Donnerstag, 16. April 2015

Abentheuer mit Griesgram

Am frühen Nachmittag grabble ich das Händi hervor und tippe ein paar Sätze in eine Kurznachrichtenapp. Nach nur wenigen Minuten steht fest: ABFAAAHRT!
Ich suche mir den kürzesten Weg auf die B 41 und gebe Gas. Die neuen Reifen singen unter mir, Gesa läuft unbeeindruckt geradeaus. An Bad Kreuznach vorbei geht es weiter in Richtung Hunsrück. An Bad Sobernheim und Kirn vorbei erreiche ich Idar Oberstein praktisch pünktlich. Wir haben uns am Bahnhof verabredet, den kenne ich, da weiß ich wo der ist. Idar Oberstein hat es vor ein paar Jahrzehnten zum Höhepunkt des Betonrausches geschafft, den Fluß Nahe, der durch Oberstein sich schlängelt, mit einer vierspurigen Strasse zu überbauen. Das Stadtbild hat ein bisserl gelitten unter der Maßnahme, ich aber schöpfe den Vorteil für mich voll aus und gleite ungehemmt bis zur Abfahrt zum Bahnhof.
Dort wartet schon Griesgram999 mit seiner #Hippe auf mich und Gesa.
Griesie ist noch nicht lange da und schaut sich auch noch um, wo er da gelandet ist. Nach einer kurzen Begrüßung ("Ein Klapphelm, wie süß!") stellen wir fest, daß wir anscheinend in einer Parkhausausfahrt stehen und suchen uns in Idar ein Café, in dem man draußen sitzen kann und klönen. Wir kennen uns beide nicht so recht aus, aber finden anscheinend zielstrebig das einzige Café, das es dort gibt, in der romanitschen Umgebung eines sechziger/siebziger Jahre Hochhauses. Hinter dem Kreisel davor lauert die Kieberei, aber von uns wollen sie nichts und so schlängeln wir uns hinter ihnen durch auf einen Parkplatz.
Eine gute Stunde sitzen wir bei Kaffee und Kuchen (ich) und klönen und lachen. Dann hält es uns aber nicht mehr am Sitz: "lass uns doch ne Runde fahren!". Und bald schon meandern wir uns aus Idar heraus ins freie Umland. Es gibt viele herrliche kleine Strassen hier und wir schwingen fröhlich durchs Grüne. Irgendwann überholt Griesie mich und bedeutet mir anzuhalten. Was ist los? "Da hinten war ein schnurgerader Schotterweg! Und da stand nichts von wegen Verboten! Hast Lust?" - Na, klar! Also reißen wir die Maschinen rum und sprinten das kurze Stück zurück. Griesie fährt voran. "Bist Du schon mal Schotter gefahren?" - Nö... "OK, ist wie Strasse, nur beim Bremsen und in der Kurve musst etwas vorsichtig sein!" Kein Ding! Machen wir!
 Schotterweg? Lust? Klar!
Also los! Mit kleiner Staubfahne wehen wir den Weg empor und biegen tiefer in den Wald hinein. Die neuen Reifen bekommen gleich ihre erste Probe in dem für sie vorgesehenen Terrain. An einer Wegkreuzung stoppen wir. "Bist Du schon im Stehen gefahren?" Na, ja, ein bisschen versucht... ööh. Er erklärt mir kurz die wesentlichen Dinge und schon geht es weiter, immer weiter, in den Tann. Teils im Stehen, teils im Sitzen fahren wir herrliche trockene Wege und genießen die schöne Sonne und die herrliche Luft. Wieder bleiben wir an einer Kreuzung stehen. Er zeigt auf einen Weg, der rechts abgeht und ziemlich grün aussieht. Es wird bergan gehen. "Und, wie sieht es damit aus?" Na, ja, ich weiß nicht. Aber lass es uns probieren. "Gut, fahr vor!" Mach ich. Und so geht es im Stehen über den grasigen Weg bergauf bis zu einem Plateau. Dort erblicke ich einen Menschen und stoppe. Der Wanderer scheint sich gar nicht um uns zu kümmern und verschwindet im Grün. Wir fahren noch ein paar Meter, bis eine Bank erscheint und stellen die Motorräder ab.
Ein paar Schritte weiter ist ein Aussichtspunkt, wir setzen uns auf die Bank und üben Manöverkritik.
"Fahr nur da hin, wo Du auch wieder zurück kommst!" mahnt er mich. Das sehe ich genau so, denn auch ich möchte abends gerne wieder heil nach Hause kommen.
Die Maschinen warten, als wir wiederkommen, noch brav auf uns und wir machen uns daran, sie umzudrehen. Seine #Hippe ist auf dem Ständer leicht zu wenden, aber mit meiner Gesa tun wir uns etwas schwer.
Auf dem Rückweg fährt er den Grasweg vor. Ich also hinterher. Im Stehen geht es den Hügel hinunter, ich habe mich etwas nach hinten gelehnt um das Vorderrad nicht zu sehr zu belasten und so komme ich gut unten an der Kreuzung an. Der Atem geht schwer, ich schwitze. Das kleine Stück hat es in sich gehabt. Adrinalin. Hammer!
Als wir nach einer Biegung Waldarbeiter erblicken, mit Traktor und Auto, sehen wir zu, daß wir wieder auf "normale" Strassen kommen. Nach ein paar Kilometern ist Hermeskeil erreicht und wir legen noch mal eine Pause ein.
Ein Milchshake später, als es langsam dunkel wird, beschließen wir nach Hause aufzubrechen.

