Mittwoch, 12. August 2015

Zeitenreise 2015 - Tag 3 Der Bitterfelder Weg

+++27.05.2015+++


Das Wasser gluckst neben mir im Schilf ans Ufer. Ich kann die Blätter über mir rauschen hören. Der sture Wind hat also über Nacht nicht nachgelassen. Es ist sieben Uhr morgens und es ist ein wenig kühl. Ich schäle mich aus dem Schlafsack und mache mich fertig fürs Bad. Meine Waschsachen landen im Rucksack, meine Kamera, das Händi, die leere Wasserflasche und frische Unterwäsche. Ich ziehe den Reißverschluss vom Zelt auf und - ploff - werfe die Ballerinas in die Apsis. Den Rucksack vorgezogen und jetzt den Reißverschluss nach außen auf. - Guten Morgen Welt!
gibt es morgens einen schöneren Ausblick?
Außerhalb des Zelts ist es noch ein gutes Stück kühler, als ich mit meiner Thermolegging, meinem Nachthemd und der Jeansjacke bekleidet, zum Waschraum rüberschlurfe. Ich öffne die Tür - hier war heute noch niemand. Leise dudelt das Radio aus dem Deckenlautsprecher, es ist alles dunkel. Im Waschraum ist noch alles trocken. Ich bin also die Erste heute morgen. Ich mag dieses Gefühl, daß alles noch im Schlafgewand ist und ich die Erste bin, die es heute sieht. Das Licht geht automatisch an, mit Bewegungsmelder, nur eine Reihe Waschbecken will nicht erleuchtet werden. Dort bleibt die Lampe, wie gestern abend auch, dunkel. Ich breite mich aus und verteile meine Stromfresser an die Steckdosen. Danach restauriere ich mich und sehe zu, unter die Dusche zu kommen. Die Duschen sind piecksauber und ansonsten ähnlich denen von gestern.
Als ich mich schon abtrockne, kommt eine andere Frau dazu und besiedelt die Zelle neben mir. Ich erledige noch die Malerarbeiten, bändige die Haare und stelle fest, daß ich das Brillenetui im Zelt habe liegen lassen. Langsam füllt sich der Waschraum, ich bin aber nun schon fertig und gehe flotten Schrittes zum Zelt zurück.
Nachdem ich mich in die Motorradklamotten gezwängt habe, sehe ich zu, daß mein Gepäck in der roten Rolle verschwindet. Der Schlafsack kommt in seinen Beutel zurück, in den Schlafsack kommt die Plastiktüte mit der Gaskartusche. Das ganze kommt dann auf die linke Seite von der roten Rolle, auf den kleinen Rucksack. Mehr als zwei Lappen Stoff mit einer Kordel ist er ja nicht. Daneben, zur Wand hin, die Küche. Davor die Therm-a-Rest- Matte, aus der ich sorgsam den letzten Fitzel Luft gepresst habe. Rechts kommen die beiden Kompressionspacksäcke hinein. In einem ist Unterwäsche, die Jeans, Top und T- Shirt und in dem anderen die Thermounterwäsche und das Nachthemd. Ich lasse die Luft gewissenhaft aus beiden raus und binde sie zusammen. So werden sie eine kompakte Einheit. Die Ballerinas kommen in einer Plastiktüte auf die Therm-a-Rest- Matte und das Waschzeug in seiner Tüte zwischen Schlafsack und Packsäcke. Die Zwischenräume werden dann mit einer Tüte mit nötigem Kleinkram, der Bordapotheke etwa und der Tüte mit den Ladegeräten verschlossen. Die Päckchen mit den Taschentüchern und die Filme kommen dann in die letzten Hohlräume. Schließlich wird das iPad in die Jeansjacke eingewickelt und kommt zu guter Letzt oben auf alles drauf. Dann wird die Rolle verschlossen. Der Tankrucksack ist immer noch ziemlich gepackt, in ihn kommt nur noch die Brille mit ihrem Etui, daneben wohnt die Lesebrille mit Behälter, davor das kleine rosa Buch, unten drunter, unter all dem, liegen die Landkarten die noch nicht dran sind. Und dahinter kommt dann die Wasserflasche in ihrer Plastiktüte, die Kamera in ihrer kleinen Tasche und dahinter das Mehrzweckwerkzeug und das Bremsenschloss. Oben drauf kommt das Händi und in der Tasche im Deckel sind die Kassenzettel und Rechnungen und die Landkarten, die als nächstes benutzt werden. Dazu noch ein paar Stifte. Im Kartenfach schließlich findet sich neben der Karte auch die kleine wasserdichte Digitalkamera. Die beiden Seitentaschen nehmen das Kettenspray, den nutzlosen Ladeadapter und noch ein kleines Drahtschloss auf.
Ich beeile mich fertig zu werden, denn es sieht am Horizont in Richtung Eisleben nach Regen aus. Auch wenn immer wieder neckisch die Sonne aus den Wolken herauskommt und die Landschaft in tolles Licht taucht.
Als alles verpackt und auf Gesa verstaut ist, gehe ich vor zur Rezeption und bezahle meine elf Euro für die Übernachtung. Danach mache ich mich dann endlich aus dem Staub. Es ist gegen zehn, als ich den Motor starte und wieder vorbei an der Schranke auf die Straße rolle. Bei dem Schiff, ein paar hundert Meter weiter, bleibe ich stehen und beschaue es mir jetzt noch mal genau. Es ist ein ehemaliger Elbe- Raddampfer, der hier auf einem eigens dafür gegossenen Betonfundament ruht und zur Gastwirtschaft ausgebaut ist. Jemals wieder fahren wird er mit Sicherheit nicht.
