Donnerstag, 11. Februar 2016

Wenn es wärmer wird...

+++05.02.2016+++
Ich hatte ja einfach keine Chance. Überhaupt keine. 
Es ist Sonnabend, die Sonne lacht, es sind bald 14 Grad draußen. Hey! Abfahrt! 
Um kurz vor zwei geht das Garagentor auf und ich rolle rückwärts mit Gesa auf den Hof. Ein kurzer Druck auf die Startertaste - brrrmmm! 
Der Motor läuft. Ich lasse das Garagentor runter und kicke den Gang rein. Die Richtung ist rasch entschieden, der Daumen schiebt den Schalter nach rechts. Am Straßenrand an der Bushaltestelle sitzen Verkleidete, es ist der Sonnabend vor Rosenmontag. Es wird mit Anhäufungen von Narren zu rechnen sein.
Das druchgestrichene gelbe Schild hinter mir gelassen und vorsichtig Gas gegeben, der Motor ist ja noch kalt. Ich rolle durch den Mainzer Speckgürtel. "Wenn es wärmer wird! Wenn mich nichts mehr halten kann...!" - den alten "Datzu"- Hit habe ich haargenau im Ohr und trällere ihn fröhlich in meinen Helm.
Auf der Landstraße kommt mir der erste Biker entgegen. Seine Maschine höre ich schon eine ganze Weile kreischen. Zack! Arm raus, Gruß erwidern, weiter. Grinsen. 
Hinter Nieder Olm winkt ein blaues Schild. Ein Blick auf die Tankanzeige, das passt, ich setze den Blinker und nehme Fahrt raus. Es ist nicht viel los auf der Tanke und ich kann gleich an eine Säule rollen. Den Helm und die Sturmhaube ab und dann den Rüssel in die Tanköffnung gesteckt. Die Zapfsäule knurrt, es plätschert dumpf im Tank. Nach guten acht Litern ein trockenes Knacken. Ich lasse noch mal ein paar kleine Stöße in den Tank laufen, dann ist es gut und ich hänge die Pistole zurück. 
Noch rasch bezahlt und dann weiter. Ich fahre auf die Straße in Richtung Wörrstadt auf und biege nach ein paar Metern auch schon wieder links ab. "Udenheim" steht auf dem Schild. Hier sind wir auch mit der Fahrschule langgefahren. Es geht den Berg runter und dann scharf rechts. Kostümierte an der Straße. Da war doch dieses Schild... Richtig, hier ist der Umzug noch im Gange. Ich steuere vorsichtig um die Kurven. Da stehen auch schon ein paar Autos vor mir. Vorne sperren zwei Feuerwehrleute die Straße ab. Ein rotes Fahrzeug blockiert die Fahrbahn. Es ist ein offener Wagen, auf seiner Ladefläche sehe ich Leute stehen, die mit Gegenständen werfen. Typisches Verhalten auf einem Karnevalsumzug. Konfetti fliegt, Arme werden gereckt, dann biegt der Wagen ab und die beiden Feuerwehrleute geben die Straße wieder frei. Ich rolle weiter. Der Spuk ist schon vorbei.  
Durch Schornsheim fahre ich genauso vorsichtig, es könnte ja sein..., aber hier ist niemand auf der Straße. Ich schlängele mich durch die Rheinhessische Landschaft, durch Gau Odernheim, meinen Angstkreisel vom vorletzten Jahr, in Richtung Alzey. Vor mir in der Ferne ein Motorradfahrer. In Alzey, gleich am ersten Kreisel kommen mir noch zwei entgegen. Arm raus, grüßen, weiter. Grinsen. Am nächsten Kreisel ein kurzes Gekappel mit einer Radfahrerin, die sich einfach so mit in den Kreisel mogelt, obwohl sie noch nicht dran ist - aber mich hält das nicht lange auf. Bald schon bin ich aus der kleinen Stadt wieder draußen und gebe Gas. Gesa schnurrt, die Landschaft wird schneller. 
In flotter Fahrt geht es in Richtung Flomborn. In Ober Flörsheim ist dann eine Umleitung eingerichtet. Wieder ein Umzug. Ein schwarzer, tiefergelegter Benz- Kombi folgt mir dicht. Seinetwegen werde ich aber nicht schneller fahren auf diesem Weg. Und ich werde auch nicht über die Autos vor mir drüberspringen. Als Autos entgegenkommen und ich mich noch gut durchschlängeln kann, bin ich ihn los. 
Vor Monsheim kommt mir wieder ein Biker entgegen. Kurz hinter Monsheim habe ich ihn dann plötzlich hinter mir. Nanu, wo kommt denn der her. Ich fahre extra weit rechts, aber er bleibt hinter mir. Auch durch Bockenheim hindurch bleibt er hinter mir. Nach dem Ort überhole ich einen vor sich hinstinkenden Kleinbus, der Typ weiter hinter mir. Im Augenwinkel auf einmal etwas rosanes. Da blühen tatsächlich schon die Mandelbäume! Es ist der sechste Februar!  