Größenvergleich. 800ccm links, 250ccm rechts

Heey! Was ein klasse Tag! Was habe ich heute schon wieder alles gelernt! Ein Geländemotorrad ist nicht nur für die Strasse da und Stollenreifen machen nicht nur einen schlanken Fuß! Und: die Leute auf der anderen Seite der Tastatur sind echt! Dankeschön dafür!
to be continued

14 Kommentare:

  1. Sehr, sehr cool. Wie schön, dass du so einen Bike-'Kollegen' hast :-)

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    1. Ja, das ist echt schön! Wir kannten uns vorher ja noch gar nicht in Echt, wir hatten lediglich gegenseitig bei uns gelesen. Umso schöner, wenn so etwas dann so schön spontan klappt.

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  2. Respekt. ..mit 800 ccm und gefühlten 5 Zentnern durch den Wald. ..

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    1. Danke sehr! Sowohl für den Respekt, als auch für die 5 Zentner.

      Mit sechsen - ich inklusive - kommen wir der Wahrheit näher...
      Sagen wir 5 einhalb.
      :)

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  3. Klasse! Länder - Menschen - Abenteuer! Schön, wenn mein einen Fachmann dabei hat, der einem sagen kann, wie's richtig geht. Mit meiner Sporty gehe ich ja eher nicht schottern. Nur die Vespa fuhr ich mal auf ungewollten Abwegen in der Pampa...

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    1. Mit der Sporty durchs Gelände, das wäre sicher keine gute Idee...
      Ich finde es toll, auf die Weise eine Erweiterung der fahrbaren Welt erlebt zu haben. Das ist freilich der absolute Anfang gewesen, und es geht da noch viel mehr. Mal sehen, was noch kommt...

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  4. Ha, wie schön geschrieben. War ein toller Nachmittag. Nächstes Mal suchen wir dann eine Wasserdurchfahrt.

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    1. Dankeschön! Ich fand es auch echt toll! Auf das nächste Mal bin ich schon gespannt!

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  5. In der Nähe habe ich ja auch mal eine Weile gelebt, da ist mir doch glatt das Abentheuer entgangen. Aber damals hatte ich auch keine Enduro, vielleicht könnte ich das mal jetzt nachholen, wenn mir die Anfahrt mit dem Stoppelhopser nicht zu weit wäre. ;-)

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    1. Oh ja, die Anfahrt wäre reichlich lang... Aber im Umkreise der Hauptstadt sollte sich doch auch der ein oder andere nette Weg finden lassen. Die Berge sind halt da nicht so hoch, oder?

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  6. Drumrum gibts sicher einiges und wenn das nicht reicht gehts rüber nach Polen, da ist alles Offroad was nicht Hauptstraße heißt.

    Berge gibts hier nicht wirklich, das ist richtig, wobei durch das Urstromtal um Berlin herum schon einiges an Steigungen und Kurven vorhanden ist. Für richtige Berge fahr ich dann doch eher in die Alpen oder demnächst mal nach Norwegen, aber das eben mit dem Tourer.

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    1. Das glaube ich gerne, daß es rund um Berlin nicht wirkliche Berge gibt. Das habe ich als recht flache Gegend in Erinnerung. Polen muss wirklich interessant sein. Ein Bekannter hat mir da schon viel erzählt. Und natürlich Svenjas aktueller Reisebericht...

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  7. Ich war neulich in der Stadt Frankfurt zwischen Hötensleben und Oschersleben *lach*. Leider ist dort "Feuer frei"-Schnellrennstrecke, aber beim nächsten Mal halte ich an einer Hofeinfahrt, renne zurück und mache ein Foto!
    Übrigens - das mit dem nach-hinten-lehnen und vorne entlasten macht man auch beim Reiten so, im Gelände, wenn der Gefährte den Abhang runter rutscht ...
    Also fast wie mit Gesa. Nur eben mit 4 Aufsatzpunkten anstatt zweien ... mhm, wir "reiten" ins Gelände hat ab sofort für mich ein völlig neues Bild vor dem geistigen Auge ;-).

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    1. Jetzt wo Du es sagst! Ich meine beim Military - Reiten früher das auch schon mal gesehen zu haben, daß die Reiter sich nach Hinten beugten.
      Ich hatte mit Pferden zwar schon zu tun, aber geritten bin ich erst auf dem Motorrad...
      Gerade bei den grünen Ortsschildern gibt es immer wieder Perlen. Im Wendland war ich mal in Kamerun. :)

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