Samstag, 22. November 2014

Reise zum Mittelpunkt...



                                                          ...Rheinhessens

Nach einem Vormittag und einem halben Nachmittag im Keller vor dem Computer hält mich nichts mehr. Arbeitsmäßig kann der Tag eigentlich nichts mehr bringen für heute, also nichts wie weg!
Ich tüddel mich an, zu dieser Jahreszeit ist das naturgemäß einiges mehr als sonst und dauert auch eine Kleinigkeit länger als sonst, aber es geht dennoch flott von der Hand. Jede Minute ist nun kostbar! Das Licht ist schließlich endlich.
Mit mehreren Lagen Unterwäsche ist das Aufsteigen nicht mehr so geschmeidig wie sonst, aber letztlich kein Problem.
Ich lasse Gesa ein wenig laufen und ziehe mir derweil die dicken Handschuhe an. Visier zu und los.
Die Baustellen sind in letzter Zeit etwas zurückgegangen und so geht es in Richtung Mainz Lerchenberg. Die Strasse ist gerade frisch gemacht und Gesa läuft ruhig und leise auf dem noch tiefschwarzen Asphalt. Die Luft ist kalt und feucht, gerade einmal acht Grad. Aber durch die Jacke kommt kein Wind und bis vier Grad habe ich sie neulich schon ausgetestet. Nur die Handschuhe halten nicht ganz was sie versprechen. Die Fingerspitzen sind schon nach wenigen Kilometern ein wenig kühl.
Wohin will ich eigentlich? Ich weiß es noch gar nicht. Erst mal nur weg. Auf keinen Fall in die Stadt. Also auf die Autobahn, in Richtung Laubenheim. Und dann am Rhein entlang. Den Vormittag über war schönster Sonnenschein, aber just als ich losbreche, haben sich Wolken vor die Sonne geschoben. In Richtung Rhein sieht es aber noch so aus, als hätte es dort noch etwas schönes Licht. Frankfurt konnte ich eben, von der Höhe bei Ober Olm aus, in der Sonne liegen sehen.
In Laubenheim fahre ich ab, auf die B9 in Richtung Oppenheim und gebe Gas. Tatsächlich, hier scheint Klärchen noch heiter und es ist eine höchst leinwande Fahrt. Mörderentspannt im Sechser gleiten wir dahin. Bodenheim lassen wir rechts liegen und - sehen Bremslichter vor uns. Was ist das...? Stau? Jetzt schon? Och nö!! Also, es hilfts nichts, wir schleichen hinter den anderen hinterher. Schneckentempo. Na schön, kann ich wenigstens ein wenig nach dem Wasser schauen. Wie es wieder etwas vorwärts geht, stehe ich auf, um über den Minivan vor mir drüber zu sehen. Hier weiter zu fahren hat keinen Sinn. Das geht weiter so bis Nierstein. Also werfe ich hinter Nackenheim den Blinker an und biege ab. Die Strasse ab dem Bahnübergang ist auch neu gemacht. In Nackenheim biege ich dann ab ins Hinterland. In Mommenheim biege ich nicht, wie neulich mit den Jungs aus dem Forum, in Richtung Zornheim ab, das wäre eine etwas zu kurze Ausfahrt, sondern fahre weiter nach Rheinhessen rein.
Hinter Köngernheim fahre ich über die Bundesstrasse weiter in Richtung Friesenheim. Wie ich über den Berg komme, sehe ich ein Schild "Vorsicht! Jagd!". Ich überlege noch, ob ich zu den jagbaren Arten zählen könnte, da sehe ich sie auch schon. Unten biegt gerade beim alten Bahndamm ein Auto mit Anhänger auf die Strasse auf, gefolgt von einem kleinen Trecker, ebenfalls mit Anhänger. Sie kommen auf mich zu. Auf den Anhängern hocken sie. Grüne und leuchtorange Gestalten mit Gewehren. Jetzt nicht auffallen - denke ich mir und schon werden sie auch im Rückspiegel bereits wieder kleiner. Hinter dem Ort steht noch einer mit Hund. Auch er scheint mich nicht zu beachten. Puh!
In Hillesheim - Bahnhof biege ich ab und steuere auf Gau Odernheim zu. Die Sonne ist bereits milchig und beginnt sich für die Nacht fertig zu machen.
Hinter Gau Odernheim ist Polizei am Werke. An der Kreuzung nach Bechtolsheim haben sich zwei Autofahrer nicht direkt im ersten Anlauf über die Vorfahrt einigen können. Nun haben sie das an den Strassenrand verlegt, mit obrigkeitlicher Hilfe. Ihre Schlachtrösser zeigen Spuren eines Kampfes. Schwer zu sagen, wer gewonnen hat. Vermutlich unentschieden. Ich beschließe, mich nicht einzumischen und fahre einfach weiter. Zickzack durch Biebelnheim und dann abgebogen nach Gabsheim. He! Hier war mir doch schon ein paar Mal was aufgefallen! Richtig! Da vorne ist es.

