Donnerstag, 25. August 2016

Zwei Damen am Grill

+++30.05.2016+++


Als ich aus der Tür trete, ist gleich eine ganz andere Luft als gestern. Es scheint die Sonne, es riecht nach Sonne und es wird bereits langsam warm. Dabei ist es erst gegen neun. Den Tag lasse ich mir gefallen. 





Es dauert nicht lange, da bollern Gesa und ich bereits durch Poppenbüttel und halten uns in Richtung Flughafen. Polly hatte da in einem ihrer Artikel von einem Lokal am Flughafen berichtet, dort möchte ich nun hin zum frühstücken.
In Hummelsbüttel biege ich ab und fahre zunächst einfach mal der Nase nach. Bis ich in einer Sackgasse hinter einem Radarturm zum Stehen komme. Auf der linken Seite stehen ein paar Baracken. Ich schaudere. So etwas ähnliches habe ich mal in einem Traum gesehen. Und zwar hier in der Nähe. Diese Baracken stellen sich als Unterkünfte für Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg heraus. 

Die aus meinem Traum waren allerdings blaugrau, hatten einen anderen Zweck, gehörten zur Wehrmacht und sahen auch etwas anders aus.
Daß ich diesen Traum gehabt hatte, liegt schon gute zwanzig Jahre zurück. Er ist allerdings so plastisch gewesen, daß er mir noch heute wie ein Film vor Augen ist.
Ich zerstreue meine Gedanken, indem ich die Informationstafel lese und danach dann auf meinem Händi schaue, wo mein Ziel denn nun tatsächlich liegt. So falsch bin ich gar nicht, ich muss noch ein Stück in Richtung Norderstedt und dann bei einer Tankstelle abbiegen. Am Flughafen hat sich in den letzten Jahren so viel verändert, daß das alles gar nicht mehr wiederzuerkennen ist. Die Straßenbahnschleife ist verschwunden, alles ist viel größer geworden und es gibt viel mehr Beton.
Ein paar Minuten später aber tickt Gesa bereits vor dem Coffee to Fly
Es liegt bei einem beliebten Aussichtspunkt auf die Start und Landebahn des Flughafens Fuhlsbüttel. Die startenden Flugzeuge kann man hier gemütlich mit Brötchen und Kaffee in der Hand beobachten. Das tue ich auch, ich habe mir ein Frühstück und ein Rührei bestellt und sitze gemütlich an einem Tisch und lasse es mir gut gehen.
Nach dem gelungenen Frühstück sattele ich Gesa wieder, denn ich habe heute noch einiges vor. Zunächst muss ich nach Bahrenfeld. Das war eigentlich nicht geplant, aber wegen der Friedhofssache muss ich meinen Tagesplan nun etwas ändern. Also rolle ich in Richtung City, biege dann am Nedderfeld ab und folge dem Ring bis es rechts nach Lurup geht. Dort biege ich links ab und bin schon bald am Altonaer Volkspark. Drüben, bei DESY und auf dem ehemaligen Flugplatz, sind Bauaktivitäten zu sehen.
