Donnerstag, 1. Oktober 2015

Zeitenreise 2015 Tag 10 Schleswig Holstein, meerumschlungen...


+++03.06.2015+++


Unbarmherzig beendet der Wecker um sieben die Nacht. Ich schnelle aus dem Bett, sehe zu, daß ich durchs Bad komme und packe die letzten Sachen in die Tasche und den Tankrucksack. Noch ein Blick durchs Zimmer, habe ich nichts vergessen? Also los! Ich habe viel vor heute.
Rasch habe ich das Gepäck an Gesa festgezurrt und schwinge mich auf den Sattel. Der Motor brummt und dröhnt in der Tiefgarage, ich rolle ans Licht. Vor dem Haupthaus des Hotels mache ich Halt und hänge den Helm an den Lenker. Erst mal frühstücken.
Nachdem ich gegen neun vom Hof gekommen bin, rolle ich durch Schenefeld. Hier ist schon das gefürchtete "PI" auf den Kennzeichen der Autos. Entsprechend fahren die hier auch... Der Weg nach Halstenbek ist etwas zäh heute morgen. Die Ampeln sind gegen mich und die Autofahrer auch. Der Hamburger Speckgürtel ist hier etwas dicker, aber langsam mischen sich auch immer wieder längere Passagen zwischen Feldern dazwischen, es wird ländlicher.
Um die Uhrzeit habe ich keine große Lust durch die halbe Stadt zu fahren, also habe ich mich für eine etwas weitere Runde um die Stadt herum entschieden. In Bönningstedt komme ich dann auf die Bundesstraße nach Quickborn. Ich zackere mich nach Henstedt - Ulzburg durch und presche hinter Kisdorf hinaus aufs Land. Ein kleiner LKW lässt mich zwischendurch noch mal etwas langsamer fahren, aber nun komme ich gut voran.
Die Sonne hatte am Morgen in Hamburg noch geschienen, aber mittlerweile ist es wieder bedeckt. Der Osten - Wind, der gestern schon so störend war, ist heute auch immer noch da und er erscheint mir sogar noch etwas stärker als gestern. Im Augenblick kommt er stramm von vorne. So geht die Fahrt durch kleine Dörfer, mit Namen wie Stuvenborn und Poggensaal, zwischen Feldern und Wischen hindurch, bis ich nach einer Weile Segeberg erreiche.
Kurz vor Segeberg, vor einem Standortübungsplatz mitten im Nichts, sitzen drei auffallend leicht und offenherzig bekleidete junge Damen in der Einfahrt auf dort liegenden Baumstämmen. Die passen so gar nicht ins Bild. Zur Armee gehören die sicher nicht, bestenfalls haben sie mit Truppenbetreuung im weitesten Sinne zu tun. In der Heide gesteht man ihnen wenigstens noch alte Wohnwagen, oder Wohnmobile zu. Hier stehen und sitzen sie unter freiem Himmel.
Bald darauf in Bad Segeberg, komme ich an einer dieser blauen Tankstellen vorbei und Gesa stellt fast automatisch den Blinker an. Also schön, tanken wir hier. Wer weiß, wann es wieder was gibt.
Der B432 folgend, bin ich rasch aus Segeberg wieder draußen. Die Straße geht zum Teil schnurgerade durch die Landschaft. In Warder allerdings setze ich den Blinker links und fahre ab. Bald drauf tickt Gesa auch schon vor dem Friedhof von Warder. Ein Rasenmäher knattert laut. Der Friedhofsgärtner ist dabei, den Rasen zu kürzen. Ich lasse alles bei Gesa, nehme nur die kleine Kamera mit und gehe durch das Tor.
Was ich suche, springt mir gleich ins Auge. Unser Familienbegräbnis ist das zweitgrößte Gebäude hier auf dem Friedhof.
Die Familie meiner Urgroßmutter hatte hier in der Gegend durchaus ansehnlichen Besitz gehabt. Aus der Zeit stammt diese Grabstätte noch. Von dem Besitz ist hingegen so gar nichts geblieben. Ich schaue mich noch kurz etwas um und kehre dann zu Gesa zurück. Ein klein bisschen bin ich mal wieder knapp in der Zeit.
