Donnerstag, 17. Juli 2014

Auf nach Mömlingen!

Gegen Mittag hole ich die große Landkarte hervor. Wie es aussieht wird heute nichts mehr reinkommen und so habe ich Gelegenheit nach Mömlingen zu fahren und einen Tankrucksack zu begucken. Mömlingen? Ihr kennt das Weltdorf Mömlingen nicht? Oh. Das liegt, grob gesprochen, in der Mitte zwischen Aschaffenburg und Höchst im Odenwald. Dort findet sich Zweirad Norton, die Touratech Mitte Niederlassung. Ich möchte mir auch noch ein paar Kleinteile dort ansehen und befinde daß das eine ganz anständige Tour zum Üben ist. Aus der Karte schreibe ich mir meine Route zusammen, alles auf einen kleinen Zettel, den ich in die Jackentasche stecken kann. Einen Teil der Strecke kenne ich, aber so ab Darmstadt wird es dünne werden mit der Ortskenntnis. Ich bin gespannt, wie ich das Navigieren ohne Karte und ohne Navi so hinbekomme und ob es mir immer noch so gelingt wie früher.
Es ist halb zwei als ich Gesa rückwärts aus der Garage schubse und auf den Hof rollen lasse. Ich tüdele mich fertig an und schaue noch mal aufs Händi und schwinge den Rucksack auf den Rücken und setze den Helm auf. Mir ist jetzt schon warm. Im Stand lasse ich Gesa ein wenig Gelegenheit daß sich das Öl im Motor erst mal verteilt und ziehe derweil meine Handschuhe an. Dann geht es los. In Nieder Olm ist Stau wegen einer Baustelle, also weiche ich für eine Abfahrt auf die Autobahn aus. Danach geht es dann über Sörgenloch und Hahnheim nach Nierstein. Ich fahre die LKW Strecke (auch hinter einem LKW hinterher...), über den Bahnübergang und dann links in Richtung Darmstadt. Ich sehe zwei Radfahrer die Rampe hinunterfahren, die Fähre ist also gerade da und wird sicher auch noch mich mitnehmen. Gesa und ich rollen vorsichtig die Rampe hinunter und auf das Metall des Fährendecks. Im Hinterkopf habe ich Heikes Worte, aber es klappt alles ganz fabelhaft. Die Fähre ist auch nicht sonderlich voll und ich stelle mich hinter einen weißen Transporter.

                                                                 Gesa auf der Fähre...

                                       
Auf der anderen Seite des Rheines geht es dann die Rampe hoch, auch das ist kein Problem für mich. Ich stelle mich kurz oben hin, denn ich habe den Helm noch nicht zu und die Handschuhe sitzen noch nicht richtig. Die Überfahrt war kürzer als gedacht...
Als alles sitzt wie es soll, geht es in flotter Fahrt durchs Ried, vor Geinsheim ist eine Kurve, dort steht ein Wegweiser zu Dyckerhoff. Eine Kiesgrube oder so etwas also. Auf der Strasse sehe ich es auch schon. Also langsam und mit Vorsicht durch die Kurve. Manchmal ist es doch gut, wenn man die Firmennamen auf den Schildern deuten kann.
Das Ried ist verseucht mit unbemannten Fotoapparaten, die an den Strassenrändern rumstehen. Die Zahl wird sich etwa die Waage halten mit der der Mücken, die diese Gegend bevölkern. Ob das auch an den feuchten Wiesen liegt, weiß ich allerdings nicht. Nichts desto Trotz ist Vorsicht geboten, denn die Blutsaugermentalität der Mücken haben diese Gerätschaften auch.
So geht die Fahrt weiter in Richtung Pfungstadt, an Eschollbrücken vorbei, wo ich an den Traum eines Kollegen dereinst denken muss. Eschollbrücken war für seinen Wohnort als Evakuierungsplatz für den Katastrophenfall im Kernkraftwerk Biblis vorgesehen. Wir hatten im Auto damals darüber erzählt und gelacht und am anderen Tag erzählte der Kollege uns, er habe meinen anderen Kollegen im Traum gesehen, mit einer großen Gasmaske auf und der habe gesagt: "Geh nicht nach Eschollbrücken! Geh nicht nach Eschollbrücken...!" So muss ich immer bei diesem Ortsnamen daran denken.
In Pfungstadt verfahre ich mich erst einmal. Die Ausschilderung ist recht minimalistisch gehalten und so lande ich auf einer Ausfallstrasse in Richtung Seeheim Jugenheim. Das ist verkehrt. Ich blinke bei erster Gelegenheit rechts und fahre in einen Schotterweg. Das ist die Zufahrt für einen Baubetrieb und ein LKW will gerade dort nun rausfahren, wo ich eigentlich wenden wollte. Also rolle ich ein Stück weiter und stoppe dann vor einer Hecke.
                     Währenddessen: Kaiserwetter in Pfungstadt, Blickrichtung Seeheim Jugenheim
                        Es grüßt die Bergstrasse (heißt es doch immer in alten Reiseführern, oder?)