Seit 1973 liegt die als "Graf Moltke" Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Dienst gestellte, weiße Schönheit nun hier schon "vor Anker". Fernab der Elbe stellt sie seitdem einen Besuchermagnet im örtlichen Gastronomiesegment dar.
Einige Meter weiter stoppe ich schon wieder. Der Ausblick ist einfach umwerfend.
Allerdings fängt es jetzt, aus dem eben noch sonnigen Himmel, vereinzelt an zu tröpfeln. Bis ich auf der Straße nach Eisleben bin, hat sich das zu einem ganz anständigen Regen entwickelt. Die Wolken vom Horizont sind da. Ich fahre in eine Siedlung, links der Strasse, und überlege kurz, ob ich die Regenkombi anziehen soll. Ich entscheide mich aber letztlich dagegen, denn bis Eisleben ist es nicht weit und am Ortseingang war ein riesiger Rewe. Also Gas!
Kurze Zeit später tropft Gesa auf dem Parkplatz vor dem Rewe- Center. Der Regen ist genauso schnell verschwunden, wie er gekommen war. Wenigstens ist der Wind also dafür gut. Er treibt die Wolken am Himmel vor sich her. Ich nehme den Tankrucksack und den Helm und mache mich auf die Suche nach Frühstück. In der Bäckerei, vorne rechts neben dem Eingang, werde ich verstanden. Bald schon dampft ein Latte Macchiato, einträchtig mit einem Rührei mit Speck, vor mir vor sich hin. Ein Tomate- Mozzarella Brötchen und ich schauen ergriffen zu.
Der Bäckerei Imbiss ist gut angenommen, stämmige Garten- Landschafts- Bauer, zwei ältliche Sonderlinge mit freiheitsbeschwörenden T- Shirts und Lederjacke sowie ein Rentnerstammtisch füllen die Stühle um die Tische. Der Wortführer vom Stammtisch, ein Sachse dem Idiom nach, erklärt seinen Zuhörern die moderne Welt. Als ich alles, bis auf die Blume auf dem Tisch, vertilgt habe, schlendere ich zurück zu Gesa und wir brechen auf, die Stadt zu erkunden.
In Eisleben bin ich auch schon mal gewesen, das war 2002, damals war ich mit meiner Tante im Harz gewesen und wir hatten noch einen Schlenker drangehängt. Wir hatten hier übernachtet und abends im Dunkeln nur noch etwas am Marktplatz gegessen und waren am nächsten Morgen weitergefahren, ohne uns noch groß umzuschauen. Wir hatten noch andere Ziele. Heute steuere ich Gesa genau ins Zentrum und genau ins Chaos einer Baustelle. Wir kämpfen uns bis zum Marktplatz vor und ich stelle Gesa hinter einem Motorroller mitten vor dem Rathaus ab. Ich schaue noch mal, ob ich das darf, aber es ist nirgends ein Schild zu sehen. Also schnappe ich mir meine Kamera und mache mich auf den Weg zu einem Rundgang.
Vor mir materialisiert sich eine fernöstliche Touristengruppe, macht Fotos, von sich, vom Platz und von sonst allem anderen auch und ist dann auf einen kurzen Zuruf vom Anführer auch schon wieder verschwunden. So reißen die ganz Europa in fünf Tagen runter. Not my kind of style.
Da vorne hatte ich doch vorhin im Vorbeifahren eine Bank gesehen. Die könnte ich jetzt gut gebrauchen, das Bargeld geht zur Neige, und so mache ich mich auf den Weg dorthin. Unterwegs schaue ich noch am Markt, ob es das Restaurant noch gibt, in dem meine Tante und ich damals gegessen hatten, und finde es tatsächlich. Nur die Karte ist heute anders.
Nachdem ich alles erledigt habe, kehre ich gemütlich ich zu Gesa zurück und mache mich für die Weiterfahrt fertig. Ein Mann im hellen Anzug bleibt stehen und fragt mich, wo "MZ" denn herkommen würde. Aus Mainz, antworte ich. "Aah! Helau!" sagt er, wünscht mir noch eine gute Weiterfahrt und geht weiter. Komisch, auf was man reduziert wird. Aber nett irgendwie.
Ich drehe mit Gesa noch eine Runde durch die Stadt und um die Stadt herum und finde dabei einen Punkt mit einem schönen Blick. An dem Kreisel kann ich aber nicht stehenbleiben, also fahre ich die Straße den Hügel hinab. Dort gibt es einen kleinen Parkplatz. Ich stelle Gesa ab und laufe mit den Kameras die steile Straße wieder hoch.
Der Kohlsche Landschaftsbegriff
Wieder am Parkplatz, kurbele ich den vollen Film zurück und lege einen Neuen ein. Aus einem Radio auf einer benachbarten Baustelle tröpfeln Nachrichten und Verkehrsfunk und als ich mich wieder auf Gesa schwinge, werden bereits die größten Hits der vergangenen zwanzig Jahre beschworen. Ich starte den Motor, rolle durch die Altstadt und biege schließlich unterhalb vom Markt ab, aus der Stadt raus. Ich folge der Magdeburger Straße, bis ich auf die Bundesstraße 180 treffe. Ein kurzes Stück zwischen den LKW den Berg rauf und an der nächsten Kreuzung biege ich bereits wieder ab. Schlagartig endet jedweder Verkehr und ich komme durch ein etwas abgestiegenes Dorf.