Wie ich mich fertig mache, spricht mich ein älterer Mann der in der Nachbarschaft wohnt an, als er seine Mülltonne wieder reinstellt. Holstein Kiel hat anscheinend gestern irgendetwas Wichtiges gewonnen. Ich bin aber nicht informiert und so kann ich keine größere Unterhaltung mit ihm führen. Ich verabschiede mich und lasse den Motor an. Zunächst möchte ich nach Müssen. Ich fahre am Wardersee entlang und biege dann rechts ab. Nach etwa einem Kilometer finden sich ein paar Häuser, ein alter kleiner Gutshof. Er hat auch mal zu meiner Familie gehört, allerdings nicht lange. Ich drehe noch eine kleine Runde und fahre etwas durch den Wald. Von vorne kommt ein BMW Kradist mit einer älteren Boxermaschine, einer R 90, die kleine Straße entlang. Er ignoriert mich nach Kräften. Nach einem kurzen Stück drehe ich um, weil ich hier zu weit von meinem Weg abkomme. Beim Gutshof kommt der BMWler mir wieder entgegen. Wieder sieht er mich so gar nicht. Ok, dann nicht.
Auf einer wirklich winzigen Straße komme ich nach Wensin. Ich rolle über die Bundesstraße hinweg, auf einen Schotterweg. An einer großen Scheune vorbei, entlang an der Mauer des Gartens. Ich kann schon das Haus sehen. Aber es ist alles privat, mit Schildern soll das Volk draußen gehalten werden. Ich komme nicht weiter. Vorne stehen zwei Gärtner mit ihrem kleinen Fahrzeug und schauen mich frech an. Ich steige ab. Hier ist meine Urgroßmutter geboren, hier ist sie aufgewachsen bis sie ein junges Mädchen war. Ich laufe etwas ziellos in dem öffentlich zugänglichen Teil herum und mache ein paar Bilder. 
Ich habe heute aber keine Zeit, um zu versuchen, näher ans Haus zu gelangen. Der Vater meiner Urgroßmutter hatte den ganzen Besitz verglitscht, es hatte wohl eine etwas sonderbare Auffassung von Geld und der Zahlungsmoral gegeben. "Wer seine Schulden bezahlt, schmälert sein Vermögen" war einer der Sätze, die ein Sohn von ihm geprägt hatte. Diese Ansicht war wohl bei manchen Familienmitgliedern hoch im Kurs. Ich muss mir aber über "hätte" und "könnte" keine Gedanken machen, denn meine Urgroßmutter hatte vierzehn Geschwister. Bei mir wäre von all dem hier eh nichts angekommen. Ich schwinge mich wieder auf Gesas Sattel und fahre weiter. Ich komme nach Gnissau. Hier biege ich ab, in Richtung Travenhorst und nach kurzer Fahrt nach Travenort.
Auch dieser Hof hat mal zur Familie gehört. Das ist aber auch schon lange her und so schaue ich nur kurz, mache ein Foto und bin sofort drauf wieder verschwunden.
Vorbei an Hohenhorst, das auch meinem Ururgroßvater gehörte, geht es weiter auf der größtenteils schnurgeraden B432, bis ich bei Steenrade auf ein Wohnwagengespann auflaufe. Das kann mich allerdings nicht lange stören, denn ich fahre in Pönitz von der Bundesstraße ab und schlage mich wieder ins Hinterland. Ich umrunde Scharbeutz und komme nach Neustadt in Holstein. Hier suche ich mir meinen Weg in Richtung Wasser. Es geht ein wenig durch die kleine Stadt, dann biege ich rechts ab. Durch eine Wohnsiedlung komme ich auf einen Parkplatz bei einem kleinen Yachthafen. Hier lasse ich Gesa kurz stehen und laufe mit der Kamera ein kleines Stück. Das Wasser in der Neustädter Bucht ist grüngrau und vom Wind ziemlich aufgepeitscht.
Hier ist der Wind noch mal ein gutes Stück kräftiger als im Binnenland. Ich laufe am Wasser entlang, bis ich bei den ersten Häusern stoppe. Hier etwa muss damals das Hotel Julienbad gestanden haben, wo sich meine Urgroßeltern verlobt haben. Das war 1897. Es muss dort einen gewaltigen Baum mit Bänken im Geäst gegeben haben, so daß man in seiner Krone sitzen konnte. Davon ist nichts mehr zu finden.
Ich drehe um und kehre zu Gesa zurück. Gesa ist auch immer noch da und nicht in der Zwischenzeit weggelaufen. Und auch alles was ich bei ihr gelassen habe, ist noch an seinem Platz.
