Samstag, 25. April 2015

Langlauf -> Hin

+++17.04.2015+++

Ein durchgestrichener 80er fliegt an mir vorbei. Ich drehe den Gasgriff zu mir. Gesa drückt es etwas mehr auf das Hinterrad. Den Wust des Rhein Main Gebietes habe ich nun hinter mir gelassen. Es ist kühl an diesem Freitag Morgen, als ich die Hühnerstrasse in Richtung Limburg entlangstrebe. Gerade einmal acht Grad zeigt Gesas Thermometer. Das ist besonders bitter, weil gestern noch waren es tagsüber deutlich über zwanzig gewesen.
Ich habe glücklicherweise nicht ganz so viel Zeit zwischen Mainz und Wiesbaden gelassen, wie ich gefürchtet hatte und war sogar über die halbwegs wiedereröffnete Schiersteiner Brücke gefahren.
Auf der Hühnerstrasse komme ich mäßig gut vorran. Es ist ein ewiger Wechsel zwischen 80 und 60Km/h Abschnitten. Dazu gibt es immer wieder Überholverbot und so klebe ich zwischen ein paar Autos und einem weißen Kleintransporter. Mein Tagesziel aber lautet: Delmenhorst.

Kurz vor Limburg habe ich mir eine Strasse herausgesucht, die quer durch führt, in Richtung Dillenburg. Dazu biege ich in Mensfelden ab. Bald merke ich, daß mit der Route so etwas nicht stimmen kann, denn ich komme in ein Dorf auf der linken Seite der Strasse. Ich halte kurz an um mich zu orientieren. Da hinten, hinter dem Dorf, da müsste es weitergehen. Ich hätte auf der Bundesstrasse weiterfahren sollen. Egal, ich gebe Gas und rolle durch das Dorf. Kurz vor dem Ortsausgang kommt mir der weiße Transporter entgegen, der eben noch hinter mir war. Ich gelange auf die Bundesstrasse zurück. Da geht es aber nicht in Richtung Runkel, wie ich gedacht hatte. Ich entscheide mich für links. Das ist auch goldrichtig, wie sich bald darauf herausstellt und ich kann in Richtung Runkel abbiegen, auf die Strasse, die ich haben wollte. Es ist eine wirklich kleine Strasse, die ich noch nie beachtet habe. Mit dem Boot hätte ich sie schon gut gebrauchen können. Da bin ich immer einen Umweg gefahren. Das muss ich mir merken.
Unterhalb von Dietkirchen halte ich kurz an.
Diese Kirche hatte ich schon gesehen gehabt, als ich im Herbst aus dem Sauerland zurückkam. Da hat es aber in Strömen geregnet und ich hatte absolut anderes zu tun, als anzuhalten. Ein paar Tage später und der Raps blüht schon. Das habe ich nun wiederum verpasst heute.
Durch Dehrn schlängele ich mich und gelange auf die Strasse in Richtung B49 / B54. Das hätte ich einfacher haben können, aber ich will nicht meckern. Ich bin schließlich auf der richtigen Strasse. Über Ellar und Fussingen erreiche ich Mengerskirchen. Ich überlege kurz, ob ich mit meiner signalgelben Jacke die Vernisage einer Janoschausstellung drucheinanderbringen soll, verwerfe den Plan aber und gebe weiter Gas. Die Temperatur ist bislang nicht wirklich angestiegen, es sind immer noch irgendwas zwischen sieben und neun Grad. Dafür kommt nun langsam die Sonne durch und es wird zumindest auf meiner sonnenbeschienenen Seite etwas wärmer. Von den vereinzelten Regentropfen kurz vor Limburg ist nun keine Spur mehr. So komme ich durch schönen Wald nach Herborn hinein. Ein kurzes Stück auf der vierspurigen Bundesstrasse und ich bin in Dillenburg. Dort biege ich ab in Richtung Frankenberg. Hier ist unerwartet viel Verkehr. Das kann heiter werden, denke ich, als wir durch die Ortschaften zuckeln. Erst nach einigen Kilometern habe ich Gelegenheit den Belgier vor mir abzuschütteln und davonzuziehen.
