Dienstag, 5. Mai 2015

Keilriemenfahrt

+++26.04.2015+++

Als ich durch Oppenheim komme, ist die Strasse naß. Feuerwehrübung? Nein, die müssten viel geübt haben. Das Wasser auf der Strasse muss aus den Wolken über mir stammen. Keine Frage.

Ein paar Kilometer weiter sieht es schon wieder sehr viel besser aus. Es ist nun nur noch ein etwas lebhafter Wind, der ein wenig stört. Ich sause auf der B9 in Richtung Süden und komme Osthofen immer näher. Um 14:00 wollen die weiterfahren! Die Uhr steht auf kurz vor zwei. Das wird knapp. Ich hatte noch gemütlich mit Tom gefrühstückt und dabei die Zeit etwas vernachlässigt.
Ich komme nach Osthofen hinein. Im Netz habe ich schon geschaut gehabt, wo der Borntaler Hof liegt. Ich muss durch die ganze Ortschaft durch und dann links. In der Ferne kann ich jemanden mit einer gelben Weste sehen. Das müssen sie sein. Ich werde in die Strasse rechts eingewunken und parke Gesa unten an der Kreuzung. Da rangieren gerade zwei Harleyfahrer. Die wollen auch das sehen, was ich sehen möchte.
Ich habe noch nicht viel verpasst. Einige Starter sind schon auf der Strecke, aber ich bin ziemlich rechtzeitig noch da.
Auf der Strasse hinter mir höre ich ein schnaufendes, tuckerndes Geräusch. Da kommt einer! Ich bin hin und hergerissen! Sagenhaft!

Ich bin bei der Keilriemenfahrt 2015! Das ist eine Ausfahrt für Motorräder bis zum Baujahr 1914! Also für über hundertjährige! Die zweite Etappe ist eben gestartet und ich bin absolut erstaunt, wie viele es davon noch in vollkommen betriebstüchtigem Zustand gibt.
Das interessiert mich natürlich ganz besonders, denn ich bin nicht die erste in meiner Familie, die ein Motorrad besitzt. Mein Urgroßvater hat 1908 bereits eines, Marke "Magnet", angeschafft und ist damit etwas über ein Jahr unterwegs gewesen, bis es wohl vollkommen verschlissen war.
Wie an einer Perlenschnur

Sehr auffallend: Viele fröhliche Gesichter!
Mit einem der Einweiser unterhalte ich mich ein wenig. Er gibt mir einen Tip zum Streckenverlauf. Zusammen mit den beiden Harleyfahrern mache ich mich auf, zu einem Kreisel kurz hinter dem Ortsausgang von Osthofen. Dort werden die Starter den Berg von Bechtheim hinunterkommen und zurück zum Ausgangspunkt abbiegen.
Wir stehen in der mittlerweile schön scheinenden Sonne und warten auf das Feld. Das lässt auch nicht lange auf sich warten, denn schließlich sollen um 16:30 alle wieder zurück sein.
Der älteste teilnehmende Fahrer
Wohl mit die fröhlichsten teilnehmenden Fahrer
Der wohl eleganteste teilnehmende Fahrer. Er verabschiedete sich später von mir mit Kußhand. Gesa schaut interessiert zu
Als sie alle an mir vorbei sind, mache ich mich auch auf den Weg zum Borntaler Hof um mir die Maschinen mal aus der Nähe anzusehen. Als ich ankomme, ist die Preisverleihung schon im vollen Gange.
So habe ich Gelegenheit mich ungestört umzuschauen. Ich sehe viel Chrom, Messing und schönen Lack, aber auch vollkommen unrestaurierte Exemplare, die den Charme der Jahre tragen, die sie schon unterwegs sind.
Ein Stück Pappe unter dem Motor ist fast obligatorisch.
Triumph und Wanderer haben sich offenbar als besonders langlebig gezeigt. Denn von diesen Marken sind mehrere Motorräder vertreten. Das Miele Motorrad oben ist freilich schon ein wenig jünger als 1914. Sie gehört zu der Sonderwertung der Fahrzeuge bis Baujahr 1924.
Der Antrieb: Aus Leder
Es wird deutlich, warum die Veranstaltung "Keilriemenfahrt" heißt...
Am Cockpit auch hier nur wenig Überraschendes
Insgesamt sind aber zum Fahren einige Hebel mehr als heute von Nöten.
Ob der versprochene Inhalt auch tatsächlich mitgeführt wurde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Ein Motorrad, wie mein Urgroßvater es gefahren hatte, konnte ich leider keines entdecken, aber ich habe jetzt viel mehr einen Eindruck, wie das damals ausgesehen haben mag, als mein Urgroßvater angerissen hat. Als man mit kaum einer Hand voll PS auf holprigen Wegen sich bereits nah am Geschwindigkeitsrausch wähnte.



