Donnerstag, 21. April 2016

Gegen das Böse Buben Image. Ausprobiert: Kawasaki KLX 250

Ein junger Mann mit weiß- grünen Klamotten läuft vor mir her und schaut sich suchend um. Überall Leute. Und Motorräder. Ich rufe ihm zu und mache Zeichen. Da drüben, da steht sie. Er fasst sich an die Stirn und schlängelt sich zur Maschine durch. Vorne links, da gibt es eine Lücke, da kommt man noch auf die Strasse. Er schiebt das Motorrad vor. 
Viel zu erklären gibt es nicht, es gibt keine Automatiken, keine Systeme, die irgendwo eingreifen, oder von mir zu beeinflussen wären. Vor mir steht einfach nur ein Motorrad. Er dreht den Schlüssel und drückt auf den Startknopf. Iidididieeepftpftpft... Ich bin begeistert. Ich schlage die Hände zusammen. Entzückt schaue ich auf das grün, schwarz, weiße Fahrzeug vor mir. Solche Geräusche hatte meine Dampfmaschine auch gemacht. Nur gibt es hier keine Schublade für das Esbit. Leise, im Geräuschpegel der umstehenden Leute fast unhörbar, läuft der kleine Einzylinder. Ich schwinge mich in den Sattel und klappe den Ständer hoch. So also fühlt es sich an, wenn Svenja auf große Fahrt geht! Ich habe zwar weder Pieps, noch einen Tankrucksack, oder die rote Ortliebrolle dabei, aber ich sitze auf einer KLX 250
Das habe ich zwar schon einmal getan, aber da hatte ich noch gar keinen Führerschein für so etwas. Das ist heute anders, also lasse ich den Gang reingleiten und drehe am Gasgriff. Als ich die Leute hinter mir gelassen habe, die sich zum Drachenfest bei Kawasaki in Weiterstadt versammelt haben, kann ich mich auf das Motorrad einlassen. Eben bin ich noch mit Gesa gefahren, dagegen wirkt die KLX wirklich wie ein Fahrrad. Klein, zierlich, schmal. Sie lenkt sich anders. Aber, das ist Gewöhnungssache. Als ich das erste Mal auf einer KLX saß, da kam sie mir riesig vor und unglaublich schwer. Heute denke ich "Huch, wie leicht...!"
Ich zirkele mich durch den dicken Sonnabendnachmittagsverkehr am Loop5, einer riesigen Shoppinganlage vor den Toren Darmstadts. Nebenan ist die Autobahn 5 und danach kommt noch ein riesiger Möbelmarkt. Schöne Gegend geht anders. Für meine halbe Stunde, die ich mit ihr habe, muss ich mir rasch etwas suchen, wo ich ein wenig fahren kann und nicht nur an Ampeln rumstehe. Also biege ich ab und fahre durch Weiterstadt und hinter einem Kreisel, siehe da, Landstrasse, Felder, Wiesen. Fein. Ich gebe Gas. Mit dieser kleinen Maschine muss ich anders fahren als mit Gesa, um auf Touren zu kommen. Sonst werde ich zum Verkehrshindernis. Da der Motor aber alles andere als warm ist, versuche ich mich zurückzuhalten. Ich fahre zum nächsten Dorf und drehe um. Da war doch eben ein kleiner Feldweg. Das sah nett aus. Ich fahre die paar hundert Meter zurück und biege in die Einmündung ein. So, jetzt erst mal schauen, was wir da haben.



Am Fleck auf dem Boden sind wir unschuldig!

Die Maschine ist hochwertig gemacht, der Auspuff besteht beispielweise komplett aus Edelstahl, alles macht einen soliden Eindruck. So ist der Schalthebel klappbar, falls man mal hängenbleibt, oder umkippt. 
22PS. Einspritzer.  Sechsganggetriebe.


Der Lüfter, von dem Svenja lange dachte, er funktioniere gar nicht.

Das Fahrwerk soll voll einstellbar sein, die Verstellung für hinten habe ich gefunden, nur vorne kann ich es nicht sehen. Das ist auch kein Wunder, wie ich später der Betriebsanleitung entnehme, denn die Einsteller sind von unten zugänglich. Ich hätte mich also platt auf den Boden legen müssen. Das kommt aber neben einer Landstraße vielleicht nicht so gut.
Als ich mir das Cockpit vornehme, fällt mir auf, daß ich zwischen Kilometern und Meilen wählen könnte. Es ist also wirklich das ideale Reisemotorrad! 
Wenn's Granada spielt...
Keine Sorge, mehr als 105km/h sind ohne Eingriffe nicht drin.