   Wo ist Frankenberg?
Die B253 schlängelt sich durch eine wunderschöne Landschaft, es geht durch ein wunderbar grünes Wiesental. Der Verkehr hat sich etwas aufgelockert und es lässt sich gut fahren. Ich nehme mir vor, in Frankenberg eine Pause einzulegen und mir irgendwo Kaffee zu suchen. Aber wo ist Frankenberg? Irgendwann ist es von den Schildern verschwunden. Ich bin schon dran vorbei. Ich hätte abfahren müssen um durch die Stadt zu kommen. Na, schön, also Korbach. Aber da ergeht es mir ähnlich. Nachdem ich hinter dem Edersee eine mörder Umleitung fahren musste, befinde ich mich schon auf der Umgehungsstrasse und werde vorbeigeleitet. Erst als ich in Arolsen angelange, habe ich genug Leidensdruck, daß ich den Blinker rechts setze und abfahre. Gesa könnte auch ein Tässchen Sprit vertragen und so fühle ich mich nicht ganz so pienzig mit meinem Wunsch nach Warm und Kaffee. In Arolsen empfängt mich eine ehemalige Kaserne. Die Stadt hatte ich mir anders vorgestellt. Irgendwie - netter. Meine Tante und mein Onkel waren hier mit den Kindern einige Male auf Urlaub gewesen und hatten immer sehr geschwärmt. Vielleicht war es ein anderes Arolsen? Was aber viel wichtiger ist: Wo ist die Tanke? Ich biege ab und fahre auf ein Ortsende zu. Da ist aber nichts. Also wende ich und fahre zurück und biege in Richtung Bahnhof ab. Dort finde ich zunächst auch nicht wonach ich suche, aber dann sehe ich einen blauen Salmi in der Ferne. Rettung! Gesa saugt sich schon bald an der Zapfsäule mit dem guten Saft voll und für mich gibt es einen großen Pott Kaffee und eine warme Flammkuchenzunge. So etwas habe ich zwar zuvor so noch nicht gesehen, aber es schmeckt sehr passabel. Am Tisch in der Tankstelle wechsele ich auch meine Landkarte im Tankrucksack aus.
Als ich fertig bin, mache ich mich auf meinen weiteren Weg. Erst einmal zurück auf die Bundesstrasse und dann in Richtung Paderborn. Es ist wieder bedeckt und sieht nach Regen aus, aber der Himmel hat Erbarmen. Etwa die Distanz einer guten Tagesrunde habe ich mittlerweile hinter mich gebracht. Aber ich bin weiterhin guter Dinge und fahre fröhlich in die wellige Landschaft. Auf der Bundesstrasse ist nicht viel Verkehr und so komme ich rasch voran. Die B 252 wird irgendwann auf die B 68 geführt; ich aber fahre geradeaus und gebe Gas. Hätte ich da nicht eben abbiegen müssen? Hm. Ich fahre noch ein Stück weiter und bin mir dann fast sicher, daß es nicht richtig sein kann. Kurz vor einem Bahnübergang wende ich und fahre zurück zur Kreuzung und biege richtig ab. Die Strasse hält was ich mir von ihr versprochen habe. In weiten Bögen führt sie durch eine schöne Felder- und Waldlandschaft. In Altenbeken habe ich auch den Eindruck, daß die letzte Rechts eigentlich meine gewesen wäre. Ich suche mir eine Stelle zum Umdrehen und erblicke dabei eine Dampflokomotive. Sie steht da mitten in der Ortschaft. Ich fahre darauf zu und parke Gesa.
Zweizylinder trifft Dreizylinder