Hinter dem Dorf geht es eine ganze Weile neben einer Abraumhalde entlang, vor deren Besteigen alle paar Meter gewarnt wird. Die werden wissen warum.
Ich gelange auf die Hochebene hinter dem Süßen See, hier muss gestern abend auch dieser ausdauernde Motorradfahrer unterwegs gewesen sein, der ewig lange zu hören war. Vermutlich habe ich akustisch seine ganze Hausrunde mitbekommen. Vorbei an etwas, das vermutlich mal eine Windmühle gewesen ist, stoße ich in die ländlicher werdende Landschaft vor. Riesige Felder säumen die Straße, die nebenbei irgendwann den Belag von Asphalt auf Pflaster wechselt. Ganz normal, ganz natürlich. Neben der Straße kann ich noch die traditionelle Pferdestraße entdecken.
Mit rund 80 Sachen ziehe ich meine Bahn, erst als der Belag sich zu rechteckigen, hellblaugrauen Steinen ändert, verringere ich das Tempo. Die sind nämlich rutschig. So geht es einige Kilometer, in denen mir kein einziges Auto begegnet, nur in einer der Ortschaften habe ich mal ein bewegtes Fahrzeug gesehen. Die Strecke führt bergab und ich biege an einem T - Stück rechts ab. Hinter den Bäumen kann ich es schon sehen. Dann erblicke ich einen Wegweiser, hier muss ich links abbiegen und dann liegt sie vor mir. Die Burg Wettin und vor ihr fließt gemütlich die Saale dahin. Die Fähre ist gerade am anderen Ufer angekommen und so habe ich Zeit, rasch ein Bild zu machen.
Schon kommt die Seilfähre wieder auf mich zu und ich kann übersetzen. 50 Cent verlangt der wortkarge Fährmann für die Überfahrt, die kaum zwei Minuten dauert. Ich rolle auf der anderen Seite an Land.
Wettin! Auch hier bin ich schon mal gewesen, auch mit meiner Tante, aber auch schon mal alleine im Jahr davor. Es zieht mich immer wieder hier her. Die Vofahren des Vaters meiner Mutter kamen von hier, sie waren hier Brauherren, Weißbäcker, Apotheker, Ackerinteressenten und vor allem Bürger.
Ich folge mit Gesa einer grob gepflasterten Straße hinauf zum Marktplatz. Hinter der Nicolaikirche stelle ich sie dann auf einem freien Platz neben eine Africa Twin und begebe mich auf Erkundungstour. Es ist ein eigentümliches Gefühl hier herumzulaufen. Wo werden meine Vorfahren wohl gewohnt haben, wie mögen sie gelebt haben, was haben sie gesehen, wenn sie aus dem Fenster geschaut haben. Wer waren die Nachbarn? Ich schaue mir die Nicolaikirche genauer an. Hier haben sie geheiratet und Kinder getauft.
Als ich das erste Mal hier war, war die Nicolaikirche noch eine Ruine, die Fenster verbrettert und das Dach nur mangelhaft. Jetzt ist sie behutsam restauriert und es finden auch wieder Gottesdienste statt. Weiter als bis in den verglasten Windfang komme ich allerdings nicht, die weiterführende Tür ist abgeschlossen.
Wie einst Schwester Agnes - nur nicht mehr mit der Schwalbe.
In der Burg, einst Stammsitz der sächsischen Kurfürsten und Könige, ist ein Gymnasium untergebracht, mit Wohnheim für diejenigen Schüler, die den Schwerpunkt auf Bildender Kunst haben. Überall in der kleinen Stadt sind, gerade zur Mittagszeit, junge Leute zu sehen. An der Burg ist auch ein Museum untergebracht. Aber das hat Mittwochs geschlossen. Heute ist Mittwoch. Hm. Also schlendere ich zurück zur Kirche und versuche mein Glück, in der Bäckerei Neigenfink zu einem Kaffee zu kommen. Auch wenn es zunächst nicht so aussieht, es ist geöffnet und eine freundliche junge Frau mit kurzen blonden Haaren fragt, was ich haben möchte. Ich lasse mir ein Eclair und ein Blätterteigteilchen für heute abend einpacken und bestelle einen Kaffee. Mit drei Euro bin ich dabei und ich komme ins Gespräch mit der jungen Frau. Leider weiß sie auch nichts über eine mögliche Brauerei, die hier früher mal gewesen sein muss. Als ein Mann, etwa meines Alters, hinzutritt, fragt sie ihn auch gleich ob er etwas wüsste. Aber mit Sicherheit liegt das, was ich da erfragen will, viel zu weit in der Vergangenheit und keiner erinnert sich mehr daran. Beide verweisen mich an das Museum. Das hat aber zu, wie ich vorhin ja gesehen habe. Also werde ich wiederkommen müssen. Wir unterhalten uns noch über meine Reise und wo ich noch hin fahren werde und irgendwann, als es auf einmal einen Kundenansturm gibt und ich meinen Kaffee ohnehin ausgetrunken habe, verlasse ich mit dem Mann den Laden. Er entpuppt sich als Eigentümer der Africa Twin, die neben mir parkt und wir unterhalten uns an den Motorrädern noch eine Weile über dies und das auf zwei Rädern. Dann muss er wieder an die Arbeit und ich ziehe weiter. Der Kuchen landet im Tankrucksack.