Ich bremse ab und setze den Blinker rechts. Ein reichlich unbefestigter Feldweg empfängt mich. Gesa und ich fahren vorsichtig hinein und folgen dem Weg hoch und um die Biegung. Vor einem Parkplatzschild halte ich an und drehe Gesa um.

Der Geografische Mittelpunkt Rheinhessens! Sensationell! Ein bissel was von Käpt'n Nemo umweht mich. Ich schnappe mir die Kamera und springe um die Reben herum und stehe vor ein paar Schildern.

Ich muss lachen. Genau, aber ganz genau, darüber habe ich mich gestern abend mit Martina unterhalten! Daß Rheinhessen tatsächlich zu Hessen gehört hat und daß es deutliche fränkische Spuren gibt. Bei den Häusern und den Dächern, bei den Ortsnamen, die alle auf  -heim enden und bei der Sprache, die eine fränkische Mundart und keine hessische ist. All das und noch viel mehr steht auf mehreren Tafeln gut beschrieben hier in der Landschaft rum.
Dazu gibt es noch eine Hütte mit Bänken und einen alten Wasserhochbehälter, auf dessen Dach man aus den Oberlichtern eine Sitzgelegenheit gebastelt hat.
Für die Rutsche bin ich leider zu breit. Also genieße ich stattdessen den Ausblick.


neben Wein gibt es hier auch viel Spargel

Gesa hat währenddessen brav gewartet, ich kehre zu ihr zurück und mache mich zur Weiterfahrt fertig. Es ist in der Zwischenzeit etwas kälter geworden, es sind nur noch sechs Grad. Zeit nach Hause zu fahren. Wärmer wird es nicht mehr. Außerdem wird es langsam dunkel.
Über Schornsheim und Saulheim schlängele ich mich dann bis in meine Garage, die ich auch noch eben und eben im letzten Licht erreiche.
Eine schöne Ausfahrt. Dafür, daß ich zuerst gar nicht wusste, wo ich hinfahren sollte, ist es doch ein netter Ausflug geworden! Die Kälte war erträglich, wenn auch die Finger mir letzten Endes ziemlich kalt wurden. Ansonsten hat sich die Zwiebeltechnik einmal mehr bewährt.
Einmal mehr bin ich aber erstaunt, was den Vermarktungsstrategen so alles einfällt. Der Geografische Mittelpunkt Rheinhessens - darauf muss man erst einmal kommen. Aber - ich könnte mir bei genauem Überlegen so etwas auch für meinen Garten vorstellen...



8 Kommentare:

  1. Entdecken & Erleben – ist doch das Schönste am Motorradfahren.

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  2. Für einen winzigen Moment dachte ich, du wandeltest auf Jules Verne's Spuren... Hach, wartet nicht alles darauf, irgendwie entdeckt zu werden? Und wenn es der Mittelpunkt nach Irgendwo ist. Hauptsache man entdeckt ihn per Mopped...

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    1. Oh ja! Alles und noch viel mehr. Tom hat mich zum Geocachen gebracht - was es da noch alles zu entdecken gibt - das ist die reinste Parallelwelt!
      Das ganze wird jetzt mit dem Mopped verbunden...
      :)

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  3. Ich möchte meine Lenkerstulpen im Winter nicht mehr missen. Sie sehen zwar extrem wuchtig aus, bringen aber unglaublichen Komfort. Und wenn ich dann noch die Heizgriffe anwerfe, dann kann ich mit den heißen Fingern meine Lebensfreude in die kalten Füße zurück-autogenisieren ...
    Ok, nicht wirklich, aber ich versuche es jedes Mal wieder!

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    1. Heizrasten - das wär es! Das habe ich in der Zwischenzeit auch festgestellt. Der Motor alleine heizt da nicht ein. Bei zweieinhalb Grad und wild blinkendem Thermometer in der Anzeige habe ich derzeit meinen Kälterekord. Letzten Montag und Dienstag bin ich bei wesentlich angenehmeren zehn Grad zum Einkaufen in die Stadt gefahren.
      So hätts bleiben können...

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  4. Super, Du fährst auch bei kaltem Wetter...Ich war bis vor ein paar Jahren regelmäßig in Ginsheim Gustavsburg zu Gast...so schön hatte ich die Gegend nicht in Erinnerung...
    Gruß
    Marcus

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    1. Oh ja! Zwar nicht bis zum Absterben von Gliedmaßen, aber immerhin.
      Ginsheim Gustavsburg habe ich auch nicht so richtig schön in Erinnerung. Zu weiten Teilen besteht das ja auch aus Industriegebiet. Und das anschließende Ried liegt mir auch nicht so wirklich.

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  5. Genau so habe ich mir das vorgestellt ... du weißt schon :-)

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