Montag, 22. September 2014

Stadt - Land - Fluss Tag 4: Warum ist es am Rhein so schön?

Im Morgengrauen holt mich ein ungewohntes Geräusch an die Bewusstseinschwelle hoch. Das muss ein Zug sein. Wieso? Ach, ich bin im Rheintal. Da ist das normal. Und weg bin ich wieder. Bis - wie üblich - um acht mich mein Wecker im Händi wieder aus Morpheus Armen befreit. Ich wälze mich noch ein paar Mal hin und her, aber mit ohne Schaf im Arm macht das auch keinen echten Spaß und so krieche ich aus dem Bett. Draußen - das sehe ich auch ohne Brille - Regen. Dicke Wolken kommen tief von den gegenüberliegenden Hängen bis fast auf den Boden herab.

Stilleben mit Rheintal


Ich mache das Radio an und verziehe mich ins Bad. Das Bad ist Puppenstubeneng und ich muss den Kopf einziehen, wenn ich in den Spiegel schauen möchte und frage mich, wie beleibtere Personen es denn in die Dusche schaffen sollen. Geschweige denn, wieder hinaus. Aber das Haus ist im Kern uralt und gerade unterm Dach gehört das mit dazu.
Nachdem ich mich soweit fertig gemacht habe und die meisten meiner Sachen verpackt habe, telefoniere ich noch mit Tom und danach gehe ich runter zum Frühstück.
Das Frühstück finde ich im Gastraum des Cafés und ich würde gerne vom Kuchen probieren, aber so früh am Morgen ist sowas selbst für mich schwer. Ich beschließe deshalb lieber etwas vernünftiges zu mir zu nehmen. Das Buffet präsentiert sich nicht überbordend, eher klassisch und nicht unähnlich dem was ich gestern hatte. Rührei und Speck gibt es also auch hier nicht, dafür wieder ein gutes gekochtes Ei. Wurst und Käse sind sehr in Ordnung und auch die Brötchen finden meine Zustimmung und der Kaffee sowieso. Ich unterhalte mich noch mit Wanderern aus Diepholz, die mich gestern auch im Helmtauchermodus beobachtet hatten und irgendwann erscheinen auch noch die jungen Leute, die ich gestern im Treppenhaus verschreckt hatte. Trotz meines gelben T Shirts scheinen sie mich nicht mit dieser Kreatur von gestern in Verbindung zu bringen. Oder sie sind noch nicht richtig wach...
Wie ich fertig bin, unterhalte ich mich noch mit der Bedienung, die mich aufrichtig dafür bewundert daß ich alleine unterwegs bin und so tapfer den Naturgewalten trotze.
Bevor ich dann hoch gehe, schiebe ich Gesa noch etwas zurück, damit ich besser an sie heran komme und sie auch abtrocknen kann vorm Beladen. Ich hole erst mal die Gepäckrolle von oben und trockne Gesas Sattel ab mit Handtüchern, die mir die nette Bedienung zur Verfügung gestellt hat und verzurre dann die rote Ortliebrolle. Danach hole ich den Rest und mache mich fertig zum Aufbruch. Ich mache das Tor wieder auf und starte den Motor. Langsam rolle ich aus dem Hof und stelle die Maschine kurz ab um das Tor zu schließen.

Das "Café am Rheinsteig" in Leutesdorf hat mich sehr freundlich empfangen, obwohl die Umstände meines Anlandens nicht optimal waren. Ich habe gut geschlafen, von den Zügen fast nichts gehört und gut gefrühstückt. Bezahlt habe ich 35,- € und ich würde es jederzeit wieder tun.