Es ist die Lok der Altenbekener Eisenbahnfreunde, 044 389-5, eine dreizylindrige Güterzuglok, wie ich später google. Ihr gegenüber befindet sich das Egge Museum. Dort stellt eine Frau gerade einen Aufsteller "Geöffnet" vor die Tür. Neugierig schlendere ich auf die Tür zu und lese "Freitags Waffeltag" - Das klingt nach mir! Ich trete ein in eine dunkle Diele, in der mehrere Tische sich befinden und am Ende der Diele eine Theke. Ich sehe mich um und höre jemanden aus der Küche kommen. Es ist der Wirt der Museumsstuben, der an zwei Krücken laufend aus der Küche kommt. Ich frage ihn, ob es denn heute auch Waffel gibt und er freut sich, mir welche zu machen. Während ich warte, darf ich mich umschauen.
Museumsstuben im Eggemuseum Altenbeken

Ausgestellt sind Exponate von der Eisenbahn und aus dem Bereich der Eisengießerei
Im Museum lerne ich, daß es eine ziemlich große Eisenbahnbrücke hier in Altenbeken gibt. Irgendsowas habe ich auch vorhin draußen in der Ferne gesehen. Aus der Küche höre ich wieder Geräusche und ich schaue, was meine Waffel macht. Der Wirt kommt damit zur Tür und ich beeile mich, sie ihm abzunehmen, denn von der Küche zum Gastraum gibt es eine Stufe. Die muss er ja mit den Krücken nicht mit dem Teller in der Hand nehmen. Die Waffel ist köstlich und viel zu schnell weg, als daß ich sie fotografieren könnte. Nachdem ich fertig bin, unterhalte ich mich noch kurz mit dem Wirt, der große Augen bekommt, als ich ihm mein Tagesziel nenne und sehe dann zu, daß ich weiter komme. Zuerst mache ich aber noch ein Bild von dem großen Eisenbahnviadukt.
Ein Bild mit Brücke für Svenja und Kirche für Funny und die G'schichtnerzählerin
Auf dem Bild ist nur ein Bruchteil davon zu sehen, aber um eine idealere Position zu suchen, fehlt mir die Zeit. Altenbeken verlasse ich durch eine Eisenbahnunterführung und komme auf eine wunderhübsche Strasse, die sich an einen Berghang geschmiegt durch Wald und Felder schlängelt. Es ist wunderbarer warmer Sonnenschein und ich bin höchst zufrieden. Wieder einmal fällt mir auf, wie wunderschön unser Land ist. Durch die kleinen Städtchen und Ortschaften komme ich, trotz Freitag Nachmittag, gut durch.
So schlängele ich mich friktionsfrei durch Ostwestfalen - Lippe (es gibt auch für diejenigen, die beim Begriff "Ostwestfalen" ins Stocken geraten, "Ostfalen". Das liegt aber zwischen Hildesheim und Halberstadt) durch Detmold und Lemgo und zuckele hinter einem weißen Auto hinterher. Der biegt irgendwann ab und ich gebe Gas. Mir kommt die Sache aber komisch vor. Nach ein paar hundert Metern halte ich an und vergleiche meine Karte mit der Wirklichkeit und stelle fest, ich hätte dort ebenfalls abbiegen müssen wie der weiße Wagen. Also zurück und auch abgebogen. Es ist eine schöne kleine Strasse, in Richtung Vlotho. Bald hinter der Ortschaft bietet sich die Gelegenheit anzuhalten und Fotos zu machen.
Danach schlängelt sich die Strasse herrlich durch den Wald hintunter zur Weser, die auf einmal blau glitzernd durch die Äste leuchtet. In Vlotho biege ich ab und überquere die Weser in Richtung Uffeln.
Hinter Uffeln ist meine ganze Aufmerksamkeit gefragt. Porta Westfalica und Minden sind nicht lustig. Zuerst verfahre ich mich in Porta und lande in einem Industriegebiet und gelange dann auf die richtige Seite der Weser und fahre durch einen ewig langen Tunnel. Trotz des hier starken Feierabendverkehrs habe ich aber Glück, immer genau die Strassenrichtung erwischt zu haben, die gerade nicht gefragt ist. An der Schachtschleuse in Minden biege ich ab in Richtung Norden. Die Strasse wird sofort angenehmer, es geht unter Bäumen durch die Vorortsiedlungen und bald wird es auch ländlicher. Ich habe den Eindruck, daß mit meiner Richtung etwas nicht stimmen könnte, ich drifte für mein Gefühl zu weit nach Osten ab und so mache ich in Petershagen auf einem Rewe Parkplatz kurz Halt. Die Karte muss auch rumgedreht werden und so erledige ich diese Dinge und stelle fest, daß ich mich auf dem absolut richtigen Wege befunden habe.
