Freitag, 7. April 2017

Freiübungen

+++02.04.2017+++


Sonntagsmorgens ist es bekanntlich ruhig auf den Straßen. Da kann man auch gerne mal auf der Autobahn fahren. - So, oder ähnlich habe ich wohl auch gedacht. Auf jeden Fall brumme ich mit Gesa auf das Autobahnkreuz Mainz Süd zu. (Seit Jahren frage ich mich, wo wohl ein Kreuz Mainz Nord sein mag) Auf der Autobahn kann man sonntagmorgens mal ein paar Kilometer gut machen, da muss man nicht so früh losfahren, wenn man verabredet ist. Und ich bin verabredet. Es ist kurz nach neun und um zehn soll ich dort sein. Freitag habe ich schon mal Vorbesichtigung gemacht, damit ich nicht lange suchen muss. Alles soweit unter Kontrolle. Mein Blick bleibt auf einem großen Schild hängen. "Sonntag 02.04.2017 - A60 Richtung Darmstadt ab AK Mainz Süd voll gesperrt."
HAAAALT! WAS WAR DAS?? Oh Noo! Ich plane blitzschnell um, denn das Kreuz kommt gleich schon. Ich beschließe durch die Stadt zu fahren und hoffe, daß da nicht zu viele andere auch auf diese Idee kommen.
Als ich am Pariser Tor an der Ampel stehe, sehe ich, daß meine Ängste unbegründet waren. Hier ist praktisch nichts los. So geht es an den nächsten Ampeln auch weiter. Freitagmorgen um sechs, als ich hier durchgekommen war, war es ähnlich ruhig. Nur ist es nun heller.
Ohne große Schwierigkeiten komme ich über die Brücke nach Hessen und fahre in Richtung Hochheim. Hier gibt es ein paar Ampeln, die die Autobahnauffahrten regeln. Die erste wird und wird aber nicht grün. Die anderen haben alle schon ein zweites Mal freie Fahrt gehabt. Als ich gerade überlege, was ich machen soll, kommt von hinten ein Auto und erlöst mich. Das mit diesen Kontaktschleifen ist mir mit Gesa erst ein einziges Mal passiert. Ich gebe Gas und biege auf die Autobahn ab. Allerdings bleibe ich hier nur für eine Ausfahrt. Ich komme durch lauter verschlafene Ortschaften, höchstens vor dem Bäcker ist Verkehrsaufkommen zu verzeichnen. Ich nutze die erste Gelegenheit, um auf die A66 zu kommen, denn ich bin mittlerweile spät dran. Rund um Hattersheim ist eine Baustelle, aber die Geschwindigkeitsbegrenzung dort interessiert niemandem Sonntags scheint es keine Polizei zu geben.
In Höchst fahre ich schon wieder ab. Ich habe es nicht mehr weit. Vorbei am Main - Taunus - Zentrum, einer Einkaufsstadt auf der ehemals grünen Wiese, komme ich an die Abfahrt Kelkheim am Taunus. Hier fahre ich ab. Durch Liederbach, das echt hübsch ist, ich bin überrascht, komme ich in das Industriegebiet von Kelkheim. Eine Ampel habe ich noch vor mir. Ich stehe und warte- und warte- und warte. Schon wieder hat die Kontaktschleife mich nicht erkannt. Das zweite Mal an einem Tag! Ich beginne erste Zweifel zu haben, ob ich denn tatsächlich dort bin, und nicht etwa noch im Bett liege und träume. Dann kommt aber eine rote A- Klasse von hinten und es wird augenblicklich grün. Ich gebe Gas, hoppele über den Bahnübergang, biege zwei mal ab und bin da. Auf dem Parkplatz eines Baumarktes steht Andrea mit ihrer Gruppe und wartet. Ich bin allerdings nicht zu spät, ich bin mit dem Glockenschlag zehn dort. Auf den Punkt.
Nach und nach tröpfeln noch ein paar Teilnehmer ein und es kann losgehen.
Andrea hat in Kelkheim eine eigene Fahrschule. Seit einigen Jahren bietet sie zum Beginn der Motorradsaison, immer am ersten Sonntag im April, ein Fahrtraining für Motorradfahrer und Fahrerinnen an. Da werde ich heute mit dabei sein.
Als aller erstes macht Andrea mit uns eine Entspannungsübung. Wir setzen uns alle auf unsere Motorräder und sie sagt an, was wir machen sollen. Erst einmal die Augen zu. Danach werden verschiedene Körperregionen angespannt und wieder entspannt. So erfrischt machen wir uns also ans Werk.
Andrea erklärt kurz um was es geht, was wir machen werden und teilt uns, weil wir so viele sind, in drei Gruppen ein. Dabei bietet es sich an, die Gruppen nach dem selbst geschätzten Leistungsstand zu bilden.
Ich lande in der mittleren Gruppe und werde mich mit einem ihrer Fahrlehrer gleich ins Gewerbegebiet aufmachen  und wir werden unsere Übungen dort machen. Diese Übungen, die wir da fahren werden, werden in erster Linie aus den aus der Fahrschulzeit bekannten Grundfahraufgaben bestehen. Also im Einzelnen aus einem Slalom mit ca 30, einem Slalom mit Schrittgeschwindigkeit, Ausweichen vor einem Hindernis aus 50 km/h und Ausweichen vor einem Hindernis mit vorherigem Abbremsen auf 30 km/h. Und zum guten Schluss noch eine Gefahrenbremsung aus 50 km/h. Hat man alles schon mal gemacht, habe ich mit meinen eigenen Hütchen auch verschiedentlich mal wieder geübt, aber unter Aufsicht sieht das alles schon wieder ganz anders aus.
Im Hintergrund...  locker wie ein Stück Brennholz

