Sonntag, 24. Mai 2015

We all live in a yellow submarine...

+++03.05.2015+++

Ich schiebe vorsichtig den Vorhang zur Seite. Die Wetterapp hat mir nichts Gutes angezeigt. Schaut aber irgendwie unverdächtig aus. Pfützen auf dem Dach unter mir, aber keine Tropfen. Wir werden sehen.

Nicht lange danach stehe ich auch schon unten auf dem Hof, mit fertig gepackter Tasche und Tankrucksack und belade Gesa. Es ist kurz vor halb neun an diesem Sonntagmorgen und ich möchte noch Frühstück bekommen. Das könnte ich zwar auch im Hotel haben, aber mit den anderen Mädels ist es doch viel netter.
Gesas Schlafplatz war olfaktorisch betrachtet nicht so richtig toll gewesen und ich sehe ihr an, daß sie auch nicht wirklich happy mit meiner Wahl war. Aber die Parkboxen waren belegt und sonst gab es keinen überdachten Platz für sie.

Die Gesellschaft der Mülltonnen kostete allerdings auch fünf Euro die Nacht. Ein exklusiver Aufenthalt also.
Als Gesa und ich aus der Hofeinfahrt auf die Strasse rollen, bemerke ich leichten Sprühregen auf meinem Visier. Fabelhaft. Bis ich dann bei der Jugendherberge bin, ist alles bereits einmal nass. Hoffentlich ist das bis ich dort aufbreche wieder einigermaßen trocken.
Beim Frühstück werde ich aber wieder mit fröhlichen Gesichtern entlohnt, die Teilnehmerin aus der Schweiz hatte man eben, als ich ankam, noch fröhlich winkend vom Fenster aus verabschiedet. Alle sind guter Dinge und immer noch happy über das schöne Wochenende. Der Regen draußen juckt uns erst mal nicht mehr.
Wir gehen nach dem Frühstück noch mal hoch und helfen Frauke und den anderen vom Stammtisch, die Sachen zusammenzuräumen und runterzutragen. Danach setzt sich dann so langsam alles in Bewegung heimwärts. Die drei Saarländerinnen machen sich vor mir auf den Weg und irgendwann ist es auch für mich Zeit aufzubrechen.
Ich muss noch tanken und überlege, wo der Sprit billiger sein mag, in Baden - Württemberg, oder in Rheinland Pfalz. Ich entscheide mich für eine Aral Tankstelle, noch in Karlsruhe, an der ich zufällig vorbeikomme. Als ich fertig bin und nun doch die Regenkombi anziehe, während wir in der Jugendherberge waren, war es trocken gewesen, kommen drei Motorräder an die Ampel vor der Tanke. Es sind die drei Saarländerinnen und ich springe in meiner gelben Montur auf und ab und mache auf mich aufmerksam. Sie erkennen mich und winken fröhlich zurück. Dann müssen sie weiter. Ich schwinge mich auf Gesa und wir steuern erst einmal wieder in Richtung Wörth. Dort suche ich mir einen Weg in Richtung Jockgrim und glaube auch schon den idealen Weg gefunden zu haben, aber der ist für Traktoren benutzbar und für Mofas, aber nicht für mich. Ich drehe also um und füge mich in mein Schicksal und fahre auf der Bundesstrasse nach Kandel. Dort finde ich auch den Weg nach Jockgrim wieder und schon kurze Zeit später halte ich an um ein Foto nachzuholen, das ich am Freitag nicht hatte machen können, weil da ein weißer Golf an meinem Rücklicht klebte. Ich hatte den ersten Ginster gesehen. Der blühte sonst immer erst zum Geburtstag meiner Tante, Anfang Juni.

Im Moment ist es zwar trocken, aber das hält nicht lange an. Es wechseln sich immer wieder Regen mit starken Regen, Sprühregen und keinem Regen ab. Also eine Art Leistungsschau. So kurve ich durch die Pfalz. Die Hügel des Pfälzer Waldes immer zur Linken. Die Ortschaften sind klein und verwinkelt und haben oft noch einen hübschen Fachwerkcharakter. Zum Anhalten fehlt mir aber die Muße. Es ist zwar nicht sonderlich kühl, aber durch die Regenkombi und die ganze Nässe ist es ungemütlich.