Ich biege nach links auf die B42 in Richtung Süden ein und fahre nach Neuwied zurück. Der Regen ist wieder stärker geworden und so verzichte ich auf eine Runde durch die Stadt, zumal ich Neuwied ohnehin jetzt nicht als solchen High End Kracher in Erinnerung habe. Ich beschließe, mich bei geeigneterer Gelegenheit auf die Suche nach der verborgenen Schönheit dieser Stadt zu machen. Der Einfachheit halber bleibe ich auf der B42, die hinter der Stadt zur vierspurigen Strasse wird und folge ihr in Richtung Koblenz. In Vallendar, als die Straße wieder zur normalen Bundesstrasse geworden ist, kommt mir ein Auto entgegen, auf dessen Anhänger eine Heinkel Tourist verladen ist. Kurz darauf begenet mir noch einmal ein Auto mit Anhänger und zwei Tourist drauf. Ich will gerade mit mir wetten, daß das nächste Auto mit Anhänger drei von den Rollern geladen hat, da kommt mir ein ganzer Schwarm von Heinkel Tourist entgegen. Trotz des Wetters winken sie mir fröhlich zurück, als wir uns passieren. Diese historischen Roller kenne ich, weil zwei Kollegen auch solche haben und damit gelegentlich zur Arbeit kommen.
An Ehrenbreitstein fahre ich auch haltlos vorbei und denke an das schöne warme Wetter von neulich, als ich das letzte Mal hier war. Hinter Ehrenbreitstein wird die Strasse wieder Autobahnähnlich und ich fahre in Lahnstein ab. Schließlich möchte ich etwas sehen. Ein mir entgegenkommender Motorradfahrer hatte mich eben noch über die Leitplanke hinweg gegrüßt, was ja eher selten ist. Aber wahrscheinlich ist es das was ich über Winterfahrer gelesen habe. Da soll frenetisches Grüßen und anschließendes gemeinsames  Lagerfeuermachen keine Seltenheit sein.
Lahnstein wirkt völlig ausgestorben an einem regnerischen Sonntagvormittag. Wäre es trocken jetzt, es würden diese verdörrten Büsche über die Strassen geweht werden. Zum Anhalten kann ich mich nicht entschließen. Meine Lust ist irgendwie in der Nähe von Null. Das muss sich ändern. Also fahre ich in Braubach ab. Der Weg zur Marksburg ist aber durch eine Baustelle eingeschränkt und so drehe ich um. Wer weiß, wie weit ich dann laufen muss. Wie ich umgedreht habe, stelle ich fest, daß ich den Tracker heute morgen gar nicht angestellt habe. Das hole ich gleich nach und mache noch, eher lustlos, ein Foto bevor ich weiterfahre.


In Braubach war ich das letzte Mal bei ganz tollem Wetter und so kann mein heutiger Besuch nicht wirklich mithalten. Ich beschließe, das Bild, das ich von diesem Ort im Gedächtnis habe, nicht mit diesem Regeneindruck zu übertünchen.
Auf der Bundesstrasse ist nicht viel los. Durch Kamp - Bornhofen hindurch habe ich zwar einen Autofahrer vor mir, der hat aber bald ein Einsehen und biegt ab. Gegenüber von Bad Salzig halte ich an. Waren das nicht eben Paddler gewesen? Doch...

                          Die schwarzen Punkte im Wasser da hinten sind keine Bildstörung.

Das müssen harte Hunde sein. Der Rhein ist schon bei gutem Wetter nicht ohne. Paddeln möchte ich hier nicht. Die Strömung und der Schiffsverkehr sind gewaltig und es gibt submarine Hindernisse, die Strudel verursachen. Da empfinde ich meinen eigenen Ausflug auf die Elbe seinerzeit, zwischen Blankenese und Wedel, als weit weniger gefährlich. Trotz Groß - Schiffahrt dort.

              Ich weiß jetzt, wieso die in Science Fiction Filmen immer beleuchtete Helme haben...
                                         Blick Richtung Kestert: Alles Grau und Düster

In St. Goarshausen biege ich dann ab und fahre hoch zur Loreley. Wie ich am Parkplatz ankomme, soll ich für das Parken etwas bezahlen. Bei schönem Wetter hätte ich das sicher gerne getan (es wird nachgeholt!), aber jetzt? Nur um dann ins graue Rheintal zu blicken und doch nichts zu sehen wegen der Regensuppe? Nein. Ich drehe um. Später lese ich im Internet, dort habe sich an dem Wochenende das "Heinkel Treffen 2014" ereignet. Davon war aber zu dem Zeitpunkt schon nichts mehr zu sehen gewesen. Schade! Deshalb also die hohe Heinkel - Rollerdichte in Vallendar!
Auf dem Rückweg nach St. Goarshausen halte ich noch einmal für ein Foto an.

 vermutlich wird die Strassenverwaltung hier auch schon ein Stativ als Service fest installieren können

Wie ich zurück auf der Bundesstrasse bin, wird der Regen wieder stärker und störender. Ich fasse den Entschluß, nun nur noch nach Hause zu fahren, ohne Umwege. So bleibt dann auch Blücher in Kaub unfotografiert. So etwas werde ich bei schönem Wetter noch einmal in Ruhe mir vornehmen.
Irgendwo im Nirgendwo kommt mir auf dem Rhein auf einmal ein Segelschiff entgegen. Kein kleiner Freizeitskipper, nein, eine Jalk, oder ein Ewer, oder so was. So richtig mit zwei Masten und Seitenschwert.