Durch das Wohngebiet kehre ich zur Hauptstraße zurück. An der Kreuzung stehen Leute mit sonderbaren Lätzchen um. Das sind anscheinend Begleiterinnen einer Kinder - Fahrradgruppe. Es gelingt mir, vor dem Feld auf die Straße zu gelangen und ich komme ohne Verzögerung weiter. Ich nähere mich auf der Landstraße an die Autobahn an, biege aber nach ein paar Kilometern wieder in Richtung Ostsee ab. Ich lande wieder auf der B501.
Auf ihr geht die Fahrt flott, störende Autos überhole ich, bis irgendwann aus dem Nichts eine Linksabzweigung auftaucht. Das wäre Ihre Bundesstraße gewesen. Das wird mir aber erst klar, als ich in Dahme auf bewohntes Gebiet stoße. Da ist von Bundesstraße keine Rede mehr. Ich schaue, ob ich dann wenigstens noch was vom Meer sehen kann, aber es wird schwierig mit dem Parken. Also nutze ich den anderen Abfluss von Dahme und verschwinde wieder. Nach diesem unnötigen Schlenker bleibe ich der B501 treu, bis ich auf Steuerbord einen hohen Turm sehe. Da muss ich abbiegen. Hier in der Nähe gibt es einen Cache, das habe ich mir vorher schon rausgesucht, den hebe ich auf jeden Fall. Ich stoppe an einer geeigneten Stelle und schaue mir noch mal die Beschreibung an. Ja, das ist hier. Der Cache ist dann tatsächlich rasch gefunden und ich kann weiterfahren. Ein paar Spritzer Regen begleiten mich.
Durch Lütjenbrode komme ich nach Großenbrode. Hier schlängele ich mich durch, bis ich auf eine kleine Straße gelange, die nach Großenbroderfähre führt. Dabei überhole ich eine Fahrradfamilie, deren Sohn Schlangenlinien fährt und erst mal zur Ordnung gerufen werden muss.
In Großenbroderfähre habe ich entweder Tomaten auf den Augen, oder ich deute die Schilder verkehrt. Es sieht alles nach Privateigentum aus. Von hier scheine ich keinen Blick auf die Fehmarnsundbrücke zu haben. Also zurück. Ich gebe gerade Gas, Halt!, da eben war doch ein schöner Blick. Ich laufe drei Schritte zurück und mache mein Bild. Dann geht es weiter.
Schon als Kind wollte ich immer mal über die Fehmarnsundbrücke fahren. Meine Großmutter hatte als Andenken so einen kleinen Gucki, in Form eines Fernsehers, bei dem man Bilder von der Insel Fehmarn durchklickern konnte. Dabei war natürlich auch das berühmte Bild mit der Brücke und dem Zug, der da drüber fährt. Das hatte mich schon immer fasziniert. Dann hatte ich Anfang dieses Jahres in den Nachrichten auf NDR 90,3 gehört, daß es nicht ausgeschlossen sei, daß diese Brücke abgerissen werden muss. OH NOO! Nicht bevor ich da einmal drübergefahren bin! Das werde ich nun tun!
Ich biege auf die Bundesstraße ein und gebe Gas. Kurz vor der Brücke halte ich, etwas neben der Legalität, an und mache ein Bild, dann fahre ich auch schon drüber.
Gesa schau! Der Fehrmarnsund! Die Ostsee! Wir fahren drüber! Der Wind ist hier oben, im Nichts zwischen Himmel und Wasser, noch mal eine andere Hausnummer als an Land. Auf Fehmarn angekommen, biege ich gleich an der ersten Abfahrt wieder um. Eigentlich hatte ich vorgehabt, noch ein Stück weiter nach Norden, vielleicht bis zum Niobe - Denkmal, zu fahren. Aber ich habe am Nachmittag eine Verabredung und die Zeit drängt nun wirklich so langsam. Sonst werde ich zu spät kommen. Ich muss meinen Streckenplan zusammenstreichen.
Kurz vor der Brücke halte ich noch mal an und mache ein paar Bilder, dann geht es wieder zurück zum Festland. In Heiligenhafen habe ich dann noch etwas zu tun.
Seit einiger Zeit begleitet mich ein Trackable, das ist ein reisender Gegenstand aus der Welt des Geocachings. Es ist Pelle, ein Schaf von der Insel Pellworm, dessen Aufgabe es eigentlich war, einmal zur Ostsee und zurück zu reisen. In der Nähe von Frankfurt, fernab der Ostsee, ist er mir in die Hände gefallen und er hat dankbar als Model bei einer meiner "Wolli" - Folgen mitgespielt.