Ich suche den Gärtner, der sich um das Grab meiner Eltern in Hittfeld kümmert. Mein Ziel liegt laut Internet nahe des Haupteingangs vom Friedhof. Bis vor kurzem hatte das ja noch der lokale Gärtner in Hittfeld gemacht, den ich auch schon lange kenne, dann hatte er aber scheinbar keine Lust mehr und hat dieses Geschäftsfeld an einen Gärtner in Altona übergeben. Den suche ich jetzt. Ich weiß, daß hier eine Gärtnerei ist, aber daß sie so klein ist, genaugenommen nur eine Art Kiosk, das hatte ich so dann doch nicht in Erinnerung. So finde ich auch nur eine Verkäuferin vor, die nichts weiter tun kann, als mir zu versprechen, daß ihr Chef mich anrufen würde. Etwas zähneknirschend verlasse ich den Laden.
Mittlerweile ist es wirklich warm geworden und meine Funktionsunterwäsche ist deutlich zu viel unter der Lederjacke. In unmittelbarer Umgebung finde ich einen Rhododendronbusch, hinter dem ich rasch mich des überflüssigen Oberteils entledigen kann. So ist es gleich viel besser.
Ich habe gestern abend festgestellt, daß mein Kettenspray, das ich im Tankrucksack habe, mal wieder leer ist. Das scheint eine hervorstechende Eigenschaft zu sein, die vorwiegend in Norddeutschland aufzutreten scheint. Also fahre ich in die Kieler Straße, denn hier sind die üblichen Läden zu finden und schon bald habe ich wieder eine frische kleine Dose im Gepäck und sehe nun zu, aus der Stadt herauszukommen.
Ich zickzackele mich in Richtung Langenhorn durch und schwitze mich durch Baustellen und ewige Ampelphasen. Irgendwann stehen die Wegweiser auf "Segeberg" und ich kann Gas geben. Da ich durch die Exkursion nach Bahrenfeld etwas in meinem eigentlichen Zeitplan durcheinandergekommen bin, sehe ich zu, daß ich vorankomme. Ich kurve etwas um Bad Segeberg herum und finde mich bald auf den geliebten kleinen Straßen wieder. So nähere ich mich dem Warder See an. Wenn ich schon mal hier bin, dann biege ich hier auch noch mal kurz ab, und so stehe ich bald drauf wieder vor dem Tor des Gutes Wensin. Hier zieht es mich immer wieder magisch hin. Irgendwann werde ich die Zeit und den Mut haben, vorzufahren und zu klingeln.
Nach ein paar Minuten, die ich im Schatten stehe und meine Landkarte neu sortiere, mache ich mich zur nächsten Etappe auf. Es geht geradewegs durch in Richtung Plöner See. 
Die Strecke ist einfach wunderbar, es ist eine herrliche kleine Straße, die sich, den Vorgaben der Landschaft folgend, durch Felder und Wälder windet. 