Am Friedhof mache ich noch mal kurz Halt und drehe eine kurze Runde zu Fuß, aber ich kann keine Namen sehen, die mir bekannt vorkommen. Als ich zu Gesa zurückkehre, sehe ich wie einige Schuljungen um sie drumherum stehen und sie bewundern. "Cooles Motorrad!" meint einer der Jungs zu mir, als ich mich nähere. Dann sind sie auch schon wieder weg. Ich lächele, setze den Helm auf, drehe Gesa um und gebe Gas.
Zunächst führt die Straße durch eine Senke und nach wenigen Kilometern kommt dann das nächste Dorf. Neutz. Auch hier setze ich den Blinker links und schlängele mich zur Kirche durch. Ich stelle Gesa unterhalb der Kirche ab und hänge den Helm über den Spiegel. Ich schaue mich um. Auch von hier kamen Vorfahren von mir. Sie hatten den aus heutiger Sicht ungewöhnlichen Beruf eines Anspänners. Das ist nichts anderes als der Besitzer einer Vollhufe, also eines Bauerngehöfts. Ich nehme meine Kamera und gehe zur Kirche hoch.
Auf dem Rasen laufe ich ehrfürchtig um die Kirche drumherum und entdecke neben der Eingangstür einen sonderbaren Stein. Es ist der Neutzer Näpfchenstein. Man hat ihn wohl beim Bau der Kirche gefunden und mit in die Mauer bei der Tür eingefügt. Er ist vermutlich Teil eines alten Totenkultes gewesen.
Es gibt auch eine Legende dazu, wie eine Tafel in der Nähe verrät. Ich bin froh, heute keine Basilisken getroffen zu haben, ich hätte auch gar nichts als Futter einstecken gehabt und verlasse den Friedhof.
Vorbei an einem Gebäude, in dem sich wohl mal ein Laden befunden hat und etwas, das nach ehemaliger Badeanstalt aussieht, komme ich an die Hallesche Straße. Das ist hier die Hauptstraße und hier befinden sich riesige alte Gehöfte.
Nicht überall ist noch Leben, aber manche sind anscheinend wenigstens noch bewohnt, oder sogar noch bewirtschaftet. Diese großen Backsteinbauten wird es zur Zeit meiner Vorfahren noch nicht gegeben haben, Mitte des 18. Jahrhunderts waren die sicher noch nicht da. Vermutlich ist die Kirche der einzige Zeuge aus der Zeit.
Als ich zu Gesa zurückkehre, stelle ich fest, daß ich mit meinem Stiefel etwas Blumenschmuck aufgegabelt habe.
Mit wenigen Handgriffen habe ich mich wieder fahrfertig gemacht und brumme aus dem Ort hinaus. Ich überquere die Straße nach Könnern und fahre unter der Autobahn hindurch. Im nächsten Ort gelange ich auf eine wunderbare kleine Straße, die mich durch Felder und kleine, schnuckelige Ortschaften führt. Vorbei am Petersberg, lande ich irgendwann auf der Bundesstraße 183. Es ist Zeit ein paar Kilometer zu machen.
Nach einer Weile tauchen am Wegesrand  Industrieanlagen auf. Rohrleitungen, Brachen, ein See im Wald und dann ein Abzweig: Wolfen. Hier setze ich den Blinker. Von links sehe ich den so ziemlich ersten Motorradfahrer des Tages. Nach der Kreuzung Siedlungshäuschen auf der rechten Seite. Ich komme in die Stadt. Es sieht schon auf den ersten Metern ein wenig verwohnt aus. Ich setze links den Blinker und komme durch eine zwanziger Jahre Siedlung. Auf der linken Seite steht auf einem Schienenstück neben der Straße eine kleine blaue Dampflok. Noch mal links und ich sehe das Rathaus von Bitterfeld - Wolfen. Ich fahre einmal die Runde davor.
Ein imposantes Gebäude, im Stil ein wenig ähnlich dem IG Farben Haus in Frankfurt/M, aber ein paar Jahre jünger. Es war die Verwaltung der AGFA. Deshalb bin ich hier. Hier in Wolfen soll es ein famoses Filmmuseum geben. Ich folge Wegweisern und stehe unvermittelt auf dem geschotterten Parkplatz eines kleineren, alleine stehenden alten Industriegebäudes. Am Eingang sind zwei Männer damit beschäftigt etwas zu verladen. Ich stelle Gesa ab und gehe auf sie zu. "Kann man ihnen was helfen?" fragt mich einer der Männer freundlich. "Ja, ich suche das Filmmuseum!" - "Herreinspaziert! Da sind sie hier richtig! Wenn sie sich beeilen, kommen sie noch bei der Führung mit, die hat grad begonnen, da ist noch eine alte Mitarbeiterin mit ihrer Enkelin, die sind da vorne. Bezahlen können sie später!" Ich darf meinen Tankrucksack und den Helm vorne beim Empfang unter den Tisch stellen und trete durch eine Glastür in einen langen gekachelten Gang. Nach beiden Seiten gehen schwere Türen ab. In der Mitte des Ganges stehen ein Mann, eine Frau und ein kleines Mädchen und schauen mich an. Der Mann begrüßt mich und fährt mit seiner Führung fort.