Hier ist nun der ideale Ort für ihn, um auszusteigen. In Heiligenhafen gibt es einen Cache, der Umsteigeort für solche Reisenden ist. Bei ihm halte ich an. Den Behälter habe ich auch rasch gefunden und ich verabschiede mich von Pelle. Aber - was ist das? Da ist bereits ein Schaf drinnen, das weiterreisen möchte. Na, das kann ja kaum hierbleiben, entschließe ich und nehme es mit. Nun muss ich aber wirklich weiter, keine Zeit für Sentimentalitäten.
Ich rolle durch Heiligenhafen und Oldenburg und lande bald drauf auf der B202. "Kiel" steht auf dem Wegweiser. Denn man tau! Auch für diesen Teil der Strecke hatte ich mir eigentlich eine etwas andere Route ausgedacht. Eigentlich hätte es Richtung Schönberg gehen sollen, Laboe vielleicht, auf jeden Fall nicht auf der Bundesstraße. Die Zeit drängt jedoch und so gebe ich Gas. Zumindest versuche ich es. Das Kennzeichen "OH" ist anscheinend so ähnlich wie bei uns hier unten "OF" oder "EMS". Die Fahrer haben eine etwas eigene Fahrweise und vor allem ihr Fahrzeug anscheinend noch nie auf über hundert Sachen gebracht. Sicher entschuldigen sie sich jedes Mal, wenn sie aufs Gaspedal treten. Ich bekomme lange Zähne. Ein bisschen hat es was von einem Schildkrötenrennen. So zuckele ich an Lütjenburg und am Selenter See vorbei.
Was mich etwas dabei versöhnt, das ist die tolle Landschaft. Die weichen Hügel, das satte Grün, das schöne Licht. Mittlerweile ist auch die Sonne zurückgekehrt. Bei Schwentinental komme ich auf die B76, ich nähere mich dem Ziel. Die Bundesstraße ist autobahnähnlich ausgebaut und sticht besonders durch ihren Baustellen- und Verkehrsreichtum hervor. Zum Teil geht es nur im Schleichtempo vorwärts. Ich drängele mich ein wenig vor, denn die Uhr in Gesas Anzeige ist unbarmherzig.
Da ist endlich die Abfahrt in Richtung Bahnhof / City. Nichts wie runter hier. Der Verkehr in der Stadt ist etwas flüssiger. Ich kann in Richtung Hafen abbiegen und komme gut voran. Nun nur noch das Hotel finden. Es ist schon halb vier durch. Ich komme einen Hügel hochgefahren. Das kann irgendwie nicht sein, sagt mir mein Gefühl. Ich stoppe und schaue im Händi nach der Adresse. Ich muss zurück. Nach ein paar hundert Metern kann ich es schon sehen. Dort muss ich in das Parkhaus fahren. Ich ziehe ein Ticket und rolle die Wendel hoch. Das Parkhaus ist ein Sechzigerjahrebau. Erst geht es in einer engen Kurve nach oben und dann muss man sich die einzelnen Parkdecks über kleine Rampen erschließen. Ich finde die Abzweigung zum Hotelparkplatz. Nanu, der liegt ja im Freien! Ich muss mein Ticket noch mal in eine Säule stecken, die Schranke öffnet sich und ich rolle auf das zum Parkdeck ausgebaute Dach eines Gebäudes. Da drüben ist ein Schild mit Hinweis auf das Hotel. Da ist auch noch ein freier Platz, da kommt Gesa nun drauf. Ich bocke sie auf und beeile mich, daß ich das Gepäck heruntergenestelt bekomme. Die Rezeption befindet sich auf der gleichen Ebene wie das Parkdeck. Die Dame erklärt mir etwas umständlich, wie ich zu meinem Zimmer gelange und wie ich es öffnen kann. Dann hält sie mir die Tür aber noch auf und ermahnt mich, gleich noch mal zum Bezahlen herunter zu kommen. Ich aste mit meinem ganzen Gepäck die Treppe hoch und finde mein Zimmer auch in der Nähe des Treppenhauses. Uff!