Die Strecke, die nun folgt, ist etwa so spannend wie das Testbild und wird nur aufgelockert durch ein paar LKW und lahme PKW. So geht es im sanften Bogen vorbei an Uchte in Richtung Sulingen. Kilometer um Kilometer surren unter Gesa und mir durch und langsam habe ich das Gefühl, ich könnte mal ankommen. In Sulingen gibt es eine interessante Verkehrsführung, die B 61 wird um die Stadt herum geführt. Dazu muss man auf die B 214, die an der Stelle ein kurzes Stück sich mit der B 61 vereint, überwechseln und ich hätte meinen letzten Heller auf eine Einfädelspur gewettet und sofort verloren. Denn da gibts keine. Ich habe Glück und es geht sich aus, weil in dem Moment keiner gekommen ist. Kurz drauf biegt man rechts ab und ist wieder auf der normalen Bundesstrasse nach Bassum. Hier verschönt mir ein LKW mit einer längeren Autoschlange das Dasein und es braucht eine Weile, bis ich den hinter mir lassen kann. Mir entgegen kommen jetzt auffallend viele Motorräder. Freitags Nachmittags, bei Sonnenschein, wird angegast. Dabei sind die Temperaturen nicht wirklich mollig, jetzt gegen Abend sinkt die Anzeige auch langsam wieder in Richtung 10, nachdem ich hinter Altenbeken durchaus schon mal über 13 Grad hatte.
 Kalt und Falsch in Bassum
In Bassum entscheide ich mich für die falsche Richtung und liege damit ausnahmsweise richtig. Das kann ich aber noch nicht wissen. Irgendwo muss doch die Strasse nach Harpstedt abgehen! Die Bundesstrasse macht mir einen zu weiten Bogen nach Osten. Da kann das nicht sein. Ich biege an der letzten Abfahrt von Bassum ab und halte an der Einfahrt zu einem Landhandel. Das Tor ist schon zu und ich vermute niemanden mehr dort. Aber damit liege ich nicht richtig. Angelockt durch das Motorengeräusch kommen zwei Männer hinter dem Gitter auf mich zu. Ob ich etwas suchen würde. Ja, Harpstedt. Sie überlegen kurz und schicken mich zurück auf die Bundesstrasse und dann nach links, weiter in die Richtung, die mir verkehrt schien und dann solle ich die nächste wieder links abfahren. Dann müsste Harpstedt auch schon wieder ausgeschildert sein. Ich bedanke mich und drehe um und folge ihren Anweisungen. Tatsächlich, ich gelange auf eine Strasse nach Harpstedt, wo sogar etwas von Umleitung steht. Ich wäre auf der anderen Strasse gar nicht durch gekommen. So bin ich froh, eine recht kurvige Strasse zwischen hübschen alten Bauerngehöften gefunden zu haben und bin bald darauf auch schon in Groß Ippener. Von dort ist es wirklich nicht mehr weit bis zu meinem Hotel. Noch einmal abbiegen und ich bin da.
Im Hotel "Hof Hoyerswege" empfängt mich die Dame von der Rezeption mit den Worten "Ach, meine Motorradfahrerin!". Ich hatte vorgestern noch eine Mail geschrieben, in der ich mich mit Motorrad angekündigt habe und nach einer Unterstellmöglichkeit für Gesa gefragt hatte. Wir gehen nach hinten auf den Hof und sie zeigt mir eine Garage, in der sie noch ein paar Kartons und Getränkekisten zur Seite räumt und mich fragt, ob das passen würde. Wunderbar, sage ich und hole Gesa nach hinten. Die Garage ist nicht weit vom Zimmer und ich muss meine Sachen nicht weit tragen.
Als ich im Zimmer bin, rufe ich meine Tante an, die kurz hinter Harpstedt mich schon mal versucht hatte zu erreichen und wir verabreden, daß sie mich gleich abholen werden zum Essen. Also beeile ich mich, daß ich mich in einen präsentablen Zustand versetze und gehe nach vorne. Als ich kurz mit Tom telefoniere, kommen sie auch schon und wir fahren nach Wildeshausen und verbringen einen wirklich netten Abend.