Wir befinden uns im Rest des AGFA Filmwerkes in Wolfen. Hier in diesem Werkteil wurde 1936 der erste Dreischichtenfarbfilm hergestellt, nach dessen Muster nach dem Krieg weltweit Farbdiafilme produziert wurden. (Der ein Jahr davor vorgestellte Kodachrome Film war genaugenommen kein Farbfilm. Die Farbe kam erst bei der Entwicklung dazu) Der Vater eines Kollegen von mir war an den Arbeiten seinerzeit beteiligt.
Wir bekommen die Arbeitsabläufe von unserem Museumsführer genau erklärt, er hat, wie auch die Frau, die mit mir und ihrer Enkelin die Besuchergruppe bildet, früher hier gearbeitet. Es wird uns der Sinn und Nutzen der schweren Türen erläutert, wir sehen eine Maschine, auf der das Trägermaterial hergestellt wurde, ein Labor in dem Emulsion angerührt wurde. Dies geschah im Dunkeln, wie so viele Arbeitsschritte der Filmproduktion. Nur wenige, sehr schwache rote oder grüne Lampen haben produktionswichtige Teile ein ganz klein wenig erleuchtet. Zur Demonstration schaltet er uns im Labor das Licht einmal aus. Tiefe Dunkelheit umgibt uns, langsam zeichnen sich die Gerätschaften ab, die von den schwachen roten Leuchten angestrahlt werden. Hier soll man auf das Mikrogramm genau Substanzen anrühren. Den ganzen Tag lang, und morgen wieder und bis zur Rente. Er macht das Hauptlicht wieder an, wir folgen ihm in einen Saal mit Brückenkränen an der Decke. Es ist alles weiß gefliest und es befinden sich große Kessel hier. Hier wurde die Emulsion "gekocht". Für jede der drei Grundfarben einzeln. Auch im Dunkeln. Wir betreten einen großen Saal, dessen Decke wir nicht sehen können. Er beherbergt eine riesige Maschine. In mehreren Schleifen läuft hier das Trägermaterial, ähnlich wie in einer Druckerei, von großen Rollen, über Umlenkrollen und Tänzerrollen zu einem Tisch am vorderen Ende des Raumes. Hier befindet sich eine flache, schmale Wanne, die über die ganze Breite der Materialbahn geht. Schläuche, Rohrleitungen, Stellschrauben. Er erklärt uns, über die Mikrometertriebe auf der rechten Seite stellte eine Frau die Position der Wanne ein. In der Wanne befand sich die Emulsion, auf Temperatur gebracht. Die Kunst bestand nun darin, die Emulsion auf das Trägermaterial zu bringen. Die Schichtdicke wird später ein Bruchteil eines menschlichen Haares betragen. Hier wurde Farbfilm gegossen. Das heißt, das Trägermaterial muss mehrmals eingespannt werden, bis alle Schichten, rot, grün, blau und die Gelbfilterschicht aufgebracht sind. Was die Frau, die diese Maschine bedient, macht, kann sie selbst nicht sehen. Es gibt nur eine winzige grüne Funzel, die den Hahn am linken Ende der Wanne beleuchtet. Dort tropft die Emulsion wieder aus der Wanne. Die Art, wie der Strahl aus dem Hahn kommt, - besser - rinnt, gibt ihr Aufschluß über die erreichte Dicke der Emulsion auf dem Trägermaterial. Auf dieses kleine, grün beleuchtete, Rinnsal starrt die Frau acht Stunden am Tag. Zwischendrin wird es alle paar Minuten ein akustisches Signal geben, das sie im Dunkeln um die Gießanlage flitzen und mit traumwandlerischer Sicherheit die alte Bahn abschneiden und die neue ankleben läßt. Haargenau, in einer Minute vierzig. Inklusive hin und zurück. Dann läuft die Maschine weiter. Das emulsionierte Trägermaterial läuft nun, in langen Schlaufen von der Decke hängend, im Luftstrom durch die nächste Halle und wird schließlich aufgewickelt. Die Arbeit in der Trockenhalle war wahre Strafarbeit. Nacheinander folgen wir dem Weg des Filmes bis in die Patrone. Er muss hierfür geschnitten, perforiert, an den Kanten mit der Nummerierung versehen, konfektioniert und auf die Spulen gebracht und schließlich in die Patrone - oder ans Trägerpapier geheftet, auf die Spule gespult in Tüten verpackt werden. Im Dunkeln versteht sich. Nicht eine Spule am Tag, eine Patrone am Tag, oder ein paar dutzend. Tausende. In mehreren Schichten. Täglich. Das Werk stand nie still. Nur jetzt ist es ruhig dort. Keine Betriebsamkeit mehr. Filmfotografie ist nur noch etwas für eine Handvoll verträumter Narren. Die moderne Zeit hat sie davon gefegt. Die AGFA gibt es nicht mehr, weder das Stammwerk in Wolfen, noch die westdeutsche Nachkriegsproduktionsstätte Leverkusen. ORWO - ORiginal WOlfen - wie das Werk in Sachsen Anhalt nach dem Verbot der Namensnutzung hieß, ist auch nur noch eine Buchseite in der Geschichte. Die Wende, die Treuhand, das Digitalgeschäft haben die Existenzgrundlage des von der Unwirtschaftlichkeit zur Unwirtschaftlichkeit geschrumpften Werkes genommen. Zur Erinnerung an unseren Besuch erhalten wir alle ein Stück Film, in das statt der Emulsionsnummer und des Filmtyps das heutige Datum eingestanzt ist. Ein Stück ORWO.