Am Heck finde ich neben der kleinen Tasche für das Werkzeug, die eindeutig einem Gepäckhalter im Wege ist, einen verschließbaren Haken für einen Helm. Mit der Maschine kann man wieselflink in die Stadt zum Shoppen fahren und muss den Helm nicht die ganze Zeit mitschleppen. Wow!
Meine Zeit läuft ab und ich muss mich noch durch den dicken Verkehr zurück schlängeln. Also schwinge ich mir wieder in den Sattel und lasse den Motor an. Kurz laufen gelassen und dann den Gang rein und los.Es ist eine ganz andere Art des Motorradfahrens. Hier reicht es auch nicht nur, am Kabel zu ziehen, hier muss man schon mehr Fingerspitzengefühl mitbringen, um schnell zu sein. Auf jeden Fall ist sie ein angenehmer Partner zum Herumstreunern und vermutlich sogar im Stadtpark würde man mit dem leisen Motor kaum auffallen. Feld- und Waldwege können einen damit auf jeden Fall kaum stoppen.
Es bleibt allerdings die Frage, was wird im nächsten Jahr aus ihr. Ein ABS hat sie nicht und der Motor läuft auch nicht unter Euro 4. Sollte es das dann gewesen sein? Bitte nicht!

Fazit: ein Motorrad mit absolutem "Haben will" Faktor.

22 Kommentare:

  1. Ha! Du schaffst es noch! Als Google mir dieses Mal kundtat, dass Minya einen neuen Testbericht zu zeigen hat, habe ich ganz aufgeregt umgeblättert und alles aufmerksam gelesen.

    Ich kenne die KLX 125, auf der ich meine allererste Fahrstunde bestritten habe. (Der Fahrlehrer setzt einen erst einmal auf so ein kleineres Gefährt, um einen Eindruck zu gewinnen, wie man sich auf dem Zweirad anstellt.)

    An dieser 250er mag ich genau die von Dir beschriebene Schlichtheit, die unkomplizierte Aufmachung, die bestechende Unaufgeregtheit. Weit weg von dem, was ich fahre, aber ich fühle mich trotzdem angezogen....

    Aber wie Du schon sagtest: Svenja prägt auch mein Bild von dieser kleinen feinen Reisemaschine. Mir entspricht das sehr...

    Danke für den Bericht!

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    1. :) Das will ich doch hoffen, daß ich es noch schaffe!
      Bei meiner Fahrschule hat sich der Fahrlehrer gleich beim ersten Mal getraut, mich auf die 500er Honda zu setzen. Die kam mir damals riesig und winzig zugleich vor. Und als er dann mit mir am Sozius zum Übungsplatz gefahren ist... Da hatte ich kurz Zweifel, ob das wirklich das Richtige für mich ist.

      Svenja ist ja mein "Erstkontakt" zum Motorradwunsch gewesen. In sofern war das auch die erste Maschine, die bei mir im Hirn rumwaberte, als ich ich vor zwei Jahren aufbrach, mich in die motorisierte Zweiradwelt aufzumachen. Ich war zum Händler gefahren, der auch per Zufall eine KLX 250 zu stehen hatte, und war total überwältigt von diesem riesigen Gerät. Und dann hatte ich Schiss, weil sie kein ABS hat und habe begonnen, mich auch woanders umzuschauen. Wo ich dann gelandet bin und daß Gesa heute viel größer und schwerer ist, das wissen wir ja alle.
      Aber jetzt, wo ich die KLX gefahren bin, bin ich echt schwer am Denken...