Meine Güte! Was für ein Ritt! 484 Kilometer stehen am Ende des Tages auf der Uhr. Als mein anderer Onkel mich zu seinem 80sten Geburtstag einlud, da hatte ich mir so überlegt, wäre doch schön, ich würde mit Gesa dort hinfahren. Aber wenn, dann alles Landstrasse. Habe ich mich damit übernommen? Bis jetzt noch nicht, aber noch bin ich nicht wieder zu Hause. Morgen geht es erst einmal zur Geburtstagsfeier und am Sonntag dann wieder nach Hause. Dann werden wir schlauer sein. Zunächst einmal weiß ich, wer heute Nacht gut schlafen wird...


Gerade durch, einmal halb durch Deutschland. Die Strecke - wunderbar!


Donnerstag, 16. April 2015

Abentheuer mit Griesgram

Am frühen Nachmittag grabble ich das Händi hervor und tippe ein paar Sätze in eine Kurznachrichtenapp. Nach nur wenigen Minuten steht fest: ABFAAAHRT!
Ich suche mir den kürzesten Weg auf die B 41 und gebe Gas. Die neuen Reifen singen unter mir, Gesa läuft unbeeindruckt geradeaus. An Bad Kreuznach vorbei geht es weiter in Richtung Hunsrück. An Bad Sobernheim und Kirn vorbei erreiche ich Idar Oberstein praktisch pünktlich. Wir haben uns am Bahnhof verabredet, den kenne ich, da weiß ich wo der ist. Idar Oberstein hat es vor ein paar Jahrzehnten zum Höhepunkt des Betonrausches geschafft, den Fluß Nahe, der durch Oberstein sich schlängelt, mit einer vierspurigen Strasse zu überbauen. Das Stadtbild hat ein bisserl gelitten unter der Maßnahme, ich aber schöpfe den Vorteil für mich voll aus und gleite ungehemmt bis zur Abfahrt zum Bahnhof.
Dort wartet schon Griesgram999 mit seiner #Hippe auf mich und Gesa.
Griesie ist noch nicht lange da und schaut sich auch noch um, wo er da gelandet ist. Nach einer kurzen Begrüßung ("Ein Klapphelm, wie süß!") stellen wir fest, daß wir anscheinend in einer Parkhausausfahrt stehen und suchen uns in Idar ein Café, in dem man draußen sitzen kann und klönen. Wir kennen uns beide nicht so recht aus, aber finden anscheinend zielstrebig das einzige Café, das es dort gibt, in der romanitschen Umgebung eines sechziger/siebziger Jahre Hochhauses. Hinter dem Kreisel davor lauert die Kieberei, aber von uns wollen sie nichts und so schlängeln wir uns hinter ihnen durch auf einen Parkplatz.
Eine gute Stunde sitzen wir bei Kaffee und Kuchen (ich) und klönen und lachen. Dann hält es uns aber nicht mehr am Sitz: "lass uns doch ne Runde fahren!". Und bald schon meandern wir uns aus Idar heraus ins freie Umland. Es gibt viele herrliche kleine Strassen hier und wir schwingen fröhlich durchs Grüne. Irgendwann überholt Griesie mich und bedeutet mir anzuhalten. Was ist los? "Da hinten war ein schnurgerader Schotterweg! Und da stand nichts von wegen Verboten! Hast Lust?" - Na, klar! Also reißen wir die Maschinen rum und sprinten das kurze Stück zurück. Griesie fährt voran. "Bist Du schon mal Schotter gefahren?" - Nö... "OK, ist wie Strasse, nur beim Bremsen und in der Kurve musst etwas vorsichtig sein!" Kein Ding! Machen wir!