Kurz vor Grünstadt schließlich überholt er mich. Ich fahre zwar mittlerweile was bei 120, aber das war ihm dann wohl doch zu lahm. Am nächsten Kreisel sehe ich ihn wieder, er biegt nach Altleiningen ab. Sorry, da will ich heute nicht hin. Ich fahre geradeaus weiter, in Richtung Bad Dürkheim. 
Dort angekommen, biege ich auf die Straße in Richtung Kaiserslautern ab. An der Tankstelle weitere Biker. Es haben also doch nicht alle ein Saisonkennzeichen. Sieh an. Der große Parkplatz vor der Saline ist voll bis auf den letzten Platz. Die blechernen Dächer glänzen in der Sonne. Es sieht aus wie tausend kleine Seen. Ich schlängele mich aus Bad Dürkheim wieder hinaus. Hinter mir hängt wieder ein Biker. Ich lasse mich aber nicht anschubsen, ich möchte was sehen. Im nächsten Ort, Hardenburg, grüßt eine Burgruine vom Berg. Ich bin angetan. Eine schöne Gegend. 
Nur der Typ in der kleinen Blechbüchse vor mir stört. Der muss weg. Als ich überholen kann, kommt es fast zu einem kleinen Missgeschick, der hinter mir glaubt, nur weil er die vermutlich schnellere Maschine hat, darf er als erster überholen. Ist nicht so. Das ist aber rasch geklärt und wir lassen den Dosling seinem Schicksal weiter entgegenfahren. Nur jetzt hinter uns. Der Biker hinter mir gibt nun Gas, zischt an mir vorbei und verschwindet in der Ferne. Nun habe ich die Straße für ein paar Kilometer für mich alleine. Nur die tiefstehende Sonne stört etwas. Sonnenblende rauf, Sonnenblende runter. Immer ein paar Meter blind. So schunkele ich gemütlich durch das Jägertal und den tiefgrünen Wald. 
Hinter Frankenstein wieder Blech vor mir. Leider auf beiden Spuren, so daß ich nicht vorbei komme. Aber die stören nicht lange, ich bin rasch an ihnen vorbei und lasse sie im Rückspiegel kleiner werden. An der Einfahrt nach Kaiserslautern eine Kaserne. Von wegen, die Amis sind alle abgezogen. Hier nicht. Ein gelbes Schild taucht auf, es geht nach Mehlingen. Da biege ich ab. Es geht etwas bergauf, ein Kreisel dann wieder runter. Rechts und links Kasernen. Unten an der Kreuzung fällt mein Blick auf futuristische weiße Zapfsäulen mit roter Aufschrift. „Tesla“ - Das ist eine Stromtankstelle! Ja, sollte es denn? Kopfschüttelnd biege ich ab. Wie oft bin ich diese Straße schon gefahren. Da gab es noch keine Autobahn und das war der Weg nach Mainz. „Deutsche Imbißstraße“ wollten wir sie schon nennen, weil es so viele Buden gab. Davon ist nichts mehr zu sehen. Die Autobahn gibt es nun bald zwanzig Jahre, seit bald dreißig Jahren modern ein paar verlassene Häuser schon vor sich hin. Es weht ein Duft von Osten. Die Häuser wirken verwaschen und grau. Es ist nicht mehr viel los auf dieser Straße und rasch bin ich in Kirchheimbolanden. Viel schneller als früher.
Die Kreisel geschnupft und schon geht es weiter nach Alzey. 
Auf der Hochebene kann ich es richtig fliegen lassen. Niemand stört. Frische Luft um mich herum. Den Wind, der bisher von vorne kam, habe ich nun im Rücken. So bin ich nach wenigen Minuten in Alzey. Hier ist mittlerweile auch alles ruhig. Wieder zwei Biker, dann bin ich auch schon aus der Stadt. 
Durch Gau Odernheim fahre ich auch auf dem Rückweg. Allerdings nun weiter in Richtung Wörrstadt. Dort gibt es noch einmal einen kurzen Moment in dem ich aufpassen muss, denn es sind Narren unterwegs, aber die können mich nicht lange aufhalten. Rasch noch den Kleinbus hinter mich gebracht, dann hoch zum Sender Wolfsheim und am Kreisel abgebogen. In Partenheim setzt sich noch ein Versysfahrer vor mich. Der biegt aber in Stadecken ab. Ich fahre weiter in Richtung Mainz und es dauert nun nicht lange, da tickt Gesa auch schon wieder in ihrer Garage.