                   Leider kann ich nicht anhalten und so zeichne ich es später aus der Erinnerung.

Hinter Assmannshausen stehe ich wieder an den Baustellenampeln. Bei der ersten Baustelle kommen mir ein paar traurige Motorradfahrer entgegen. Ich sehe ihre Enttäuschung über den verpfuschten Sonntagsausflug in ihren Gesichtern. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es dann weiter. Gegenüber des Mäuseturms stehe ich dann aber schon wieder an einer Baustelle.

                            Es schüttet. Ein bissel was hat es vom Stehen unter der Dusche

Zwischen Sonntagsfahrern quäle ich mich durch Rüdesheim. Wie ich aus dem Ort hinaus bin, bemerke ich Wassereinbruch. Diesmal hat auch die Motorradhose nicht dicht gehalten. Meine Laune schrabbt nun endgültig am Boden entlang. Mit nasser Hose ist mit mir nicht gut Kirschen essen. Ich bin nur froh, daß ich es nun nicht mehr weit bis nach Hause habe. In spätestens einer Dreiviertelstunde werde ich im Trockenen sein. Ich verzichte darauf, durch die kleinen Dörfer des Rheingaues zu fahren und halte einfach nur Kurs Richtung Heimat. Auf den letzten Kilometern, bevor ich dann endlich da bin, kommt starker Seitenwind auf. Das ist richtig, richtig unangenehm.
Ich rolle auf den Hof, grabbele nach dem Schlüssel für die Garage und kurz danach steht Gesa, mit mir um die Wette tropfend, wieder in der Garage. Als ob nichts gewesen wär.


Ich bin erst einmal bedient, schnalle die Sachen von Gesa ab und sehe zu, daß ich nach Hause komme. Mir ist kalt, mir ist nass - und überhaupt. Erst mal gute Nacht, Gesa!


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Wie ist nun das Fazit dieser Reise?
Fabelhaft! Wunderbar! Alles so lassen! - Ähm, nicht alles. Dieses daß ich immer im tiefsten Regen nach Hause komme und mir so der Rückreisetag versalzen wird, das muss ich ändern. Ich scheine da eine I- Cloud gebucht zu haben. (Noch mal in den Einstellungen des Händis suchen...) Überflüssig zu erwähnen, daß es bald nachdem ich zu Hause war, aufgehört hat zu regnen...
Aber ich habe eigentlich genau das auf der Reise gehabt, was ich beim Motorradwandern gesucht habe. Das Ganze taugt mir schon sehr. Ich muss mich nur noch etwas mehr zum Fotografieren bringen. Das vernachlässige ich noch zu sehr.
Bei dieser Reise habe ich Orte besucht, an denen ich lange nicht mehr gewesen bin, ich war in Saarbrücken, wo ich angefangen habe zu arbeiten seinerzeit, ich habe Neues gesehen, die Saar bis zur Mündung in die Mosel kannte ich bislang nur kaum und wenn dann am ehesten auf der Strecke bis Völklingen. Die Mosel ist wunderschön, und wenn nicht der große Touristenrummel in den Orten ist, dann ist es wirklich heimelig.
Die Etappen, die ich mir vorgenommen habe, waren nicht zu lang und nicht zu kurz und ich kann nun auch gut einschätzen, was an einem Tag locker und ohne Stress machbar ist mit dem Motorrad.
Meine Ausrüstung hat sich im großen und ganzen sehr bewährt. Die Ortlieb - Rolle, darüber braucht man, glaube ich, keine großen Worte mehr zu verlieren, die hat sich selbstverständlich bewährt, sie war absolut wasserdicht, egal was für Regen gewesen ist. Ich hatte mir im Vorfeld noch einen zweiten Packsack zugelegt und auch die Entscheidung war richtig gewesen. Von der Gepäckmenge wird es nun auch auf längeren Touren nicht mehr sehr abweichen, lediglich etwas mehr Unterwäsche werde ich dann mitnehmen. Die Jeansjacke mitzunehmen war sehr gut, ich habe so auch nicht groß gefroren, als ich am Sonnabend Abend in Leutesdorf zum Essen gegangen bin. Nur mit den Schuhen, da habe ich falsch gelegen. Ich musste auch unbedingt welche mitnehmen, die ich noch nicht richtig eingelaufen hatte. Das hatte sich ja gleich am ersten Abend gerächt.
Was ich festgestellt habe, es kann sich auszahlen, wenn man so eine Reise eine Kleinigkeit besser plant im Vorfeld. So habe ich zum Beispiel den alten Friedhof in Offenbach Hundheim nicht gefunden. Das wird das nächste Mal geändert.
Die Hotelzimmer im Voraus zu bestellen, das war sehr gut, an der Stelle hatte ich gut geplant. Ich bin auch dieses Mal nicht mit meiner Wahl eingebrochen und habe an allen drei Stellen sehr gut genächtigt.
Mit Gesa bin ich sehr gut zurecht gekommen, auch bei wirklich widrigem Wetter.
Womit ich allerdings so gar nicht zufrieden war, das war die Leistung der Regenkombi. Das ist nun schon Nummer zwei, die nicht dicht gehalten hat. Und das, obwohl es zwei sehr unterschiedliche Materialien sind. Wo dieses Mal das Wasser herkam, das kann ich mir nicht erklären. Besonders ärgerlich war natürlich, daß die Motorradhose nun auch irgendwann versagt hat. Wie machen denn das Leute in Breitengraden wo es häufiger und mehr regnet als hier? Für Tips um eine richtig dichte Regenkombi bin ich aufrichtig dankbar!
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Nach langem Suchen im Netz bin ich dann übrigens wahrscheinlich dem Segelschiff auf die Spur gekommen! Es wird sich wohl um die Stevenaak "Helena" aus Rotterdam gehandelt haben, die ich auf ihrem Weg zurück von Basel gesehen habe.