 Schotterweg? Lust? Klar!
Also los! Mit kleiner Staubfahne wehen wir den Weg empor und biegen tiefer in den Wald hinein. Die neuen Reifen bekommen gleich ihre erste Probe in dem für sie vorgesehenen Terrain. An einer Wegkreuzung stoppen wir. "Bist Du schon im Stehen gefahren?" Na, ja, ein bisschen versucht... ööh. Er erklärt mir kurz die wesentlichen Dinge und schon geht es weiter, immer weiter, in den Tann. Teils im Stehen, teils im Sitzen fahren wir herrliche trockene Wege und genießen die schöne Sonne und die herrliche Luft. Wieder bleiben wir an einer Kreuzung stehen. Er zeigt auf einen Weg, der rechts abgeht und ziemlich grün aussieht. Es wird bergan gehen. "Und, wie sieht es damit aus?" Na, ja, ich weiß nicht. Aber lass es uns probieren. "Gut, fahr vor!" Mach ich. Und so geht es im Stehen über den grasigen Weg bergauf bis zu einem Plateau. Dort erblicke ich einen Menschen und stoppe. Der Wanderer scheint sich gar nicht um uns zu kümmern und verschwindet im Grün. Wir fahren noch ein paar Meter, bis eine Bank erscheint und stellen die Motorräder ab.
Ein paar Schritte weiter ist ein Aussichtspunkt, wir setzen uns auf die Bank und üben Manöverkritik.
"Fahr nur da hin, wo Du auch wieder zurück kommst!" mahnt er mich. Das sehe ich genau so, denn auch ich möchte abends gerne wieder heil nach Hause kommen.
Die Maschinen warten, als wir wiederkommen, noch brav auf uns und wir machen uns daran, sie umzudrehen. Seine #Hippe ist auf dem Ständer leicht zu wenden, aber mit meiner Gesa tun wir uns etwas schwer.
Auf dem Rückweg fährt er den Grasweg vor. Ich also hinterher. Im Stehen geht es den Hügel hinunter, ich habe mich etwas nach hinten gelehnt um das Vorderrad nicht zu sehr zu belasten und so komme ich gut unten an der Kreuzung an. Der Atem geht schwer, ich schwitze. Das kleine Stück hat es in sich gehabt. Adrinalin. Hammer!
Als wir nach einer Biegung Waldarbeiter erblicken, mit Traktor und Auto, sehen wir zu, daß wir wieder auf "normale" Strassen kommen. Nach ein paar Kilometern ist Hermeskeil erreicht und wir legen noch mal eine Pause ein.
Ein Milchshake später, als es langsam dunkel wird, beschließen wir nach Hause aufzubrechen.

Größenvergleich. 800ccm links, 250ccm rechts

Heey! Was ein klasse Tag! Was habe ich heute schon wieder alles gelernt! Ein Geländemotorrad ist nicht nur für die Strasse da und Stollenreifen machen nicht nur einen schlanken Fuß! Und: die Leute auf der anderen Seite der Tastatur sind echt! Dankeschön dafür!
to be continued