Wieder zu Hause sehe ich mir den mitgebrachten Filmstreifen lange an. Ich gehöre auch zu diesen Narren.
Gähnende Leere auf dem alten Areal
Früher waren Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hier ausgechlossen. Der Staub.
Ich unterhalte ich noch kurz mit den netten Leuten vorne am Empfang, bedanke mich für die tolle Führung und bezahle mein Eintrittsgeld. Danach gehe ich in einer ganz sonderbaren Stimmung zurück zu Gesa und verlasse diesen Ort.
Ich komme zurück auf die Bundesstraße und folge ihr durch Bitterfeld. Die Stadt hat als Synonym für das Chemiedreieck Halle, Merseburg, Bitterfeld keinen besonderen Ruf. Ich fahre auf einer Brücke über die Gleise des Hauptbahnhofes und denke an das, was ich bei der Vorbereitung meiner Reise gelesen habe. Hier ist 1977 im Herbst zum bislang letzten Mal in Deutschland eine Lokomotive explodiert. Bis heute nicht hundertprozentig geklärt, war es wohl eine Verkettung aus Menschlicher Fehlleistung, fehlender Kommunikation, falscher Chemie beim Personal und wohl auch mangelhaft gewartetem Material.
Ich komme in die Stadt. An einer Ampel finstere Gestalten. Der graue Himmel verstärkt die düstere Stimmung. Ich beschließe, hier nicht groß anzuhalten, sondern auf die Etappe zum Campingplatz zu starten. Außerdem muss ich noch einkaufen. Am Orstausgang hoffe ich auf einen Rewe, oder etwas ähnliches. Hier gibt es aber nur Discounter. Am großen Goitzschesee entlang komme ich durch Pouch. Hier kommen die bekannten Poucher Faltboote her. Heute ist aber schon geschlossen, und so fahre ich einfach weiter.
Der Wind ist immer noch sehr stark, schon den ganzen Tag hat er mich begleitet. Jetzt, wo ich aufs flache Land hinaus fahre, wird er wirklich unangenehm. Mit den 13 - 15°C, die das Thermometer zeigt, ist es auch nicht zu warm. Die Straße wird zunehmend gerader und länger. In jedem Ort schaue ich nach einer Einkaufsmöglichkeit. Einmal zeigt ein Wegweiser nach rechts zu einer Landmetzgerei. Dort biege ich ab. Aber die Metzgerei hat geschlossen. Seit gestern. Es hängt neben einem Zettel, auf dem den Kunden für ihre Treue gedankt wird, noch eine Tafel, die handgeschrieben mit Kreide "Heute Kesselgulasch" wirbt. Hier gibt es nichts mehr. Ich fahre weiter. Hinter Schwemsal überquere ich die Grenze zu Sachsen. Ich rolle durch Bad Düben und fahre durch die Dübener Heide. Lange gerade Stücke führt die Bundesstraße durch den Wald. Einmal überhole ich einen Touristenbus. Viel los ist hier auf der Straße nicht, hin und wieder nur ein Auto. In einem Dorf eine kleine Feuerwehrübung, mit der Motorspritze werden Blumen gewässert. Fachkundige stehen dabei. Schließlich komme ich nach Torgau hinein. Ich folge der Bundesstraße bis zur Elbe. Dort drehe ich um und beschließe erst einmal den Campingplatz zu suchen. Auf dem Weg dorthin entdecke ich einen großen Kaufland Markt. Hier biege ich ab und parke Gesa auf dem Parkplatz. Die Brauseflasche von gestern kann ich in einem Zelt auf dem Parkplatz, in dem wegen eines Umbaus die Pfandabgabe untergebracht ist, zu Geld machen und danach schlendere ich durch die Gänge des großen Supermarktes. In einem Kauflandladen war ich, glaube ich, noch nicht gewesen. Es gibt hier keine Metzgereiabteilung, alles ist schon verpackt im Kühlregal zu finden. Mit meinem Hunger bin ich nun nicht mehr wählerisch, ich schnappe mir ein riesiges Stück Rindfleisch, das mich anlacht und suche mir noch ein Brötchen und einen Joghurt. Ich bin sehr erstaunt, daß an der Kasse lediglich 7,50 Euro aufgerufen werden. Wegen des großen Stückes Fleisch hatte ich mit mehr gerechnet.
Vom Einkauf bis zum Campingplatz sind es nur noch ein paar hundert Meter und ich rolle um kurz vor sechs auf den Platz. An der kleinen Holzhütte, die die Rezeption darstellt, ist eine Klingel, die zu bedienen ist, wenn niemand zu sehen ist. Ich drücke und warte. Nach kurzer Zeit sehe ich eine Frau in einer grüngelb leuchtenden Jacke über den Platz kommen. "Na, da sind wir ja fast im Partnerlook!" lacht sie, als sie mich sieht. Wir gehen in die Hütte und ich fülle den kleinen Meldezettel aus. Danach bezahle ich 7,40 Euro für die Übernachtung und noch mal zwei Euro für die Duschmünze für morgen früh und ein Bier. Ich kann mir einen Platz auf der Wiese neben der Hütte aussuchen und wähle einen Platz, auf dem ich nah an der Bank und dem Tisch bin, die dort steht, zugleich windgeschützt und am Morgen, so die Sonne scheinen sollte, in der Sonne stehend. "Bei dem Wetter kommen meine Radfahrer heute wohl nicht mehr!" meint die freundliche Platzwartin, vertut sich aber mit dieser Einschätzung. Denn als ich noch am Aufbauen bin, kommen zwei Radfahrer, eine Frau und ein Mann, und später kommen noch drei weitere. Das Pärchen baut ein Stück weit von mir entfernt auf. Sie kommt irgendwann zu mir rüber und betrachtet Gesa. Sie hat auch einen Motorradführerschein, traut sich aber nicht zu fahren. Sie kommt aus Gera, ihr Begleiter aus dem Erzgebirge und sie sind schon einige Tage unterwegs. Der Wind macht sie mürbe und sie überlegen, ob sie es gut sein lassen sollen und den Weg zurück antreten.
