung, als der Prüfer mir freudig die Plastikkarte überreichte. Ach Kinners nee, welch Fest!

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    1. An dem Abend vorher hatte ich auch schon kurz überlegt, ob das alles Sinn macht. Da hatte ich auch einigen Mist zusammengefahren. Aber als es dann wirklich auf die Strecke ging, da hatte ich mir einfach vorgestellt, mein Vater sitzt hinten drauf und begleitet mich. Dann ging es alles recht leicht. Auf der Überlandfahrt dann, da war auf einmal das Eis endgültig gebrochen. Das war so ein irrer Tag... Meine Güte!

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    2. Stimmt. Wenn man so viel Leidenschaft für ein Projekt hat, dann machen selbst Prüfungen Spaß! Bei mir erschien auch plötzlich alles, was in den Theorieaufgaben vorkommt: Ballspielende Kinder, ein Fahrrad fahrendes Mädchen, entladender LKW, haltender Bus... Als dann ein Cowboy nebst Pferd am Waldrand stand und die Straße überqueren wollte, dachte ich für einen Moment, ich wäre in der Truman-Show und man hätte alle Prüfungsstatisten engagiert, die in Hamburgs Norden verfügbar waren. :-)

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    3. Oh ja, davon hatte ich auch auf der Prüfungsfahrt was gehabt. Anfahren am Berg, Traktoren und so weiter. Nur einen Cowboy hatte ich keinen. Da gebe ich zu, hätte ich mich auch gewundert und an versteckte Kamera oder sowas geglaubt.

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