Dienstag, 14. April 2015

Klein - Stark - Schwarz! Ausprobiert: BMW G650GS

Der freundliche Tullius hat sich echt bemüht. Nachdem ich eifrig genickt hatte auf seine Frage, ob er mir "die da" als Ersatzmaschine anbieten könne, hat er sie vor die Tür geschoben und mir die Feinheiten erklärt. Im Prinzip nichts, was ich jetzt in meiner, bislang kurzen, Motorradfahrerinnenkarriere nicht schon gehört hätte.
Wie er fast fertig ist, fährt ein Wagen vor, aus dem eine blonde Frau, etwa meines Alters, steigt und erschrocken fragt, ob er sie verkauft hätte. Nein, nein, beschwichtigt er, sie macht nur eine Probefahrt! Die Frau ist erleichtert. 
Als die Beiden rein gegangen sind und mich meinem Schicksal überlassen haben, schaue ich die Maschine mir noch einmal aus der Nähe an. Hübsch, schwarz, glänzender Lack und - 56 Kilometer auf der Uhr. Ups, die ist neu.
Ich schwinge mich auf den Sattel. Ein Gefühl von Mokick. Die Maschine ist niedrig, schmal und in Allem etwas schmächtig. Etwa so, wie seinerzeit in der Fahrschule die 500er Honda.
  Ein Gefühl von Mokick?
Man muss sich das mal vor Augen führen. Ich sitze auf einer 650ccm Maschine und denke "Huch, ist die klein!" Vor nicht allzulanger Zeit wäre so etwas ein Wahnsinnshammer gewesen. Für mich ohnehin.
Ich habe ja schon einmal auf so einer Maschine gesessen, als ich nach einem geeigneten Motorrad für mich gesucht habe. Damals schon war sie viel zu klein für mich. Ich war zum freundlichen Tullius gefahren und hatte nach einer G650GS Sertao gefragt. Die war aber nicht da, nur die etwas niedrigere Schwester. Jetzt habe ich Gelegenheit diese niedrigere Schwester mal im Betrieb zu erleben. Gespannt drehe ich am Schlüssel. Die Instrumente vor mir beginnen zu leben. Dann der Druck auf den Startknopf. 48 PS erwachen. Das Geräusch ist angenehm, allerdings nicht markig und es gibt erwartungsgemäß etwas mehr für's Gefühl. Das stampft ganz schön. Ich drehe am Griff, die Fahrt beginnt.
Was mir sofort auffällt, die lenkt sich ganz anders. Darauf muss ich mich noch einstellen. An der Ampel biege ich in Richtung Innenstadt ab. Noch weiß ich nicht, daß dieser Nachmittag es in sich hat und Stau auf mich wartet, wohin ich auch ausweiche.
Im Stadtverkehr stelle ich fest, daß ich mit der Maschine - und vermutlich dazu noch mit meiner gelben Jacke - von den Autofahrern und anderen Zweiradlern nicht so recht ernst genommen werde. Die Silhouette wird es wohl sein.
Zuerst denke ich auch, da kommt nicht viel wenn ich am Griff drehe. Der Eindruck ist aber sehr verkehrt. Es hört sich lediglich anders an und es schiebt aus den 48 PS jetzt auch nicht so mächtig, das ist richtig, aber als ich auf den Tacho blicke, fahre ich schon etwas schneller als die verlangten 50. Ich habe mich von dem Tucktucktuck des Motors einlullen lassen. Mit ein paar Umdrehungen ist man da schon weiter als man meint.
  Nach dem Chaos wird es leicht
Als ich mich aus dem ganzen Chaos rund um die Mainzer Brücken befreit habe, und auf der Bundesstrasse Bodenheim entgegenstrebe, bemerke ich etwas Unruhe im Fahrwerk. Die Front scheint leicht zu werden. Ich beuge mich weit nach vorne. Zudem werden die Vibrationen stärker. Dafür kann ich aber, als ich wenig später zwischen den Rheinhessischen Dörfern auf der Landstrasse unterwegs bin, beinahe mit dem Hintern lenken. Etwas Gewicht verlagert und schon biegt das ab.
Durch die fünf Gänge, die sie bietet, schaltet man sich sehr exakt und man vermisst die Ganganzeige keinen Moment.
So erreichen wir dann letztlich nach dem ganzen Stau gestehe doch noch die Garage. Das stehen im Stau hat geschlaucht. Erst einmal ist Feierabend nun. Am anderen Morgen schaue ich mir die Maschine genauer an.
Schwarz, neu und relativ komplett
Die Gußfelgen sehen recht hübsch aus und die Bodenfreiheit ist ganz ordentlich
Die Maschine verfügt über einen Hauptständer, das Aufbocken geht damit auch recht einfach. Für mich war der Seitenständer etwas gewöhungsbedürftig angebracht, das liegt aber daran, daß ich es einfach anders kenne. Das Cockpit überfordert nicht mit Informationen in der Anzeige, oder vielen kleinen Schalterchen. Es gibt die Kilometerzähler, die Uhr und fertig. Keine Ganganzeige, keine Anzeige für Temperaturen, keine permanente Tankanzeige. Dafür gibt es zwei Tageskilometerzähler. Der Drehzahlmesser hat ein Balkendesign, ist aber echt nicht gut ablesbar. Am besten fährt man da nach Gehör.
An der Verkleidung, neben dem Kombiinstrument, sind die Schalter für die Warnblinkanlage und die Griffheizung angebracht. Für letztere gibt es keine Anzeige, die Schalterstellung verrät, auf welcher Stufe die Finger gegart werden.
Das Ganze ist zwar recht spartanisch, aber nicht unangenehm.
Der Griff für die Kupplung kann im Gegensatz zu dem für die Handbremse eingestellt werden.