Nachdem ich mein Zelt fertig habe und mit der Einrichtung zufrieden bin, mache einen kleinen Rundgang auf dem Platz. Es ist ein kleiner Platz, der der Stadt gehört und an einem See im Süden der Stadt liegt. Hier draußen gibt es nur noch einen Sportplatz und eine Gartensiedlung mit einer Zufahrtsstraße auf der nicht die Welt los ist.
Der Platz ist auch schon recht alt, das sieht man an manchen Ausstattungsdetails, aber es gibt liebevolle Dinge, wie dieses Insektenhotel. Der See befindet sich hinter einem kleinen Wall auf der südlichen Seite des Platzes.
Hier ist auch ein kleiner Waldrand, der die Fläche des Sees von der des Platzes trennt. Neben einigen Dauercampern gibt es natürlich auch die üblichen mobilen Weißen zu sehen.
Das Waschhaus ist neu, steht ziemlich zentral auf dem Platz und ist barrierefrei zugänglich.
Nachdem ich alles erkundet habe, gehe ich zurück zum Zelt. Es gibt auf dem Platz mehrere Abwaschmöglichkeiten, die jeweils mit einem kleinen Spülbecken unter einem kleinen Dach ausgestattet sind.
Daneben gibt es aber auch im Waschhaus eine Möglichkeit den Abwasch mit warmem Wasser zu erledigen, sowie einen Raum mit Waschmaschine und Trockner.
Jetzt habe ich aber Hunger. Ich baue meine Küche auf dem Tisch unter dem Dach neben meinem Zelt auf und positioniere meinen Kocher auf den Steinen vor dem kleinen Grillkamin. Da kann er keinen Schaden anrichten und steht stabil.
Rasch das Fleisch auf der Oberseite mit Salz und Pfeffer versehen und dann die Flamme unter der Pfanne gezündet. Das Fett verflüssigt sich augenblicklich und ich gebe das Fleisch in die Pfanne. Es zischt, dampft, die Pfanne ist voll. Das hat gerade eben so gepasst. Nach dem Umdrehen wird die andere Seite mit Salz und Pfeffer bedacht und ich sitze davor mit großen Augen und beobachte es.
Wenn es nur halb so gut schmeckt, wie es aussieht, bin ich glaube ich schon sehr zufrieden.
Das Fleisch enttäuscht mich nicht. Es ist eine Offenbarung. Damit hätte ich nicht gerechnet. Es ist ausgesprochen schmackhaft und saftig. Ich gieße mir von dem belgischen Maternus Bier in meinen Becher und bin seelig. Von meinem gut gedeckten Tisch habe ich einen Premium Ausguck auf den Platz. Und da tut sich in der Zwischenzeit eine ganze Menge. Zuerst ist ein bärtiger Radfahrer angekommen, der mit riesigem Gepäck beladen, sein Fahrrad in eine Ecke des Platzes schiebt, die voll in meinem Blickfeld liegt. Er entfaltet ein recht großes grünes Zelt und spannt es ordentlich ab. Nun betreten noch zwei junge Männer mit Fahrrädern und großem Gepäck die Bühne. Sie lassen sich schräg hinter mir, neben einer Birke nieder, nachdem sie lange nach einem geeigneten Platz gesucht haben. Der eine macht einen etwas verträumten Eindruck, er ist barfuß unterwegs und kniet andachtsvoll im Gras, während sein Kumpel ein winziges blaues Zelt aufbaut. In so etwas könnte ich bestenfalls hockend kauern, aber keinesfalls liegen, denke ich mir. Dann packt er eine Luftmatratze aus und eine unglaubliche, monströse Luftpumpe. Sowas habe ich für mein Boot. Die Matratze nimmt Form an und ist am Ende fast so dick wie eine Matratze aus dem Möbelladen. Damit ist das Zeltchen eigentlich voll. Der andächtige junge Mann baut nun auch etwas linkisch an seinem Zelt herum. Es wird ein noch kleineres, etwas windschiefes, grünes Etwas, in das ich überhaupt nicht mehr hineinpassen würde. Als die beiden fertig sind, nehmen sie einen Rucksack und marschieren vom Platz.
Ich mache mich indessen über meinen Nachtisch her. Der Joghurt entpuppt sich als nicht so der Burner, aber ich habe ja noch den Kuchen aus Wettin in Petto. Der kommt jetzt zum Einsatz. Und ist einfach nur köstlich.