Blitzeschnelle reiße ich meine Klamotten aus der roten Rolle, ziehe ich mich um, bürste die Haare, spritze mir etwas Wasser ins Gesicht und äppe kurz den Stand der Dinge durch. Es ist praktisch bereits vier, da wollte ich eigentlich schon da sein. Mist! Ich werfe die Dinge, die ich zu brauchen glaube, in den Rucksack und mache mich auf den Weg. Ich bin total aufgeregt!
Ich bezahle rasch das Zimmer, ein seltsamer Brauch - aber wenn es denn so gewünscht wird - und stürze auf die Straße. Links rum, absolutes Eiltempo! Zick - Zack! Ich schaue auf dem kleinen Plan, den ich von der Rezeption habe, wo ich lang muss und bahne mir den kürzesten Weg. Um Viertel nach Vier betrete ich dann leicht ausgepumpt das Chelsey. Eine gutaussehende große, dunkelhaarige Frau empfängt mich fröhlich: Svenja! Die Frau, die daran Schuld ist, daß ich heute tatsächlich Motorrad fahre und auch noch das Zelten angefangen habe. "Endlich mal wieder eine große Frau!" ruft sie aus, als sie mich sieht. Bislang kannten wir uns nur aus unseren Blogs, hatten lockern Kontakt, aber es ist sofort ein Gefühl, als ob wir uns schon ewig kennen würden. Bei Kaffee und Limonade sitzen wir stundenlang in dem gemütlich eingerichteten Café zusammen und klönen. Übers Motorradwandern und über Fotografie. Ich zeige ihr ein paar Bilder, die ich auf dem Ipad habe und im Handumdrehen ist es kurz nach acht. So langsam muss sie nach Hause, denn sie hat morgens stets einen frühen Dienstbeginn. Ich begleite sie noch ein Stück, es ist nicht weit vom Chelsey. Unterwegs lerne ich noch Claudia kennen, sie wohnt bei Svenja um die Ecke und Svenja ruft sie kurz ans Fenster. Wir unterhalten uns ein paar Takte und dann müssen sich wirklich leider schon wieder unsere Wege trennen. Aber das wird mit absoluter Sicherheit mal wiederholt werden! Das schreit regelrecht danach! Schade, daß Kiel so weit weg ist!
Svenja hatte mir noch geraten, mir das Rathaus anzuschauen, das liegt auf dem Weg. Und in der Tat, es ist ein beeindruckender Bau. Gegenüber ist das Opernhaus. Ein Bläser des Orchesters übt bei geöffnetem Fenster. Es ist eine ganz eigentümliche Atmosphäre, als ich im Hof des Rathauses stehe. 
Ich lasse das einen Moment auf mich wirken und beschließe dann, noch ein wenig das schwindende Licht zu nutzen. Außerdem muss ich Gesa noch für die Nacht fertig machen. Und eine Kleinigkeit essen, das wäre auch fein.
Im Parkhaus, nachdem ich mich um Gesa gekümmert habe, gehe ich nach ganz oben. Vielleicht hat man ja von da einen schönen Blick. Aber es gibt in dem Sinne kein Oberdeck. Über dem obersten Deck ist ein Dach. Also schaue ich nur vom verdrahteten Fenster aus auf den Hafen.
Nun, da es sich tatsächlich anschickt dunkel zu werden, sollte ich den Programmpunkt "eine Kleinigkeit essen" angehen. Dabei stelle ich fest, daß das in Kiel zu dieser Uhrzeit nicht mehr ganz einfach ist. Die Bürgersteige werden hier recht früh eingeklappt. Das Chinesische Restaurant, das sich im Haus befindet, ist dauerhaft geschlossen, da gibt es nichts für mich.
Dennoch finde ich in der unmittelbaren Umgebung des Hotels ein Lokal, das noch geöffnet hat und auch noch Küche anbietet. Auch wenn ich der einzige Gast bin und bald drauf schon Bestrebungen bemerke, die auf Feierabend hindeuten. Das Essen ist gut und günstig, es scheint sich um ein Lokal zu handeln, in dem hauptsächlich Studenten verkehren. Dementsprechend ist alles ein wenig peppig eingerichtet. Nach dem Essen beschließe ich, den Feierabend der Leute nicht weiter hinauszuzögern und gehe rüber zum Hotel. Außerdem bin ich auch ein kleines bisschen müde.
Es dauert auch nicht lange, bis ich schließlich im Bett verschwunden bin und nachdem ich den Rest meiner Tageserlebnisse aufgeschrieben habe, fällt mir schon fast der Stift aus der Hand. Also, gute Nacht!