Heute bin ich 141 Kilometer gefahren. Damit bin ich auf dieser Reise insgesamt 733 Kilometer unterwegs gewesen.

5 Kommentare:

  1. Zum Glück kam der Wassereinbruch erst am letzten Tag. So bleibt für die schöne Tour mindestens noch ein lachendes Auge :-)

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    1. Hallo HerBert!
      Da hatte ich wirklich Glück, daß ich es nicht mehr weit bis nach Hause hatte. Wenn das zwischendrin passiert wäre, das wäre viel blöder gewesen. Um so wichtiger ist es nun, eine echt funktionierende Regenkombi, die auch Trockenheit nach Versenken garantiert, zu finden.

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  2. Erinnert mich ein Stück weit an Svenjas "Tauchfahrt des Schreckens". Wie waren denn Deine Stiefel? Dicht? Und welche hast Du?
    Ich plane für nächstes Jahr eine Tour Richtung Schwarzwald, habe meine Daytona Stiefel noch nicht wirklich ausprobiert, hänge noch an meinen kürzeren, bequemeren Alpine-Stars (die jetzt aber echt durch sind nach 24.000 Kilometern) ...

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    1. Hallo Heike!
      An Svenjas "Tauchfahrt" musste ich auch denken... Meine Etappe war allerdings glücklicherweise kürzer. Und ich hatte es an dem Tag nur noch nach Hause zu schaffen.
      Die Stiefel haben erfreulich dicht gehalten. Auch diesen sintflutartigen Regen am Sonnabend Abend von Koblenz bis Leutesdorf haben sie gut verkraftet. Da hätte ich eigentlich keinen Pfifferling mehr auf Dichtigkeit gegeben. Aber das haben sie abgekonnt.
      Ich habe von BMW die "Santiago". Die sind leider nicht mehr im Programm und ich habe sie günstig geschossen, da es sie eigentlich nicht mehr gibt. Ich komme mit ihnen besser zurecht als mit den ursprünglichen Stiefeln, die ich hatte. Ich habe ja dieses Problem am rechten Fuß, vermutlich Arthrose, und brauche deshalb Stiefel, die vorne weit sind. Bei denen geht das auch mit den Motorradsocken und laufen kann ich auch damit. Sie entsprechen am ehesten den Vanucci VTB 9, haben allerdings noch Stahlkappen, die mördermäßig cool aussehen, aber deren Schrauben zum Verloren gehen neigen.

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  3. Toller Reisebericht. Mir als gebürtiger Kowwelenzer hat es sogar fast Heimweh gemacht. Für einen gute Regenkombi bist mal schnell ein paar Hunderter los. Ich habe ein zweiteiliges Set von Tante Louise. Ist (fast) Dicht, wärmt sogar etwas, aber an Falten und im Innenschenkelbereich halt doch bei längerer Fahrt nicht unbedingt wasserdicht. Für den ein oder anderen Schauer reichts aber auf jeden Fall.
    In den diversen Fachzeitschriftren waren ja erst letztens Kombis für Regen oder Winterfahrten getestet....
    Gruß
    Marcus

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