Der bärtige Radfahrer ist bereits in seinem Zelt verschwunden, er hatte auch kurz noch etwas gegessen und war dann sehr schnell weg. Die beiden Jungs kommen mit einer Einkaufstüte vom Einkaufen wieder. Nachdem mein Bier alle ist und ich meinen Schreibkram erledigt habe, lausche ich noch etwas dem Kuckuck, den es, wie auf den beiden anderen Campingplätzen, hier auch gibt. Ich räume meinen Kram zusammen und gehe mit meinem Rucksack und meinen Waschsachen zum Waschhaus. Meinen Abwasch habe ich auch dabei und nutze die Zeit, die mein Händi zum Aufladen braucht, den Teller und die Pfanne einzuweichen. In der Zwischenzeit kommt noch eine Camperin, der der Lübecker VW Bus am Ende der Zeltwiese gehört und mit deren Hund ich schon gesprochen hatte, und schaut nach ihrer Wäsche. Sie erzählt, daß sie früher auch viel Motorrad gefahren ist, es dann aber gelassen hätte, da es ihr zu gefährlich geworden war. Sie trauert aber heute noch nach, wenn sie irgendwo Motorengeräusch hört. Als sie mit ihrer Wäsche durch ist und zu ihrer Schwester in den Bus zurückgekehrt ist, mache ich mich bettfein und gehe ohne Eile zurück zu meinem Zelt. Auf dem Weg dorthin treffe ich im letzten Tageslicht die Platzwartin, mit der ich mich auch noch ein paar Takte unterhalte. Als ich bei meinem Zelt ankomme, sitzen die beiden Jungs unter dem Dach an dem Tisch und essen Mandarinen. Sie unterhalten sich leise auf Französisch und trotzen der Dunkelheit und der heraufziehenden feuchten Nachtkühle. Der Wind ist in der Zwischenzeit eingeschlafen und ich habe gute Hoffnung für morgen. Im Zelt ziehe ich das Oberteil meiner Winter - Motorradwäsche über und verschwinde im Schlafsack. Nicht mehr lange und ich mache das Licht aus und bin innerhalb von Minuten eingschlafen.
Heute bin ich zwar nur 140 Kilometer gefahren, aber ich habe so viel erlebt und interessantes gesehen, daß es eigentlich fast für zwei Tage reichen würde.




8 Kommentare:

  1. Wie cool du das alles abwickelst :-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich muss mich noch dazu bringen, mehr persönliches von mir zu schreiben. Wird aber noch...
      :)

      Löschen
  2. Film-Museum? Da wird man ja ganz nostalgisch. Sehr interessanter Bericht.

    Das Seebild gefällt mir besonders gut (auch wenn es sicher digital entstanden ist...)

    Ich bin überrascht, wie günstig das Campen ist, da amortisiert sich so eine Ausrüstung tatsächlich recht schnell.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das Filmmuseum war wirklich das Highlight an dem Tag. Schade, daß ich dort nicht fotografieren durfte. Dafür habe ich dann um so besser zuhören können um es dann hier wiederzugeben. Wer in die Gegend kommt, der sollte sich das unbedingt mal anschauen.
      Stimmt, das Seebild - ebenso wie alle farbigen Bilder dieser Reise - ist digital entstanden. Die Schwarzweißen sind richtig echt fotografiert.
      Digitalkameras nutze ich auch - auch gerne - aber diese klassische Fotografie berührt mich in meinem Inneren doch mehr.

      Wie günstig das Campen ist, da war ich auch überrascht. Auch darüber, wie wenig Probleme es mir bereitet hat. Zum Beispiel mit den Waschräumen und so. Und dieses nachts im Zelt liegen und zu wissen, es trennt dich jetzt nur ein ganz klein bisschen Stoff von der Außenwelt, das fand ich auch spannend.

      Löschen
  3. Wirklich beeindruckend dein Bericht über das Agfa Werk Wolfen!!!
    Seit meiner Kindheit und Jugend begleiten mich Agfa Fotoapparate von der Agfa- Clack über die Agfa Silette ll bis zur Agfa- Pocket. Natürlich mussten es auch die Filme von Agfa sein, nicht die von Kodak.
    Und immer, wenn wir aus dem Urlaub kamen, war da diese große Leuchtreklame an der Autobahn, dann war es nicht mehr weit bis zu Hause.
    Später die erste DigiCam und so langsam vergisst man, was vor der digitalen Zeit so war. Bis eben - da habe ich mir noch einmal die "Silette II" in die Hand genommen - das war schon ein tolles Teil.
    Danke für diese Zeitreise!!!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dankeschön!
      So eine Silette hatte meine Tante auch von ihrem ersten Lehrlingsgeld gekauft gehabt. Die hat ihr lange Jahre treu gedient, bis meine Großmutter damit mal in die Ostsee gefallen ist.
      AGFA Filme habe ich auch immer gerne benutzt, und ich tue es auch heute noch, auch wenn in den Schachteln mittlerweile kein Film mehr aus Leverkusen steckt. Den Diafilm habe ich unendlich geliebt, der hat ein schönes neutrales Weiß gehabt und tolle, echte Farben. Leider haben sie den 18 Din Film damals mit zuerst eingestellt. Ähnlich ist es mir mit den Schwarzweißfilmen gegangen. Da haben sie mir zuerst den schönen 15er gestrichen. Aber ich gebe nicht auf und fotografiere immer noch fleißig auf Film. :)

      Löschen
  4. Wettin, das werden wir uns Ostern ansehen. Mal schauen, ob die Bäckerei Ostersonntag geöffnet hat. Ansonsten werden wir Samstag durch die hübsche Stadt schlendern. Bericht folgt ;-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da wünsche ich Euch ganz viel Spaß und viele tolle Eindrücke und Bilder!

      Viele liebe Grüße,
      Minya

      Löschen