Meine Güte, was für ein Tag! Was habe ich heute wieder alles erlebt! Ich bin wieder an Orten gewesen, die mit meinen Vorfahren zu tun haben, ich bin durch das wirklich herrliche Schleswig Holstein unterwegs gewesen und ich habe am Ende des Tages eine unheimlich tolle, nette Frau live kennenlernen dürfen. Dieses ganze Glück kann ich noch nicht ganz fassen. Klasse!
Gefahren bin ich heute 292 Kilometer, viele davon bin ich gegen den Wind gegenan getobt, das laugt aus, aber ich bin durch die tolle Landschaft reich entlohnt worden.
Für das Zimmer in Hamburg habe ich für zwei Nächte im Hotel Blankenese 130,- Euro bezahlt. Das klingt happig, die Garage ist dafür aber frei gewesen und das reichhaltige Frühstück inklusive. Für Hamburg geht der Preis in Ordnung.

20 Kommentare:

  1. Es macht Spaß, Schleswig-Holstein einmal durch DEINE Augen zu sehen. Schon erscheint es mir nicht mehr ganz so triste, geradeaus, platt und langweilig. Aber das ist sicher die Gewöhnung, in den 80ern bin ich wie blöde durch SH geheizt und hab mir alles ein Dutzend Mal angesehen,Kaffee getrunken und im Büsumer Hafen Fischbrötchen gegessen.
    Oh, danke, dass du unser Treffen so schön darstellst. Ich hab es ebenso empfunden und hab fast ein schlechtes Gewissen, dass ich so früh los musste, aber abends brech ich tatsächlich immer sehr früh ab. Volker kann ein Lied davon singen.
    Vielleicht treffen wir uns ja mal wieder auf der Straße? In Kiel, bei dir im Süden oder ganz woanders?!
    Drück dich.
    Svenja

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    1. Oh ja, ich merke das ja auch, daß die eigene Umgebung irgendwann etwas ausgefahren ist. Man hat die wesentlichen Ecken gesehen, meint man zumindest, und langweilt sich ein bisschen. Das kenne ich schon aus der Zeit, als ich damals das Auto neu hatte. Da war ich auch Kilometer um Kilometer hier über Land gefahren, bis ich irgendwann das Interesse verlor. Jetzt mit dem Motorrad entdecke ich Manches wieder und auch Neues kann ich immer wieder finden. Mitunter braucht man mal ein paar Jahre, in denen man sich woanders aufhält und in andere Richtungen fährt. Dann macht einem vielleicht die eigene Umgebung wieder Spaß.

      Unser Treffen war wirklich Oberspitzenklasse! So etwas müssen wir bei allernächster Gelegenheit mal wiederholen!
      Wir treffen uns garantiert irgendwo wieder!

      Ich drücke Dich auch!
      Ganz viele liebe Grüße,
      Minya

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    2. Weißt was?! Das wäre doch mal eine tolle Tour im Frühjahr: Ich stelle mein Heimatland vor und bereise alle Ziele noch einmal neu, so als wenn ich sie noch nie gesehen hätte. Das könnte Spaß machen.

