Sonntag, 29. März 2015

Leise durchs Lautertal

+++Montag, 09.03.2015+++
An einem Montag, einem sonnigen zudem, zu Hause sitzen? Nö. Die meisten anderen, die gestern die Strassen überbevölkert haben, sind heute auf Arbeit, wie sich das gehört, also verspricht das ein angenehmer Ritt zu werden. Kurz nach Mittag mache ich mich also fertig, für morgen habe ich meinen Auftrag schon, da brauche ich mir keine Sorgen zu machen, also los. Die drei Lagen Unterwäsche der vergangenen Tage müssen es dieses Mal wohl nicht sein, ich lasse also die Sporthose zu Hause.
Bester Laune bahne ich mir meinen Weg nach Sprendlingen und biege in Richtung Wöllstein ab. Ich fahre ein kleines Stück von meiner Tour im letzten Spätsommer, allerdings möchte ich heute auf der Bundesstrasse weiterfahren und dann ein wenig Landeinwärts steuern.
Das Wetter ist wunderbar, in der Sonne ist es richtig schön warm und ich kann jeden Meter genießen.
Als ich Fürfeld hinter mir lasse, bin ich noch ganz alleine auf der Strasse, aber im Gefälle nähert sich ein Auto von hinten. Nichts großes. Nicht gefährlich. Die Strasse ist auf 80 begrenzt, die fahre ich auch, wegen des Gefälles und der Kurven und der im Schatten noch feuchten Strasse. Bei einer Ortschaft wird auf 60 herabgesetzt. Ich bremse ab, der kleine, ockerfarbene Wagen hinter mir hängt bald am Rücklicht. Wie es dann wieder schneller gehen darf und ich beschleunige, sehe ich im Rückspiegel, daß der Wagen zum Überholen ansetzt. Normalerweise sollte man solche Manöver zügig absolvieren, insbesondere mit Hinblick auf eine proportional vergrößerte Überlebenswahrscheinlichkeit. Nicht so der. Der zuckelt gemütlich neben mir her, egal ob da Kurven sind, die nicht einzusehen sind, oder nicht. Ich werde langsamer, endlich schafft er es an mir vorbei. Ich schwitze, trotz Schatten und schattigen zehn Grad.
  Der Mayonaise - Tube über die Tischkante gleich, über die Leitplanke gedrückt zu werden? Alles keine Alternative.
Das wär sich nicht ausgegangen, aber mal so gar nicht, wenn da etwas von vorne gekommen wäre. Was wäre dann sein Plan gewesen? Rüberziehen und den Motorradfahrer über die Leitplanke schieben? Kein guter Plan! Für mich hätte es - egal wie es gekommen wäre - keinen Ausweg gegeben. Keinen. Den Entgegenkommer auf meiner Spur? Die Trümmer der beiden auf dem Schoß? Der Mayonaise - Tube über die Tischkante gleich, über die Leitplanke gedrückt zu werden? Alles keine Alternative. Als er endlich vorbei ist, lasse ich mich zurückfallen. Ich kann sehen, daß er sich gestikulierend mit seinem Beifahrer unterhält.
Als wir an der Alsenz entlangfahren, überholt er auch den Wagen vor mir. Nur wenig besser.
Er biegt auch ab in Richtung Obermoschel und ich habe ihn wieder vor mir. Allerdings nicht ewig, denn den BMW vor sich überholt er schließlich über die Sperrzone hinweg und verschwindet mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in der nächsten Ortschaft. Offenbar völlig verstrahlt.
Ab Obermoschel habe ich wieder die Strasse völlig für mich alleine, die Bundesstrasse, die einem schon so viel Stress bereitet hat, ist so leer eine wunderbar zu fahrende Strasse. Die Sonne lacht, ich auch wieder und es geht entspannt nach Meisenheim. Dort erscheint dann zwar ein LKW vor mir, den kann ich aber bald hinter mir lassen und ich bin wieder alleine. Der schwarze Porsche hinter mir kommt nicht näher, im Gegenteil, der Abstand wird größer und in einem der Dörfer ist er dann ganz verschwunden.
                            Die Furcht: Kanalisiert reiten bis Kaiserslautern?
In Lauterecken beschließe ich die B420 zu verlassen und auf die B270 zu wechseln. Zuerst denke ich, ich habe mich bei der Strecke verwählt, ich werde auf eine Brücke über die Stadt geleitet und fürchte schon, daß es also kanalisiertes Reiten geben wird bis kurz vor Kaiserslautern, aber ich habe glücklicherweise nicht Recht mit meinen Befürchtungen. Die Strasse verbessert sich, sobald wir aus der Stadt sind. Was jetzt ein bisserl stört, das ist ein etwas sportlich aufgemachtes Auto vor mir, das aber so gar nicht dementsprechend fährt. Ich halte das zunächst für eine Falle und denke mir, der wird darauf warten, daß ich ihn überhole, um mich dann zu jagen. Aber Jagdtrieb scheint der grad keinen zu haben und so brodelt er gemütlich vor mir her. Irgendwann überhole ich ihn und lasse ihn hinter mir verschwinden.
Hier im Lautertal war ich noch nie gewesen. Zumindest nicht in diesem Teil. Es ist ein zutiefst entspanntes Fahren und ich genieße Gesas Vibrationen unter mir und wir kurven gemächlich über Land. Die "Autodichte" ist auch wieder zurückgegangen und zum Teil bin ich wieder völlig alleine. Motorräder habe ich bislang nur zwei gesehen.
Immer entlang der Lauter und der Eisenbahn geht es schließlich nach Otterbach. Hier gibt es wieder mehr vierrädriges, das sich störend in den Weg stellt. Oder vor mir herfährt. Konkret ist es ein schwarzer, amerikanischer Pickup der unangenehm auffällt, der er bisweilen sehr verwegene Bremsmanöver hinlegt. Seine Bremslichter kann man nur schwer erkennen, da sie der Mode folgend, ebenfalls mit dunklen Gläsern verdeckt sind. Sowas mochte ich schon nicht, als Treser modern war.
Ein paar Autos vor mir entdecke ich einen NSU TT. Gerochen habe ich ihn schon lange. Ich rücke langsam auf, bis ich hinter ihm bin. Meine Güte ist der laut! Im Lautertal ist das wohl Programm. Wie wir nach Otterberg hineinkommen, schauen die Leute alle auf. Ich halte Abstand und hoffe, nicht im selben Topf zu landen. Von Gesa höre ich gar nichts. Als er am Kreisel abbiegt, bin ich richtig froh, denn es hat ordentlich in den Ohren gedröhnt.
Auf der schmalen Strasse nach Baalborn kommen mir mehrere Busse entgegen. Die Rush - Hour hat begonnen.
Vor der Kreuzung ist der Weg nach Mehlingen zwar als geradeaus geschildert, geradeaus ist aber nur die Böschung. Es geht nur rechts oder links. Ich rate "rechts" und liege richtig. Hinter der Fußgängerbrücke geht es bald links ab und ich kann meinem Weg weiter folgen. In Mehlingen sehe ich dann auch Motorradfahrer drei und vier. Bald schon eine Invasion.
Hinter Enkenbach - Alsenborn teilt sich die Strasse. Dem rechten Wege folgend gelange ich tiefer in den Wald hinein. Hier ist es teilweise noch naß auf der Strasse und so fahre ich besonders vorsichtig. Langsam windet sich die Strasse ins Tal und es geht links im Bogen unter einer großen Brücke hindurch. Dahinter ist ein Parkplatz. Ich halte an.