Um den Plöner See zu erkunden, er sieht etwas aus wie der Schattenriss von Afrika (das ist auch Werner - Erfinder Brösel mal aufgefallen), fehlt mir heute die Zeit. So wechsele ich auf eine etwas breitere Straße und folge den Wegweisern, die "Kiel" verheißen. 
Die Bauarbeiten auf der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße, die in die Stadt hineinführt, sind noch immer nicht ganz beendet, es geht aber einiges flüssiger vorwärts als im vergangenen Jahr. Ich muss dieses Mal nicht in Richtung Hafen und fahre also eine Abfahrt weiter. Ich halte mich in Richtung Innenstadt. Meinem Instinkt folgend biege ich ab und sehe schon von weitem mein Merkzeichen. Ich bin richtig. Allerdings bin ich jetzt eine halbe Stunde zu früh. Ich drehe also noch ein paar Runden durch Kiel und lerne die Stadt etwas besser kennen, dann kreise ich mein Merkzeichen wieder ein und suche mir einen guten Platz, an dem ich Gesa abstellen kann, ohne daß sie zu sehr stört. 
Den Helm und den Tankrucksack genommen und dann um die Ecke und geklingelt. Als der Türöffner schnarrt, muss ich noch ein paar Treppen hochsteigen und dann bin ich da. Svenja begrüßt mich fröhlich. "Schön, daß Du da bist, komm rein!" Erst mal die Jacke ausgezogen und ankommen. Ich werde auch sogleich auf die Prämiumführung durch die Wohnung gebucht und lerne das alles nun live kennen, was ich bislang nur aus dem Blog kannte. Und ich lerne endlich Pieps kennen. Svenja bereitet mit ihr gerade ihre Baltikumreise vor und hat das Gepäck schon zu weiten Teilen zusammengestellt. So sehr weicht das nicht von meinem Campinggepäck ab. 
Aber bald schon sitzen wir auf dem Balkon, ein alkoholfreies Bier in der Hand und schauen in den sonnenbeschienenen Hof. Neben uns brutzeln zwei Steaks auf dem Grill und es könnte kaum schöner sein. Wir reden über das Reisen, das Fotografieren, das Motorradfahren, es gibt eine Menge Themen, die wir gemeinsam haben, das haben wir ja beim letzten Treffen schon festgestellt. Die Steaks sind köstlich und so sitzen wir bis es anfängt zu dämmern. In der Zwischenzeit hatte es sich einmal kurz zugezogen und in der Ferne etwas gedonnert, aber das ist nun schon wieder vorbei und die Sonne scheint wieder. Es ist Ende Mai, da wird es spät dunkel und so ist es auch bald zehn, als ich aufbreche. Svenja meint ganz erschrocken, "so lange bin ich zuletzt an Silvester aufgewesen!"
Sie kommt noch mit runter, um Gesa zu begutachten und sagt, ich solle auf dem Rückweg auf mich aufpassen und dann muss ich auch schon wieder den Motor anlassen und verschwinde in die beginnende Nacht. 
Das ist auch wieder so ein Abschied, der schwer fällt. Wir hätten noch so viel zu erzählen. Aber das werden wir fortsetzen!
Als ich aus Kiel herauskomme, verfrantze ich mich etwas. Ich lande schnurstracks auf der Autobahn. Da will ich aber nicht hin. Also fahre ich an der nächsten Abfahrt ab und zackere mich durch, bis ich auf die richtige Straße gelange. Nach ein paar Kilometern wird die Straße naß, Wasser liegt in der Luft. Hier hat es geregnet und es regnet ab und zu immer noch ein wenig. In der Ferne, zu meiner linken, sehe ich Wetterleuchten. Es ist mittlerweile ganz dunkel geworden, die Wolken haben den letzten Abendglanz genommen. Ich fahre sturheil durch eine kilometerlange Baustelle. Die Bundesstraße wird zur A21. Vorbei an Bornhöved jagen Gesa und ich durch die Nacht. Schließlich kommt meine Abfahrt in Högersdorf und ich bin wieder auf der Straße, auf der ich heute mittag aus Hamburg hinausgefahren bin. Hier ist es abwechselnd naß und trocken. Es ist kurz vor elf, als ich nach Hamburg hineinkomme. Ich fahre durch fast ausgestorben wirkende Vororte und komme irgendwann, als ich kaum noch dran glaube, nach Poppenbüttel. Nun muss ich nur noch zwei Mal links und dann ist es nicht mehr weit. Es ist noch nicht lange nach elf, da habe ich Gesas Motor abgestellt und sie tickt neben mir auf dem Hof des Hotels. Ich sprühe rasch noch etwas Fett auf die Kette und verschwinde dann, so leise es geht, im bereits schlafenden Hotel. 