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    3. Das ist eine ganz tolle Idee! So etwas in der Art habe ich im letzten Herbst ja gemacht, die Tour war zwar nicht so lang, aber es war das erste Mal, daß ich so etwas wie Urlaub in dem Bundesland gemacht habe, in dem ich wohne. Da habe ich auch viel gesehen, was ich so noch nicht kannte.
      Sich einfach mal die Zeit nehmen, was man kennt neu zu entdecken. Und mit der Kamera in der Hand sieht das auch noch mal wieder anders aus.

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  2. Ein herrlicher Bericht. Ich liebe diese weit einsehbare Landschaft sehr. Der Harz vor meiner Haustür ist schön, aber mir oftmals zu "muckelig". Man kann so wenig erahnen, was als nächstes kommt. SL hat da bessere Landstriche für mich, und ich denke, in der nächsten Saison werde ich da oben "einfallen" und mich gemütlich umsehen. Danke Dir für diesen schönen Bericht!

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    1. Schleswig Holstein ist wirklich schön! Auch wenn es vielleicht nicht das Kurvenparadies ist, wie der Harz, es hat andere Qualitäten. Das Licht, die Landschaft, das Grün, die kleinen Ortschaften. Und natürlich: Das Meer. Zwei davon sogar. Es wird Dir sicherlich gefallen. Noch dazu wo es dort so herrlich einsame kleine Straßen gibt...

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  3. @ Svenja: Stimmt! *währendicheineMelodiesumme* ;-) In der Woche bist du früh weg, AAABER am Wochenende kannst du auch die Sau rauslassen *lach* http://www.mysvenja.blogspot.de/2010/12/die-adventsparty.html
    Ich erinnere mich übrigens sehr gern an diese Tage! :-)
    @ Minya: Juhuuu! Du fährst durch eine Gegend, die ich auch ein wenig kenne. In Großenbrode, genauer Großenbroderfähre haben wir (als ich noch richtig, richtig klein war) Urlaub gemacht, genau neben der kleinen Bucht, die vom Festland aus betrachtet rechts vor der Brücke liegt. Quasi genau da, wo du wegen der Privatstraßen nicht weiterfahren konntest.
    2010 habe ich eine kleine Rundreise mit dem Auto durch die alten Urlaubsorte meiner Familie gemacht: Großenbrode, Heiligenhafen, Weissenhäuser Strand, Kalofornien, Laboe, Damp, Nordstrand, Dagebüll, Büsum, Tossens... und habe bei einem Freund auf Langeoog den Abschluss gemacht. Eine für mich sehr wichtige Reise (in Kiel im Chelsey saß ich damals auch :-) ), an die ich mich gern in allen Facetten erinnere. Einen ähnlichen Stellenwert wird diese Reise für dich sein, denke ich. Nur dass du mit dem Motorrad noch das Sahnehäubchen aufgesetzt hast- und darum beneide ich dich sehr!
    Eine echt dolle Runde, die mich -als Unbekannten- durchaus berührt. Weil ich mich in einigen Orten "wiedererkenne"? Ich weiß es nicht.
    Bitte berichte weiter!
    Sonntags Svenja, Freitags Minya, zwischendurch immer mal Funny und Heike- schööön! *seufz*

    :-)

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    1. Das ist ja witzig! Freut mich, daß ich Dir hier auch mal etwas zeigen kann, wo Du auch schon gewesen bist!
      Nach Laboe und Kalifornien wollte ich eigentlich auch noch, das hat aber wegen der Zeit nicht mehr hingehauen. Da hätte ich mich endgültig verzettelt. Aber - aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich werde mit Sicherheit wiederkommen und dann nehme ich mir mehr Zeit in Schleswig Holstein. Vielleicht hänge ich dann noch einen kleinen Abstecher nach Dänemark dran. Die Broager Kirche reizt mich zum Beispiel noch. Und nach Missunde möchte ich mal wieder und nach Bohnert und und und...
      Mal sehen, was noch alles kommt!