Das waren bei fabelhaftem Wetter mal eben um die 180 Km gewesen. Ein toller Nachmittag on the road, den viele andere Kradisten auch auf ähnliche Weise genossen haben.

25 Kommentare:

  1. Wir fuhren Heuer noch keine Tour.....aber der Tag wird kommen, evtl schon mit der Orangenen....

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    1. Na, da hoffe ich, daß Du die Orangene bald in die Arme schließen kannst! Sonst musst einfach mit der Zecke eine Runde drehen!

      A propos Heuer! Der hat sich grad bei mir gemeldet und will Infos für dieses Jahr verteilen...

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  2. Und ich dachte im Voralpenland ist die bessere Bikegegend.....schxxx Wetter. ..

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    1. Ich denke, wenn die Sonne scheint, es milde ist und das Frühstück geschmeckt hat, dann ist überall die beste Bikegegend...
      In diesem Sinne! :) Hoffentlich kannst Du auch bald raus!

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    2. Nicht am Niederrhein, außer, wenn man Kreisverkehre als Kurven gelten lässt :-D

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    3. Und Gegenden um Bremen... Aber auch da schienen die vorhandenen Kradisten gerne zu fahren. Vielleicht vermissen sie die Kurven nicht, weil sie sie nicht kennen.

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  3. Klasse Bilder, welche Kamera benutzt Du dafür? ;-)

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    1. Dankeschön! Welche Kamera? Ich habe sie mit einer App, die heißt "Sketches", auf dem Ipad gemalt.

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  4. Die Bilder haben was; gefällt mir gut.

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    1. Dankeschön! Ich hatte schon lange mal auf so einer Illustration herumgedacht.

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  5. Sehr g*eil und mal was anderes. Richtig gut gefällt mir ja der Narr (auch wenn ich als Rand-Rheinländer so gar nicht auf Karneval kann) :-)

    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Winterbiker eher zum Grüßen neigen. Vielleicht, weil sie sich so freuen, einen Gleichgesinnten zu sehen!?

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    1. Mit dem Fasching habe ich ja abstammungsmäßig auch eher nichts zu tun. Ich betrachte das immer mit einer gewissen Verwunderung.(und halte mich aus der Stadt in den neuralgischen Tagen fern)

      Das ist mir auch aufgefallen! Im Winter gehört man auf zwei Rädern ein bisserl mehr zusammen als sonst.
      Außer die Reiter von kleinen Dukes. Die freuen sich das ganze Jahr über wie Bolle, wenn einer grüßt.

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  6. Sehr gut illusioniert. Isoliert? Illustriert... ja, eben dargestellt :-) Eine schöne Beschreibung eines außergewöhnlichen (wegen der Jahreszeit) Tages, vielen Dank! :-)

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    1. Isoliert illusionierend illustriert. So ähnlich. Das, genau das, war mein Hintergrund. :)

      Wenn das Wetter so dermaßen lockt, was kann man da noch groß anderes machen?

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    2. Hihi, aus der Sicht einer nicht-motorradfahrenden-Lebenspartnerin sehr viel. Möbel, Tapeten, Garten, Keller, Dachboden, Auto... *augenroll* ;-)

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    3. Ah, ich verstehe! "Motorrad kannst Du doch den ganzen Sommer über fahren...!" - auch eine Ansicht. Du hast sie anscheinend noch nicht infiziert mit dem Moppedvirus.

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  7. Antworten
    1. Liebe Grüße zurück nach Hamburg! War es bei Euch auch heute schön sonnig aber kalt? Mir sind bald die Finger abgefroren. Trotz dicker Handschuhe und Griffheizung...
      :)

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  8. Rückwärts aus der Garage gerollt und …. Schwupps geht‘s los :-)
    So gut möchte ich es auch mal haben. Bei mir heißt es immer: Auto raus, dann die „X“ und sie in 7 Zügen wenden …. dann geht’s los ;-)
    Schön, dass du mal wieder was gemalt hast – ist schon was ganz besonderes!

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    1. Da hab ich es echt gut. Ich muss lediglich ein paar Schritte laufen um zur Garage hin zu kommen. Dafür kann ich dann am Auto vorbeizirkeln und mich einfach auf den Hof rollen lassen. Und dann vorwärts los.

      Ich muss mal sehen, daß ich beim Malen die Technik etwas verfeinere. Bei "Wolli" - mit einer anderen App - klappt es etwas besser. Aber der wahre Jakob ist dieser dicke Stift noch nicht.

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  9. Alles schon gesagt, schreibe ich halt keinen Kommentar.

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  10. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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