Den Regen auf der Rückfahrt hätte es nicht gebraucht. Aber ansonsten ein wunderbarer Ausflug.
Vielen lieben Dank, liebe Svenja, für diesen wunderherrlichen Nachmittag mit Dir auf Deinem Balkon. Hoffentlich können wir so etwas bald mal wieder machen...

Donnerstag, 18. August 2016

Zwei Ladies im Land der Wollies.

+++29.05.2016+++

Als ich den Wecker abgeschaltet habe, bleibt ein Rauschen im Raum. Das wird doch nicht? Ich blinzele ins Zimmer. Mein Mund ist trocken, die Nase etwas zu. Das Bild meiner Augen krisselt leicht, wie eine verrauschte Digitalaufnahme. Ich habe meine Brille noch nicht auf. Die Sinne kehren zurück. Es ist Sonntag, ich bin in Hamburg und das Rauschen kommt von der Mellingburger Schleuse, deren Becken gleich neben dem Haus liegt. Ich wuchte mich aus dem Bett, ziehe die Vorhänge auf und blicke nach draußen. Sonnenschein sieht anders aus. Egal. Kein Regen.

Ohne Frühstück verlasse ich das Haus und laufe zu Gesa. In meiner Hand nur der Helm und der Tankrucksack. Gesa rasch vom Hauptständer gekippt und Helm und Handschuhe an, Motor an und los. Ich rolle die sonntäglich ruhige Wellingsbüttler Landstrasse entlang. Wenige Kilometer entfernt wartet eine Frau auf mich, die ich bislang noch nicht näher kenne. Nur das, was sie in ihrem Blog schreibt, kenne ich bislang. Und ihre Stimme. Gestern Abend haben wir kurz telefoniert. Ihre Stimme klang gleich vertraut. So habe ich sie mir vorgestellt. Ich bin gespannt, wie das Treffen mit ihr sein wird. Am Ohlsdorfer Friedhof mache ich einen kleinen Schlenker über die Fuhlsbüttler Strasse und biege dann in die Alsterdorfer ab. Nun kann nicht mehr viel schiefgehen. Vorbei an dem Haus, in dem die nette Frau Behr mit ihrem Mann gewohnt hatte, die es sicher schon lange nicht mehr gibt. Ich hänge sogleich wieder meinen Gedanken hinterher. So lange her das alles schon wieder. Beinahe verpasse ich meine Abfahrt. Ich biege auf einen Hof ein und sehe schon ein glänzendes Motorrad, hinter dem eine winkende Frau steht. Polly.
Sie hat ein blaues Piratentuch auf den Haaren, Schwarzes Leder an und blaue Schuhe. Ich kann es nicht erwarten, Gesa zu stoppen und mir den Helm vom Kopf zu reißen. Meine Güte, wie ich mich freue. Es ist jetzt schon, als wenn wir uns seit Urzeiten kennen würden. Sofort sind wir im Gespräch. Es ist sofort so vertraut, so normal. Nicht, als wenn wir uns das erste Mal überhaupt sehen würden. Wir brechen also auf, uns etwas zum frühstücken zu suchen. Rauf auf die Motorräder, los.
Vorbei an Heides Wohnung, bei der ich auch schon allzulange nicht mehr war, geht es runter in die Stadt.
Polly fährt voraus, an der Alster entlang, hinter dem Hauptbahnhof rum und vorbei daran, wo früher die Kepa und Horten waren, hinunter zur Hafen City. Die Hafen City ist neu. Modern. Beton. Ein Teil von ihr ist die alt ehrwürdige Speicherstadt, der größte Teil ist aber neu. Wo "Hein Gas" war. Wo die ganzen Schuppen waren. Es ist jedes Mal wie in meinen Alpträumen, in denen ich durch Hamburg irre und keine Ahnung habe, wo ich mich befinde. Ich weiß nur, es muss Hamburg sein. Nur, wo bin ich?. Alles ist groß und fremd. So geht es mir nun auch gerade. Allerdings habe ich hier eine blasse Ahnung wo wir sind. Beziehungsweise, wo wir eigentlich sein müssten. Pollys PJV blinkt links. Wir biegen ab. Polly bedeutet mir, daß wir einen Parkplatz suchen. Schließlich stellen wir die Motorräder auf einer gepflasterten Fläche ab, wo schon zwei Motorroller stehen. „Da vorne muss es sein!“ ruft Polly zu mir rüber und deutet über eine Wasserfläche hinweg auf einen Häuserblock. Es hat leicht angefangen zu tröpfeln. Zunächst nicht bedrohlich, aber es tröpfelt. Wie ich meinen Helm anschließe, brummen seltsame Gefährte vorbei. Es sind eine Art motorisierter Seifenkisten. Das ist eine Stadtrundfahrt, erklärt Polly, die meinen verdutzten Blick verstanden hat. War ich wirklich so lange nicht mehr hier?