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  4. Mit der Tour hast Du nun knapp meinen Geburtsort Neumünster verpasst (nicht, dass es da etwas Sehenswertes gäbe...). Fühl mich heute besonders heimisch in Deinem Bericht ;-)

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    1. Hihi! An Neumünster bin ich tatsächlich vorbeigeschrabbt. Hätte ich das gewußt, hätte ich natürlich einen Schlenker dort eingelegt. Zumal ich glaube noch nie in Neumünster gewesen zu sein. Außer mal mit dem Zug durchgefahren. Aber das gildet natürlich nicht. :)

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    2. In Neumünster bin ich aufgewachsen. Eine grässliche Stadt, aber trotzdem fühle ich mich dort noch immer sehr zu Hause. Merkwürdig, was die kindliche Prägung mit uns macht.

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    3. Da hättet Ihr Euch ja fast schon mal über den Weg laufen können! Das ist ja spannend!

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  5. Ware noch nie da oben, weil es auch nicht gerade um die Ecke ist! Nimmst mich nächstes mal einfach mit....

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    1. Und dabei ist Norddeutschland so schön. Da hast Du wirklich etwas verpasst bis jetzt. Gerade Schleswig Holstein ist landschaftlich sehr reizvoll. Das Land zwischen den beiden Meeren ist zudem lange nicht so platt und gerade wie man immer denkt...
      :)

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  6. *Heb die Hand*

    Hallo! Ich bin auch eine große Frau und im Norden zu Hause. Da wäre ich gern dabei, wenn Minya uns durch unsere Heimat führt. :-)

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    1. Ja, schade, daß das im Sommer noch nicht geklappt hat! Aber wenn ich mit Gesa wieder einmal Norddeutschland, insbesondere Schleswig Holstein bereise, dann bist Du auf jeden Fall mit dabei. Nicht nur im Nachhinein am Bildschirm.

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  7. Ich fand Deine Geschichte von Pelle so nett, dass ich mich jetzt einmal über Geocaching informiert habe. Also das Prinzip war mir vorher grob klar, aber wie es tatsächlich funktioniert und auch die Organisation der ganzen Geschichte war mir bislang nicht bekannt.

    Durch Pelle habe ich mich aber an meine Begegnung mit Rioja erinnert. Ein kleiner weinroter Teddybär, der über Book-Crosser durch die Welt gereist ist. Sein Köfferchen füllte sich mit Souvenirs und der jeweilige Betreuer bekam irgendwann eine Nachricht vom Bärenvater, wohin er Rioja als nächstes schicken soll. Das ist bestimmt schon 10 Jahre her, aber ich fand es super schön.

    Sollte ich Pelle also in Heiligenhafen vorfinden, werde ich ihn ein Stückchen mitnehmen. Ich bin ja öfter da zwischen den Meeren unterwegs :-)

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    1. Ja, Pelle! Der ist, so die letzte Meldung zur Zeit in Nordnorwegen. Ich bin sehr gespannt, wie es mit ihm weitergeht!
      Ich bin immer wieder fasziniert, was es alles an Paralleluniversen gibt, von denen man nichts weiß. Das Bookcrossing ist auch so eines. Da reisen Gegenstände durch die Welt, es gibt geheime Orte, die gefunden werden müssen, dort gibt es wieder einen Gegenstand, der weiter möchte und so weiter. Das alles spielt ich ab, ohne das der "normale" Mensch etwas davon mitbekommt. Der ein oder andere mag sich vielleicht wundern, wieso da immer so Leute an der einen Ecke rumlungern... :)

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  8. Ich bin in SH aufgewachsen. *soifz* Aber wenn ich deinen Bericht so lese, muss ich ehrlich sagen, so habe ich das Land meiner Kindheit noch nie betrachtet. Wird Zeit mal wieder hinzufahren. Das Gelbschen kennt nur Süddeutschland und was südlicher davon liegt.

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    1. Da wird es buchstäblich höchste Eisenbahn. Denn dieses Jahr fährt noch der Autozug. Mit dem könntest Du recht bequem nach Hamburg gelangen und von dort nach Schleswig Holstein. Oder noch weiter. Das Land ist nicht nur flache Ebene mit Regen und Wind, sondern auch liebliche Landschaft, mit sanften Hügeln, kleinen Straßen, schönen Blicken und saftigem Grün im Sonnenschein.

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