So komme ich irgendwann nach Speyer rein. Ich schleiche hinter ein paar Sonntagsfahrern durch die Stadt, an der schönen neugotischen protestantischen Gedächtniskirche vorbei, bald im Schrittempo hinunter in Richtung Rhein.
Hartnäckig halten sich diese Typen vor mir, haben aber letztlich doch nicht das selbe Ziel wie ich. Einer biegt auf die B 9 ab, einer will noch weiter an den Rhein. Ich biege aber ab auf den Parkplatz des "Technik Museum Speyer". Hier will ich schon lange mal hin. Ich ziehe eine Parkkarte und suche nach einem Platz in der Nähe des Einganges. Das ist nicht leicht, da ein Oldtimertreffen auf dem Parkplatz stattfindet und ich so nicht bis zum Eingang komme. Ich drifte immer weiter weg und sehe ein, daß es so keinen Sinn hat. Ich schiebe Gesa gegen die Einbahn zum Weg, der auf den Eingang zuführt. Dort stelle ich sie erst mal ab und pelle mich aus der Regenhaut. Als ich vor dem Eingang ankomme steht dort eine Thruxton auf dem Fahrradparkplatz und ein Roller. Ich gehe also noch mal zurück und fahre mit Gesa ebenfalls dorthin, wo das andere Motorrad schon steht. Da stelle ich sie daneben. Wenn einer meckern will, kann er das ja gerne tun. Aber es ist anscheinend keiner da.
Nachdem ich die finanziellen Dinge erledigt habe, und Helm, Jacke und Tankrucksack eingeschlossen habe, stehe ich in der großen Halle. Lokomotiven, Feuerwehrautos, Fahrräder, Lastwagen, eine Orgel, Autos und landwirtschaftliches Gerät stehen vor mir. Von der Decke hängen Flugzeuge herab. Es ist wie früher im Spielzeugladen. Nur in ganz groß jetzt.
Ich lasse mich durch die Reihen treiben, stehe auf dem Führerstand einer Dampflokomotive, besehe mir eine Schuhmacherwerkstatt und die Geräte eines Reprophotographen und stehe zwischen den schönsten Autos.
Absolute Zeitikone: Borgward Isabella
Über den Hof gelange ich in ein anderes Gebäude, in dem unter anderem die Raumfahrtgeschichte dargestellt wird.