Als wir am ehemaligen Hafenbecken entlanggehen, hat sich aus dem Tröpfeln ein Regen entwickelt. „Was machen wir, wenn es weiterregnet?“ Wir zucken die Schultern. „Dann können wir noch in die Kunsthalle gehen, dann machen wir halt was anderes.“ Wir entscheiden uns für ein Wiener Caféhaus. Zu unserem Erstaunen sitzen wir tatsächlich zwischen lauter Österreichern. Aus den dicken Lederjacken raus und erst mal Frühstück bestellt.
Sofort versinken wir in Gesprächen, vergessen fast die Welt da draußen. Die kann man allerdings auch gerade gerne vergessen, es hat sich eingeregnet. Als die Uhr auf zwei geht, wird es draußen etwas heller. Leute kommen auch schon ohne Schirme vorbei. Wir nehmen noch ein letztes Getränk und dann geht es los. Wir wollten an der Elbe entlang, und der Plan steht immer noch. Es ist Anfang Juni, da ist es lange hell, das Wetter wird besser, da sind wir uns sicher, also los. Zurück zu Gesa und der PJV. Der Helm ist trocken geblieben, die Motorräder hat auch niemand mitgenommen, also machen wir uns rasch fertig und sind bald drauf auf der Straße.
Wir biegen am Baumwall in Richtung Landungsbrücken ab und rollen am Hafenrand entlang. Am Altonaer Fischmarkt biegen wir ab in die Große Elbstrasse. Der Fischmarkt ist schon seit ein paar Stunden rum, alles ist wieder aufgekehrt, alle sind nach Hause gegangen, die Musik in der Auktionshalle ist auch schon lange aus. Mit Elke bin ich hier oft gewesen sonntags, bis um zwölf gibt es Livemusik, umsonst und in Farbe. Getanzt, gelacht, Freunde und Bekannte getroffen. Bruni, Kuddel und Atze. Alle schon tot. Sabine, Michael mit dem Fahrrad, Texas mit dem Fotoapparat, was aus ihnen wohl geworden sein mag. Ob sie noch kommen? Hier haben wir die „Bats“ gesehen, die alte Star Club Legende, „Boppin`B“, oder “Miss Smith“. Oder Irmchen. Eine alte Dame, die Schlager sang.
Jetzt fahren wir auf den Maschinen rührungslos auf dem nassen Pflaster an diesem Ort vorbei. Nur ein kurzer Blick zur Seite, dann haben uns unsere edlen Rösser bereits weitergezogen. Durch den Altonaer Hafen geht es zur Rampe, die uns zum Altonaer Balkon emporbringt. In der Kurve erwischt Polly ganz blöde einen gußeiserenen Gullideckel und die PJV macht einen nicht zu verachtenden Satz nach links. Scheinbar ungerührt gibt sie danach wieder Gas. Ich hätte vermutlich erst mal angehalten und durchgeatmet. Und auf die blöden Gußdeckel geschimpft. Der Teufel soll sie holen, die Mistdinger!
Oben dann, auf der Elbchaussee, läuft wieder alles wie es soll. Ich merke allerdings, daß Polly der Rutscher doch mehr mitgenommen hat, als ich zunächst gedacht hätte. Wir kommen durch Blankenese und halten auf Wedel zu. An der Chaussee von Rissen halten wir kurz an. Unser Plan ist es, so dicht an die Elbe heranzukommen, wie möglich. Wir zuckeln durch Wedel, kommen am Hafen entlang, hier war ich auch schon lange nicht mehr, und suchen uns einen Weg durch ein Wohngebiet. Polly hat ihr Händi als Navi am Lenker montiert und fährt souverän voraus. Überhaupt kommt sie mit ihrer PJV, der „Petite Jolie Vulcan“, ganz wunderbar zurecht. Wenn ich da an meine ersten Experimente mit einem Cruiser denke...
Die Gegend wird ländlicher. Wir wollen in Richtung Hetlinger Schanze, haben aber beide vergessen, daß man da nicht so ohne weiteres hingelangt. So stehen wir bald vor einem Schild, das uns die Einfahrt verwehrt. Also rumgedreht und einen anderen Weg gesucht. Das ist nicht so leicht, wie man denkt. Eine Brücke, über die wir eigentlich fahren müssten, gibt es wegen einer Baustelle zur Zeit nicht. Das zwingt uns, etwas weiter auszuholen, als wir eigentlich möchten. So kommen wir durch Uetersen und Elmshorn.