13 Kommentare:

  1. Unglaublich, dass es solche Schätzchen noch gibt :-)

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    1. Ja, das ist echt klasse! Schade, daß es noch keinen Blog mit Ton und Geruch gibt. Das war echt in jeder Hinsicht ein Genuß!

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    2. Ton und Geruch? Oh, dann hätte ich gestern das nachbarliche Grillen gebloggt. Kann nicht mal jemand diesen Leuten sagen, dass man das Fleisch OHNE Verpackung auf den Grill legt?

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    3. Ach ja, es waren die Nachbarn vom Südhof ... *mal über den nördlichen Zaun wink* ... :-DDD

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    4. Oh doch! Das sollte man den Leuten unbedingt sagen! Die werden sich wundern wieviel besser auf einmal ihr gegrilltes schmeckt, wenn man es denn vorher auspackt. Das Auspacken ist nicht nur Folklore, sondern erfüllt einen wahren Zweck.
      Das sei an dieser Stelle all den Grillfreudigen zugerufen!

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  2. Das habe ich auch eben so gedacht. Und noch viel schöner finde ich es, das sie alle noch gefahren werden. Toll. Das wird bei unseren Möps in 100 Jahren wohl nicht mehr der Fall sein.

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    1. Daß die alle noch gefahren werden und so gut in Schuß sind, das hat mich auch gewundert. Ich wüßte zu gerne, wie die die Zeitenstürme überlebt haben. Beim Motorrad von meinem Urgroßvater waren bald die Ventile nicht mehr brauchbar, wegen des Strassenstaubes. Das war das Ende von dem Fahrzeug.
      Von unseren Motorrädern wird man mit etwas Glück in hundert Jahren noch erzählen können. Laufen werden die wegen der ganzen Elektronik sicher nicht mehr. Die dann zweihundertjährigen vermutlich hingegen schon...

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  3. Tolle Teile....
    Meine alte Dame macht nächstes Jahr ihre 25 Lenze voll...

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    1. Fünfundzwanzig sind immerhin schon ein Vierteljahrhundert! Solch ein Alter ist ja heute im Betrieb schon nicht mehr soo häufig zu erleben.

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  4. Habe ich da auf den Bildern eine Ner-a-car entdeckt? Die ist zwar aus den 20ern aber wohl mit das coolste, das jemals auf 2 Rädern gebaut wurde. So eine Art-Ururur-Vultus

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    1. Ja, genau! Ein Ner - a - car! Ein wirklich heißes Teil! Die Federung, die weißen Reifen und und und! Die müsste man eigentlich mal neben die Urururenkelin stellen.

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  5. Die Nickerbocker - die Hosen - NEIIIIIIIIN wie herzig mit den passenden Strümpfen und der Mütze - hach, um das Erlebnis beneide ich dich total ... diese Vorreiter der heutigen "Gebückten" ... kein Wunder, dass man dort so viele lachende Gesichter sah. Das da sind echte Schätze ... Fahrer wie Maschinen, so scheint es!

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    1. Das war wirklich totaal nett und völlig entspannt alles! Wenn die moderne Möblierung an den Strassen nicht gewesen wäre, ich hätte an einen Zeitsprung geglaubt. Ich habe gesehen, am Sonnabend hätte es auch etwas für Fahrräder bis 1958 gegeben. Das werde ich mir im nächsten Jahr auch ansehen! Und mal recherchieren, wie alt mein Express - Rad ist...

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