Als der Laster weg ist, tippele ich mit Gesa rückwärts und bin froh, nicht ein noch schwereres Motorrad gekauft zu haben.
In Pfungstadt drehe ich noch eine Ehrenrunde, bis ich auf eine Eberstädter Strasse treffe. Die wird vermutlich auch nach Eberstadt führen sage ich mir und biege rechts ab. Und richtig, nach kurzer Zeit geht es unter der Bahn und der Autobahn durch und nach Eberstadt hinein. Die Autofahrer in der Gegend sind recht spezielle Gesellen. Das habe ich mit dem Auto schon festgestellt. Aber mit dem Motorrad - ohne Worte. Zwei junge Kerls mit einem Kleinwagen überholen mich, nur um dann direkt vor mir rechts abzubiegen. Das alles quasi in einer flüssigen Bewegung.
In Eberstadt werde ich auch von der Strassenbahn überrascht. Ich hatte sie so weit südlich von Darmstadt nicht mehr vermutet und bin sehr überrascht, als ich plötzlich auf Schienen fahre. Direkt auf einer Schiene. Nix wie runter hier! Glücklicherweise geht meine Strasse auch direkt rechts weiter und so biege ich mit Schwung ab und bin froh, da heile drüber weg gekommen zu sein.
Hinter Nieder Ramstadt lande ich auf der B426 und unvermittelt in einem Tunnel. Das ist ein überraschend langer Tunnel und ich fahre also das erste Mal mit Gesa richtig durch die Erde. (die Unterführung in Hechtsheim zähle ich eigentlich nicht als "Tunnel") Blöd ist hierbei nur, daß mal wieder die Kanaldeckel mitten in die Fahrbahn gelegt worden sind und man kaum weiß, wo man bleiben soll.
Auf der Bundesstrasse bleibe ich bis Reinheim. Dort möchte ich eigentlich abbiegen, finde aber die Strasse nicht und lande wieder auf der Bundesstrasse. Wieder ist es die reichlich spartanische Ausschilderung, die hier Probleme verursacht. Man geht offenbar davon aus, daß diejenigen, die sich hier auskennen, eh keine Schilder brauchen und diejenigen, die sich nicht auskennen, hier eh nicht hin wollen. Es stehen die wildesten Ortschaften ausgeschildert, allesamt weit weg, aber das Nachbardorf sucht man vergebens. Oder das übernächste, etwas größere. So beißt mein Zettel auch ins Leere, denn ich hatte mich auf die nächstgrößeren Ortschaften verlassen, da alles andere zu schwammig ist. Da können sie gleich "Hamburg -> da lang" hinschreiben. Das stimmt immer.
Kurz hinter Reinheim entdecke ich dann aber doch an einer Kreuzung einen mir von meinem Zettel bekannten Ortsnamen und verlasse die Bundesstrasse nach Links. Es geht nun wunderbar unter einer kleinen Bahnlinie hindurch und durch schöne sommerliche Felder. Es ist wie im Frieden.
In Groß Umstadt finde ich den Weg durch den Ort in Richtung Raibach und komme auf eine schöne kleine Strasse, mit schlechtem Belag, aber dafür mit einer Haarnadelkurve. Souverän fahre ich da im zweiten Gang durch und komme mir ganz großartig vor. Ein wenig erinnert die Gegend an das Allgäu, nur das Panorama fehlt in letzter Instanz, aber sonst - alles so lassen!
Im Wald wird es richtig angenehm kühl und ich bin froh, daß ich mit dem Motorrad immer Licht anhabe, denn es wird auch ganz schön dunkel, im Vergleich zu dem gleißenden Sommertag ringsum. Kurz vor Wald Amorbach geht es links ab und ich überquere den Weißwurstäquator. Ich bin in Bayern.