Nach ein paar wunderbaren Kilometern durch die Elbmarsch, kommen wir kurz hinter Kollmar an unser Ziel. Bielenburg. Hier gibt es hinter dem Elbdeich, unmittelbar am Wasser, ein ganz entzückendes kleines Lokal. Polly hat es ausfindig gemacht und wollte schon lange mal hier her. Das Lokal besteht aus einem Imbisswagen und ein paar Tischen und Stühlen. So banal, wie es klingt, ist es allerdings nicht. Die Möbel sind nett gruppiert und bestehen teilweise aus alten Paletten. Das alles gibt einen modern rustikalen Stil. Wir ordern Kaffee und Kuchen und ich juchtze entzückt, denn auf dem Kuchen ist ein Bild von einem Schaf!
Damit nicht genug, überall sind Schafe. Am Deich gehen sie ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit nach und fressen Gras.
Wollies Kumpels, ihn selbst haben wir nicht getroffen.
Polly und ich suchen uns einen hübschen Platz mit Blick auf die Elbe. Die Sonne ist, etwas verhalten zwar, hinter den Wolken hervorgekommen und zaubert aus diesem Fleckchen Erde nun einen der schönsten Plätze der Welt. Wir halten uns an unseren Kaffees fest, blinzeln auf das Wasser und genießen den Augenblick. Und sind sofort wieder am Erzählen. Wir haben so viel gemeinsam. Nicht nur das Motorradfahren und das Reisen mit dem Motorrad, oder die Fotografie. Da ist so viel mehr. Dieser Nachmittag müsste viel viel länger sein, als er jemals sein kann.
Irgendwann zwingt uns allerdings die Vernunft zum Aufbruch. Wir müssen wieder nach Hamburg zurück, schließlich wollen wir noch irgendwo etwas essen.
Als wir die Motorräder wieder gesattelt haben und losfahren, sind die Straßen, die vorhin noch nass gewesen sind, abgetrocknet und die Sonne ist vollständig zwischen den Wolken hervorgekommen. Ich merke, das Polly lockerer wird und befreiter fährt. Der Rutscher hatte lange gewirkt.
Wir cruisen gemütlich zurück durch die Elbmarsch und kommen wieder nach Wedel zurück. Hier über nehme ich wieder die Führung und biege in eine kleine Straße ab. Hier war doch die Sandkuhle gewesen? Ach so, da hatten sie ja einen Golfplatz draus gemacht. Erinnerungen vermischen sich. Noch einmal abbiegen, schwups, schon sind wir da. Im Wald oberhalb des Falkensteiner Ufers liegt eine nette Wirtschaft mit guter Küche und zivilen Preisen. Hier wird es Abendessen geben. Und es wird dunkel sein, bis wir wieder herauskommen. Es gibt so viel zu erzählen.
Labskaus
Es ist wirklich spät geworden, als wir wieder bei den Maschinen stehen. Morgen ist Montag, Polly muss zur Arbeit, also nichts wie nach Hause! Ich übernehme wieder die Führung, hier ist mein Beritt, und wir brodeln über den spätabendlichen Ring in Richtung Eppendorf. Einen kleinen Schlenker am Nedderfeld und dann sind wir auch schon wieder auf dem Hof, wo ich sie heute morgen getroffen habe.
Nee! Ich will noch nicht nach Hause, ich will noch nicht Abschied nehmen! Sie sieht das genauso, und so sind wir auf dem besten Wege die Zeit schon wieder aus dem Auge zu verlieren. Aber irgendwann muss es dann doch sein und ich ziehe mit Gesa wieder davon, winke noch einmal und bin dann schon wieder verschwunden. Wo ist dieser Tag bloß geblieben? Gesa und ich brummen hinein ins Alstertal und stehen bald drauf wieder auf dem Hotelparkplatz. Heute wird es kein Bier mehr geben. Es ist schon lange alles dunkel. Ich schleiche mit meinem Tankrucksack und dem Helm die Treppen hinauf und verschwinde so leise wie möglich auf meinem Zimmer.

Es gäbe noch so viel zu erzählen von diesm Tag, das kann ein einzelner Blogpost einfach nicht wiedergeben.

Heute war ein ganz besonderer Tag. Einer von denen, die es nur ganz selten im Leben gibt.