In der Mitte der Halle steht ein russischer Raumgleiter, der dem Spaceshuttle nicht unähnlich ist und dann gelingt mir etwas wirklich sagenhaftes. Als erste Moto - Minya überhaupt lande ich auf dem Mond:
Auf dem Mond! Ich halte mir die Nase zu, um die Luft anzuhalten während des Aufenthaltes. Stören Sie sich bitte nicht an den Stahlkonstruktionsteilen im Hintergrund, das hat ja schließlich bei der ersten Mondlandung auch geklappt!
Den Zonko mit dem Road - King und das Mondkalb habe ich leider nicht getroffen. Dafür läuft mir aber bald danach eine ganze Mammut - Herde über den Weg.
Als man den Stoff, der unseren Spaß befeuert, noch in Mark und Pfennig bezahlte...
Es gibt dort eine große Münch Mammut Ausstellung! Von diesen Wundermotorrädern mit dem Prinz - Motor hatte ich schon viel gehört, aber wirklich gesehen hatte ich noch keines davon. Hier stehen sie nun Reihenweise. Friedel Münch zu Ehren hat man hier die ganze Geschichte dieser einzigartigen Maschinen nacherzählt.
Nicht ganz so PS stark geht es im oberen Stockwerk bei der Fahrradausstellung zu. Hier sind Fahrräder von den Anfangszeiten an, bis in die fünfziger Jahre etwa ausgestellt.
Kaum noch aufnahmefähig verlasse ich die Halle und steuere auf eine maritime Besonderheit zu.
Die "John T. Essberger"! Es ist eines von drei Schiffen der 44 Meter Klasse der DGzRS. Das waren einst die ganz großen Seenotkreuzer, sie waren sogar mit Hubschrauberlandeplattform ausgestattet. Mich hat die Geschichte der Seenotretter schon seit Kindheit an fasziniert, in den siebzigern habe ich die Fernsehserie "Aus dem Logbuch der Peter Petersen" mit heißen Wangen geschaut und mitgefiebert. Entsprechend andachtsvoll steige ich die Treppe hinauf und betrete das Schiff.
Ich steige hinauf, bis zum Steuerstand des Vormannes. Dieser ist mit einer Plexiglasscheibe gegen Souvenierjäger abgeschirmt, aber man hat trotzdem einen atemberaubenden Blick.
Jumbo voraus! Ich versuche andere Besucher vom Ernst der Lage zu überzeugen, treffe aber auf taube Ohren...
Auf einem Niedergang im Schiff büße ich eine Stahlkappe meiner Stiefel ein, ich kann sie aber mit allen Schrauben zusammen gleich in die Hosentasche stopfen.
Das Schiff ist so, wie es zuletzt im Einsatz gewesen ist, in Speyer ausgestellt. Das heißt, unten steht auch noch die Miele Waschmaschine und es hängen auch die Bilder an der Wand, die die Mannschaft dort aufgehängt hat. Das alles ist durch Plexiglasscheiben von den Besuchern abgetrennt und man kann sich nur durch den schmalen Gang schieben. Diese ist natürlich eine Sackgasse, so daß einem die, die vorne waren auch wieder entgegenfluten.
Da es nach Regen aussieht, die ganze Zeit über war es trocken, sehe ich zu, zu Gesa zurückzukommen. Gerade, als ich das Gebäude verlasse, fallen die ersten Tropfen. Also wieder rein in die Regenkombi. Bis ich losfahre hat sich ein zünftiger Landregen etabliert und ich steuere durch die tropfendnasse Stadt.
Es geht wieder durch kleine Dörfer mit engen Kurven und in einer dieser Kurven treffe ich einen dieser neuen Ganzmetallgullideckel. Auf dem nassen Metall rutsche ich ganz gehörig mit beiden Rädern, aber ich bleibe glücklicherweise oben und kann einfach weiterfahren. Der Schreck sitzt mir aber gehörig in den Gliedern.
Noch etwas vorsichtiger fahrend drifte ich immer weiter auf Bad Dürkheim zu. Da will ich aber eigentlich nicht hin und so kann ich dann in der Nähe von Ellerstadt an einem Kreisel abbiegen in Richtung Weisenheim am Sand.

Diese Strecke bin ich schon mal gefahren, Ende Februar, aber jetzt ist es zwar nicht kalt, allerdings dafür nass. Auch nicht besser. Über Dirmstein und Offstein gelange ich nach Monsheim und fahre weiter über bekannte Strecken über Flörsheim Dalsheim nach Westhofen.

Der Regen ist kein bisschen weniger geworden und so sehe ich nun einfach nur noch zu, nach Hause zu kommen. Ungerührt spule ich die Kilometer ab, bis ich nach etwa einer halben Stunde dann zu Hause in der Garage stehe. Alles trieft und Gesa sieht aus!

Das ist ja schlimmer, als den ganzen Winter über! Die Strassen in der Pfalz sind von landwirtschaftlichen Fahrzeugen so verdreckt gewesen, mir knirscht der Sand überall. Die Ortliebrolle ist sandig, meine Sitzbank schaut aus, als hätte ich ein Wildschwein als Anhalter mitgenommen und als ich mich beim Absteigen kurz gegen das Auto in der Garage lehne, hinterlasse ich einen braunen Fleck auf der Tür. Missmutig stapfe ich nach Hause. Noch bevor ich die Wohnung betreten kann, ziehe ich hinter der Haustür im Flur die Regenkombi und die Schuhe aus. Ich verfrachte erst mal alles in die Dusche, die Gepäckrolle wird abgewischt und der Tankrucksack auch. Die Regenkombi dagegen wird geduscht. Der Rücken ist grimmeliggrau verdreckt, überall Sand. Selbst am Nackenfutter des Helmes ist Matsch.
Die Schuhe werden erst mal zum Trocknen aufgestellt, um die kümmere ich mich später.
Jetzt erst mal Kaffee...