Die Brücke ist das Eistalviadukt, eine stillgelegte Eisenbahnbrücke. Unter ihr findet sich ein kleiner Bahnhof mit niedlichen kleinen Schienen und ebenso niedlichen Fahrzeugen. Es ist ein Bahnhof der Stumpfwaldbahn, lerne ich, einer Feldbahn, die als Touristenbahn den Eiswoogsee mit Ramsen verbindet. Leider bin ich zu früh im Jahr dort und zudem noch unter der Woche und so habe ich kein Glück, die Bahn fahren zu sehen. Das landet aber auf der To Do Liste.

Wie ich ein paar Schritte gegangen bin, höre ich Motorengeräusch und bald darauf biegen zwei Motorradfahrer auf den Parkplatz ein. Es ist Einer mit einer Harley Iron 883 und Einer mit einer BMW F800GS Trophy. Die Beiden bleiben in der Sonne stehen und ich schleiche mich an. Der BMW Fahrer will wissen, wie ich mit der Maschine zufrieden bin. Was für eine Frage... Der Harleymann grinst und meint zu seinem Kumpel: "Do sieehstes, Du host ä rischdisch Määdschemobbed!" Wir lachen alle und ich frage noch nach den Erfahrungen mit dem Heidenau K60.
Nachdem die beiden eine kleine Pause gemacht haben, setzen sie sich wieder in Bewegung und verschwinden mit viel Schwung und mit Staubwolke in Richtung Ramsen.
Ich schaue mich noch etwas um und suche mein Händi hervor. Ich habe doch diese Geocaching App, das wäre doch gelacht, wenn hier nichts wäre. Und siehe da: Natürlich gibt es Caches hier. Einer ist ganz in der Nähe und den hebe ich nun also zur Feier des Tages.

Nach getaner Arbeit tüddel ich mich auch wieder an und sehe zu, daß ich langsam nach Hause komme. Denn, die Sonne verschwindet hinter den Bergen und es wird kühl.
In Eisenberg biege ich zunächst auf die B47, aber verlasse sie recht bald wieder und fahre in Richtung Marnheim.