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    2. Ein wenig Angst habe ich, dass mit EURO4 nächstes Jahr die kleinen Maschinen vorerst vom Markt verschwinden. Weder die KLX, noch die CRF können dann noch neu zugelassen werden. Und auch meine geliebte XT-Reihe verschwindet dann. Jedenfalls die Einzylinder Modelle.
      Ich bin gespannt, was danach Neues kommt. Momentan geht der Trend wohl zu stärkeren Maschinen.
      Dass ich an den kleinen Einzylindern hängengeblieben bin, hat einen ganz einfachen Grund. Als ich mit 18 Führerschein gemacht habe, bin ich zuvor schon etwa 2 Jahre im ADAC Motocross gefahren in der 125er Klasse. 2-Takt natürlich, die 4-Takter waren damals noch nicht wettbewerbsfähig.
      Auf der Straße wollte ich immer genau so ein Motorrad fahren, wie im Wettbewerb. Natürlich bin ich auch schon mal Mehrzylinder gefahren, aber die haben mich nicht so erreicht. Und nun bin ich wieder bei dem Motorrad, mit dem vor etwa 36 Jahren alles begonnen hat. Ich liebe es, aber ein wenig mehr Dampf wäre toll.
      Die XT350, die ich in den 80ern gefahren bin, hatte 34 PS und das war schon ein heftiger Unterschied. Egal, der Spaß kommt beim Fahren :-)

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    3. Die Angst teile ich mit Dir! Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß es eine KLX, oder eine CRF mit ABS geben wird. Der Preis der KLX ist ja auch gesunken im letzten Sommer. Das deutet für mich ein wenig auf das Ende dieser Baureihe hin. Bei der XT sehe ich es ähnlich. Da habe ich neulich eine MT07 Ténéré durchs Netz wabern sehen. Da scheint der Trend zum Mehrzylinder zu gehen.
      BMW hat ja seinen Einzylinder anscheinend auch in der Zwischenzeit erledigt. Und was von den Firmen kommt, die in den letzten beiden Jahren am Horizont erschienen sind, das vermag wohl heute auch noch niemand sagen. Denn die werden ja auch sich mit der EURO 4 Geschichte herumplagen müssen.

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    4. Das ABS ist vielleicht gar nicht das größte Übel. Da gibt es inzwischen kleine, leichte Systeme. Aber dieser Rückführung/Filter für Benzindämpfe ist allein so groß wie eine Coladose und dann die neue Elektronik, Auspuff und tausend Sachen. Das wäre eine komplette Neukonstruktion.
      Es müssten doch sehr, sehr viele bestehende Motorradmodelle wegfallen. Ich bin so gespannt, ob uns das einen Reigen ganz neuer Modelle beschert. Und was ist mit der Husqvarna 701? Die kommt doch gerade erst auf den Markt? Boah, Fragen über Fragen.

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    5. Das stimmt! Die Überlegung hatte ich neulich auch gerade gehabt, dass von dem Motorradkatalog im nächsten Jahr nicht viel übrigbleibt. Da sind - wie Du ja auch sagst - auch recht neue Modelle betroffen. Ob die für die alle schon eine Plan B Lösung in der Schublade haben? So viele schöne Bikes währen dann mit einem Mal weg vom Fenster. Die SR 400, die W 800, was ist mit der schönen kleinen Duke 390, und und und. Meine Gesa wird es dann modelltechnisch auch erledigen. Und die R Nine T? Von der kommt doch im Herbst noch eine Scrambler raus. Die 'normale' hat auch nur Euro 3. oder, ob es da noch ein Kaninchen im Hut gibt?

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    6. Ja, das wird richtig spannend. Ich habe ernsthaft überlegt, mir im Dezember noch eine XT 660 Tenere zu kaufen und zuzulassen. Aber eigentlich, also ganz eigentlich, möchte ich Greeny noch lange fahren. Das Motorrad macht mir soviel Spaß durch die einfache Fahrbarkeit und wir haben uns so aneinander gewöhnt.
      Irgendeinen Einzylinder wird es doch hoffentlich noch geben, oder?
      Dann bin ich auf die nächste Motorradmesse gespannt. Welche ist das überhaupt?

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    7. Ich denke schon, dass es danach noch Einzylinder geben wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass KTM seine neue Duke 690 schon wieder eingehen lässt. Von daher besteht schon noch Hoffnung. Es wird ja auch auf eine Enduro daraus gehofft.
      Die nächste Messe müsste die Intermot in Köln im Oktober - nach der Photokina - sein.

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  2. Genau deshalb hab ich sie und nicht die Honda. Sie ist wertiger, der Auspuff rostet nicht, Fahrwerk einstellbar, klappbarer Hebel, kleiner Unterbodenschutz. Hat die Honda alles nicht! Mit mir läuft sie gute 117km/h Original! Jetzt gute 140km/h! Tolles Teil! I love de Zecke!