                                                     
Bayern - so weit das Auge reicht!

Der Grenzübertritt hat gar nicht weh getan und ich rolle zufrieden über die Freistaatliche Straße. Bis Mömlingen ist es nun nicht mehr weit und ich bin überrascht, wie groß dieser Ort tatsächlich ist.
Werkstätten liegen gerne am Ortsrand und so ist es auch hier. Ich bin auf Verdacht einfach mal drauf zu gefahren und liege richtig. Auf der rechten Seite der Strasse befindet sich hinter einem Supermarkt Zweirad Norton. Ich biege auf den Hof und stelle Gesa vor der Tür ab.
Der junge Mann hinter dem Tresen schaut mich erwartungsvoll an, als ich zur Tür reinkomme. "Ich möchte einen Tankrucksack mir mal bitte anschauen!" "Kein Problem, da sollten wir etwas da haben." Und so ist es auch. Ich entscheide mich letztlich für einen "Companero Black Edition". Die Kleinteile, die ich haben wollte, haben sie im Moment nicht da, aber die werden sie mir hinterherschicken. So bezahle ich, trinke in Ruhe meinen Kaffee, den man mir freundlicherweise angeboten hat und den ich dankend angenommen  habe und danach montiere ich den neuen Tankrucksack. Das Werkzeug dafür darf ich mir aus einer Box an der Tür nehmen. Es ist nicht schwer zu bewerkstelligen, zwei Schrauben raus, zwei Schrauben rein und dann die Gurte einfädeln, fertig. (Daß ich an den neuen Schrauben zunächst fast verzweifelt bin, steht auf einem anderen Blatt Papier...)


Ich setze mich noch einen Augenblick auf einer der Stühle und dann geht es auf den Weg zurück. Ich nehme den gleichen Weg wie auf der Hinfahrt, nur daß in dieser Richtung die Beschilderung zum Teil besser ist. So komme ich tatsächlich durch die Ortschaften, durch die ich eigentlich wollte. Meinen Zettel habe ich in das Kartenfach vom Tankrucksack getan und in den Rucksack selbst habe ich meine Trinkflasche gepackt.
In Nieder Ramstadt tanke ich noch mal. Zwar wäre das nicht unbedingt nötig gewesen, aber der Sprit ist gerade günstig und ich möchte mir auch eine Kleinigkeit zu Essen kaufen. So mache ich dort auch noch mal ein paar Minuten Pause und fahre danach gut ausgeruht nach Darmstadt hinein. Diese Wegänderung habe ich spontan vorgenommen, denn ich möchte auch Stadt fahren üben, erst mal besser in einer Stadt, die ich zwar kenne, wo ich aber nicht ständig bin. Denn, wenn ich dann auf einer größeren Tour bin, wird das nicht ausbleiben. Dennoch bin ich froh, als ich aus der Stadt wieder raus bin und Richtung Griesheim fahre. Kurz bin ich dann noch versucht, in Richtung Büttelborn abzubiegen, aber auf Groß Gerau habe ich heute keine Lust mehr und somit fahre ich ganz normal in Richtung Oppenheim und wieder mit der Fähre über den Rhein. Die Fährpassage klappt wieder reibungslos, diesmal ist allerdings wesentlich mehr Verkehr und wir werden einiges zusammengequetscht, damit noch Autos drauf passen.
Als ich zu Hause in die Garage rolle, habe ich gut zweihundert Kilometer zurückgelegt. Riesig kaputt bin ich nicht, aber ich merke schon in den Knochen was ich gemacht habe.
Aber! Ich bin happy!

3 Kommentare:

  1. Fähre fahren - ich liebe es. Ich kann es nicht erklären, woher dieses Faible dafür kommt ;-). Liebe Grüße!

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  2. Wahrscheinlich ist es das norddeutsche Blut... Mir geht es ganz ähnlich, gestern bin ich auch wieder Fähre gefahren, auch wieder über den Rhein - wunderbar!
    :)

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  3. Hat Spaß gemacht, deinen Blog zu lesen.
    Wünsche dir viel Spaß und tolle Touren ;-)

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