Nachdem wir den "schnellen" Slalom absolviert haben, suchen wir uns eine andere Stelle, denn unser Plätzchen ist alles andere als ruhig. Dauernd brummen irgendwelche Autos rum. Wie wir feststellen, wollen die alle zu einer Waschanlage, die in dem Gewerbegebiet liegt. In Hessen sind Waschanlagen auch sonntags geöffnet und an so einem Tag, zudem wenn die Sonne scheint, haben die Leute Zeit und Muße.
Wir bauen unseren Parcours also vor der Feuerwehr auf. Hier ist es ruhiger. Vor dem Schrittgeschwindigkeitsslalom haben die meisten etwas Angst. "Muss das so langsam sein?" "Ja klar! Das ist gut um eine tolle Fahrzeugbeherrschung zu lernen!" Mir bereitet das keinen großen Kummer, auch die beiden Ausweichübungen gelingen ganz gut. Bei der Bremsübung merke ich, wie der Blick unwillkürlich nach unten fällt. Das soll nicht sein. Das hatte ich auch schon einmal anders drauf gehabt. Nach einer weiteren Runde klappt es schließlich gut.
Wir kehren gegen Mittag wieder zu den anderen zurück und fahren auf dem Hof vom Baumarkt noch ein paar Übungen. Zum Beispiel ein kleines Rennen.
What?! Ein Rennen auf dem Parkplatz vom Baumarkt? Seid ihr nicht mehr bei Trost? Und wo ist da die Sicherheit? - Langsam. Ganz langsam. Bei dem "Rennen" geht es nicht darum als erster im Ziel zu sein, sondern als letzter. Schrittgeschwindigkeit! Auch hier wieder. Man muss sehr aufpassen, daß man die Maschine senkrecht hält und daß man nicht mit einem der anderen kollidiert.
Zum Schluss fahren wir noch ein paar kleine Kurvenübungen und dann ist es auch schon 14 Uhr. Wir werden alle zusammengetrommelt für ein Gruppenfoto und dann wird die Spende eingesammelt.
Spende? Ja, Andrea und ihre beiden Fahrlehrer haben heute ohne Bezahlung für uns gearbeitet. Nur eine Mindestspende von 20 Euro für den Tierschutz wollte sie haben. Die haben Gesa und ich natürlich gerne gegeben!

Hey, das war total cool und hat richtig Spaß gemacht!
So ein Fahrtrainig zu Saisonbeginn ist echt eine feine Sache. Den Winter über hat nicht nur der gefürchtete Lederschrumpf sein Unwesen getrieben. Auch der im Sommer noch so elastische Body ist ein wenig eingerostet. Und ähnlich sieht es mit den Fähigkeiten auf dem Motorrad aus. Wie diese ganzen Übungen gehen, das wissen wir eigentlich alle noch - so etwa zumindest. Aber wann haben wir das alles das letzte Mal angewendet? Und ist das alles noch parat, wenn es mal ernst werden sollte?
Vielleicht habt Ihr ja auch in Eurer Nähe beispielsweise eine Fahrschule, die so ein Fahrtrainig anbietet? Oder vielleicht könnt Ihr bei Eurer alten Fahrschule mal ein wenig Werbung für so etwas machen. Das wäre doch eine tolle Idee. 

Vielen Dank auch an die Fahrschule T8 und an Marion Richter für die tollen Bilder!

6 Kommentare:

  1. Hütchenfahren, Notbremsen, Ausweichen - sind als Übung für den Ernstfall sicher eine gute Übung und 20€ sind da gut investiertes Geld.
    Ich war mal auf einem Training, da fuhren wir mit einem Knie auf dem Sattel, danach mit beiden Knien. Fehlte nur noch, dass wir rückwärts aufsitzen sollten :-)
    Seitdem die "X" Heizgriffe und Handprotektoren hat, fahre ich den Winter durch - da bleibt dann auch die "Motorraddynamik" erhalten!

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    1. Solche Übungen mache ich mit meinen eigenen Hütchen ja immer mal wieder zwischendrin. Ich fahre ja auch das ganze Jahr über, mir hat es tatsächlich geholfen, diese Übungen mal von außen betrachten zu lassen und Feedback zu bekommen.

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  2. Tolle Sache, das. Auch der Preis ist dafür voll in Ordnung. Manchmal wird man einfach auch "Betriebsblind". Ab und an einen Hinweis vom Profi ist nicht verkehrt.

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    1. Ja, das finde ich auch. Der Blick von außen ist da recht hilfreich. Und ein paar Kleinigkeiten hatte man tatsächlich vergessen.

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  3. Das wäre in der Tat eine tolle Idee. Ich selber war mal beim ADAC-Fahrsicherheitstraining und fand das eigentlich auch klasse ... nur schweineteuer, sodass ich mir vorstellen könnte, dass es abschreckt, so einen Kurs zu besuchen. 20 Euro für den Tierschutz gibt man doch gerne :-)

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    1. Vermutlich muss man es einfach einmal machen. Einfach mal zur Fahrschule in der Nähe gehen und fragen, ob die so etwas anbieten, oder ob die sich so etwas vorstellen könnten. Das ist eine gute Werbung, hi8lft der Sicherheit und macht darüberhinaus auch noch Spaß.

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