Was für ein megatolles Wochenende! Ich habe ganz viele tolle Frauen kennengelernt, wir sind in einer wirklich wunderbaren Gegend gewesen und wir haben Glück mit dem Wetter gehabt und viel gelacht. Andere Verkehrsteilnehmer haben sich im großen und ganzen als nett gezeigt, lediglich einer, der es nicht verwinden konnte, von einer ganzen Gruppe überholt zu werden, hat danach dann an meinem Rücklicht geklebt, daß es richtig unangenehm war.
Die An- und Abreise waren schöne Ausflüge, nur das mit dem Regen hätte so jetzt nicht gemusst. Aber schön, wenn es weiter nichts ist. Was gestört hat war, daß die Regenkombi auf dem Rückweg wieder von irgendwoher Wasser gezogen hat. Vermutlich ist es das Bein hochgeklettert.
Ansonsten war ich in jeder Hinsicht zufrieden gewesen und würde es jederzeit wieder tun!


12 Kommentare:

  1. KEWL :-)

    Großartig, ganz großartig und das Museum in Speyer steht ab sofort auf meiner Liste. Nancy ist auch immer so eingeschweint. Ich hatte den Sand sogar schon zwischen Gepäckbrücke und Rolle.

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    1. PS: Ganz vergessen, hübsch siehst du aus ... *like* ...

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    2. Das ist so ein Museum, in das ich schon immer mal richtig hineinwollte. Bislang war ich nur zum Arbeiten dort, und da sieht man bekanntlich ja nicht wirklich etwas. Es lohnt sich absolut! In der Nähe gibt es ja noch eine Filiale, in Sinsheim. Da war ich als Teenie mal gewesen, das ist also jetzt - so - öhm - Jahre her... Da steht auch mal ein Besuch an.
      Ja, dieser Sand. Unglaublich, wo der sich überall hinverteilt. Zwischen Rolle und Sitzbank war er auch gewesen. Und unter mir auf dem Sitz. Da hilft nur erneutes Waschen. Und für einen selbst: Duschen. :)

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    3. Zum PS mein PS: Dankeschön! Und das, obwohl ich helmzerdrückt und von der Feuchtungkeit etwas lädiert war.
      :)

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  2. Funny sagte es ja schon: gut schaust Du auch. Bitte schau doch mal öfters in die Kamera ;-)
    Speyer ist nun auf bei mir notiert und da es sich um ein Technikmuseum handelt, werde ich sicher auch den Gatten motivieren können.

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    1. Dankesehr! An meiner Kamerapräsenz muss ich noch arbeiten. Oft schlage ich beide Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich das Ergebnis auf dem Monitor sehe...
      Den Gatten dort hin zu treiben, sollte kein Problem sein, denke ich mal, es ist wirklich so viel zu sehen. Und es ist für jeden etwas dabei. Egal ob man nun zwei, oder vier Räder mag, oder noch viel mehr Räder mit Schienen drunter, oder Flügeln dran. Oder gar keine Räder und dafür schwimmfähig. Ein sagenhaftes Museum!

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  3. Regenkombis sind nie richtig dicht, weil die ab Werk immer ein paar Löcher rein machn, am Kragen, an den Armen und an den Beinen und meistens soch eins vorne zum einsteigen.
    Aber umso besser schmeckt hinterher der Tee, die heiße Schokolade oder der ich-trinke-keinen-Kaffee-aber-Latte-Macchiato.

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    1. Meine Furcht galt vor allem dem Gedanken, was ist, wenn es im Urlaub zwei Wochen am Stück regnet? Ich sah mich schon mit Grünspan an den Beinen. Von den von Dir beschriebenen Löchern kristallisieren sich die für die Beine wohl als die kritischsten heraus. Da kriecht gerne mal was innen hoch.

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  4. Aber bissel einsauen ist doch cool.....sauber kann doch jeder und schließlich sind wir keine Schönwetterbiker ;-)

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    1. Oh, gewiss! Man hat dann ja auch etwas schönes zum schreiben. "Und dann fuhr ich bei Sonnenschein nach Hause..." ist nicht annähernd so spektakulär wie "Dem Ertrinkungs- und Erfrierungstod näher als dem Leben, drehte ich mit letzter Kraft den Wohnungstürschlüssel um..."

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  5. Was für ein tolles Museum – sogar mit eigener Mondlandung!
    Und was macht da schon das bisschen Nässe – das Gröbste hat die Regenkombi doch abgehalten :-)

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    1. Ja, das war fabelhaft! Mit allem, nur nicht mit dem Mond hatte ich dort gerechnet!
      Vor allem hat die Regenkombi den ganzen Dreck wirkungsvoll abgehalten. Den auf den gesamten Klamotten, das wäre einiges ärger gewesen!

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