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    1. Abä die Honda is auch toll. Nä!? Gea!?

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    2. Das ist echt ein tolles Motorrad! Ich bin schon am Überlegen, wie ich möglicherweise so etwas anfangen könnte.
      :)
      Kurzum: angefixt

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  3. Meine Güte, wie schön: Minya auf einer Schwester von Greeny. Und dass man die Gabel verstellen kann, das hab nicht mal ich gewusst. Cool.
    Ich freu mich über deinen Bericht. Er gibt sehr gut wieder, wie ich das Fahren auf der KLX empfinde. Im Gelände kann man damit ein ganz erstaunliches Feuerwerk abbrennen, weil die einfache Fahrbarkeit viel von der fehlenden Leistung wettmacht. Das ist ganz verblüffend.
    Auf der Straße ist sie etwas lahm, aber das Motorrad hat mich regelrecht dazu erzogen, ruhiger zu fahren. Ich werde von Tour zu Tour langsamer, will mehr sehen, mehr erleben und mit der kleinen Crossenduro traue ich mich überall hin. Und ja, sie klingt wirklich wie eine Nähmaschine, bzw. Dampfmaschine.
    Esbitschublade. Hmpfff... :-)

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    1. Ich war auch total überrascht, wie einfach sie sich fährt. Und wie leicht sie dabei wirkt. Und es ist doch ein vollwertiges Motorrad. Vielleicht nicht für jeden Zweck, aber da gibt es eigentlich gar kein Motorrad, das für jeden Zweck geeignet wäre. Ich könnte mir gut vorstellen, hier in der Gegend über Feldwege unterwegs zu sein und tief in die Landschaft vorzudringen, so wie man es mit dem Auto nie könnte. Ich bin richtig angetan von der Idee.

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  4. Schöner Testbericht, mal wieder.
    Ich liebe meine "Kleine" immer mehr. Vermisse (abseits der Autobahn) nichts an Leistung und die Handlichkeit ist einfach toll.

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    1. Das ist etwas, was ich auch lerne mit der Zeit. Es kommt eben nicht auf die ultimative Leistung an. Im Gegenteil. Das hat alles seine Vorteile.

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  5. Eigentlich muss es ja auch nicht mehr Power sein, wenn man Autobahnen meidet. Toller Fahrbericht, Minya.

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    1. Die Autobahn versuche ich ja ohnehin zu meiden mit dem Motorrad. Klar, man kommt rasch von a nach b, aber das will man ja nicht immer nur. Im Gegenteil. Der Weg, den man mit dem Motorrad nimmt, wird irgendwie immer länger...

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  6. Nur hoff'nklich fahr' ich nich' aus Vaseh'n bei dir mit, näää!?

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    1. Das wäre ja auch nicht so schlimm, Minya passt schon gut auf dich auf. Aber trotzdem: Du kleine Kneule fährst schön bei mir mit. Du wirst doch Greeny nicht verwechseln, oder?!

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    2. Oh du Mäuschen! Da musst du vorsichtig sein, ich musste die, mit der ich gefahren bin, doch dem Händler wiedergeben. Der wäre sonst total traurig gewesen und hätte sicher nicht schlafen können.
      Du fährst fein mit der Svenja mit, dann passiert dir auch nichts

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  7. Sehr schöner Fahrbericht. Die ältere Greeny von Svenja gefällt mir von der Farbgebung her besser, mehr grün und weniger schwarz, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
    Von den 105 PS meiner Streety habe ich auf meiner kleinen Tour heute maximal 17,5 PS benötigte. Offenbar fahre auch ich immer langsamer. Das wirft natürlich die Frage auf, ob weniger nicht mehr wäre. Aber erstmal warte ich auf die finale Fertigstellung meines Oldie Honda CB 250 RS. Ggf. Ersetzt die dann alle anderen. Mal sehen. Um in den Süden zu kommen, werde ich dann wohl einen Motorradanhänger mieten.

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    1. Ja, die ich fahren durfte, war das 2015er Modell. Ein 2016er Modell gibt es nicht. Es sieht also so aus, als hätten wir da die finale Ausführung.
      Mit den langen Touren, da bin ich immer noch am Überlegen. Für mich bietet sich keine Möglichkeit das Motorrad irgendwohin zu verladen. Ich werde weiter auf eigener Achse anreisen müssen. Und den Anreiseweg als Teil der Reise sehen müssen.

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