Den Donnersberg im Blick komme ich nach Marnheim und winde mich durch die Ortschaft, weiter in Richtung Kirchheimbolanden. Von dort ist es dann ein recht rascher Heimweg über Alzey und durch die Rheinhessischen Dörfer.
Was ein wunderbarer Tag! An so einem Montag Nachmittag war ich die meiste Zeit über ganz alleine auf der Strecke. Bis auf den seltsamen Kleinwagenfahrer an der Alsenz war alles o.k.. Fahrerisch empfand ich das Ganze als sehr rund und organisch, die Strecke war abwechslungsreich und die Ballungszentren habe ich so gut wie es ging gemieden. Eine durch und durch gelungene Tour!



12 Kommentare:

  1. Also, ich fahre ja auch 883. Da sind wohl beide Jungs auf rischdische Määdschemobbeds unterwegs gewesen ;-)

    Eine schöne kleine Tour hast Du da gemacht. Ich mag besonders das Bild mit dem Eisenbahn Viadukt.

    Diesen sonderbaren Dosen-Fahrern wirst Du leider zu jeder Saison begegnen. Wenn ich so eine irrationale Fahrweise im Rückspiegel beobachte, versuche ich bei nächster Gelegenheit rechts 'ran zu fahren und den Idioten (meist sind sie ja doch männlich...) vorbei zu winken.

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    1. *lach* Das habe ich mir auch gedacht, das Beide mit so was typischem unterwegs waren. Vermutlich hatte der BMW Typ den anderen vorher schon mal mit sowas aufgezogen.

      Ich bin ja wirklich viel mit dem Auto unterwegs, aber mit dem Motorrad erlebt man tatsächlich noch andere Auswüchse des Strassenverkehrs. Das wirklich blöde war ja, daß es keine Anzeichen vorher gab. Der fuhr scheinbar ganz normal, bis er anfing mich zu überholen. Vielleicht kennt er die Strecke ja und weiß wann jemand von vorne kommt.
      Tom wollte abends, als ich ihm davon erzählte, das Ganze auf die Gefährlichkeit des Motorradfahrens schieben. Aber, egal mit was man da unterwegs gewesen wäre, die Situation war ungut.

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  2. Mit meinem 250er Männermotorrad bin ich auch regelmäßig Opfer von gefährlichen Überholversuchen auf der Geraden. Ich versuche daher Bundesstraßen zu meiden, auf Land- und Kreisstraßen passiert das seltener, weil es dort meistens kurviger und enger ist. Und schöner ist es da auch.

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    1. Manche kriegen, wenn sie ein Motorrad sehen anscheinend wirklich Hörner und meinen es einmal so richtig zeigen zu müssen. Anders kann ich mir solche Auswüchse kaum erklären.
      Die Bundesstrassen nutze ich normalerweise auch nur als Zubringer um rasch aus dem Geknäule rauszukommen und dann auf dem Land meinen Spaß zu haben.

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  3. Hab ich kurz gezuckt als ich Lautertal las...Haha...weil bei mir um die Ecke auch ein Lautertal gibt...aber ist halt ne andere Lauter...

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    1. Andre Länder, andre Lautern... :)
      Da gibt es wohl noch mehrere von. Nur die, an der ich war, entspringt bei Kaiserslautern.
      Wie ist es denn in "Deinem" Lautertal?

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    2. Ich musste bei Lautertal auch kurz zucken ... Allerdings stellte sich recht schnell raus, dass ich es mit Lauterbach im Vogelsberg verwechselt habe, wo ich als Kind öfters war :-)

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    3. Stimmt! Da gibt es ja auch noch was mit "Lauter"! In der Hutfabrik in Lauterbach bin ich mal vor x - Jahren gewesen...

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  4. Eine richtig schöne Tour, die du da mal eben gefahren bist. Schmunzeln musste ich aber auch bei den beiden Jungs auf Mädchen-Moppeds :-)

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    1. Ja, es scheint da bei bestimmten Motorrädern einen "spitze Finger Faktor" bei motorradelnden Männern zu geben.
      Es müssen einfach mehr Frauen an den Lenker, damit sowas sich mal legt...
      :)

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  5. Hier eine Tour durch "mein" Lautertal. Nicht von mir aufgenommen, aber von der Mitfahrerin, die bei meiner Eröffnungstour dieses Jahr dabei war...
    https://www.youtube.com/watch?v=iU8J19XUUCk
    Auch immer ein Muss:
    http://www.biker-treff.de/treff/Bootshaus+an+der+Lauter.html

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  6. Ah, verstehe! Das ist einer dieser Strassen, wo sich der Winkarm am Lenkerende bewähren würde...
    Es sieht aber reichlich hübsch aus in "Deinem" Lautertal! "Meines" ist lange nicht so lieblich.

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