Die Bremsen greifen ordentlich und man hat die Fuhre jederzeit unter Kontrolle. Was mir etwas klein erscheint, das sind die Fußrasten für den Fahrer.

Etwas überrascht war ich über die Lage des Ölstabes. Ihn hatte ich zuerst mal am Motor gesucht und dort natürlich nicht gefunden. Als ich dann die Öffnung finde, überlege ich mir erst einmal, was da wohl für ein Stab drinnenstecken mag und ob er sich für Auseinandersetzungen mit anderen Verkehrsteilnehmern eignen könnte. Als ich den Deckel abschraube folgt die Ernüchterung. Er ist eher ein Stummel, keine Handbreit lang.

Was echt einfach geht, das ist das Einstellen der Vorspannung des Federbeines. Der Griff ist ideal angebracht und lässt sich kindereinfach bedienen. Für die Dämpfung muss man allerdings einen Schraubenzieher zücken und nach dem Schraubenschlitz suchen.

Unter dem Sitz finden sich zwei Auspuffrohre. Eigentlich eines zu viel für einen Einzylinder. Aber: Gesa hat zwei Zylinder und nur einen Abgasauslass, warum soll das anders herum nicht auch gehen. Der Topf auf der linken Seite entpuppt sich allerdings als reiner Resonanztopf, aus seiner hinteren Öffnung kommen keine Gase. Diese Aufgabe hat der rechte Topf alleine zu tragen.

Was begeistert, das ist der serienmäßige Gepäckträger und das Staufach unter ihm. Von letzterem sollte man sich aber nicht zu viel erwarten. Dort drinnen befindet sich nämlich auch der Griff, mit dem man die Sitzbank entriegeln kann.
Ein Verbandspackerl (in Österreich zum Beispiel Pflicht) passt auf jeden Fall hinein. Die Sitzbank ist leicht ent- und verriegelt, darunter findet man das Bordwerkzeug.
Nach meiner Runde ums Motorrad mache ich mich auf den Weg zurück, über den Rhein. Vorher stelle ich allerdings die Vorspannung des Federbeines noch richtig ein. Es zeigt sich, daß ich jetzt ein ganz anderes Motorrad habe. Das Lenken läuft nun wieder etwas mehr so ab, wie ich es gewohnt bin. Dennoch bleibt die Leichtigkeit beim Fahren erhalten. Von Partenheim geht es in Richtung Saulheim, Kurven und wenig Verkehr, und schlechte Wegstrecke. Das macht wirklich Spaß, die Maschine überfordert nicht und besonders laut ist sie auch nicht. Von Saulheim fahre ich am Postzentrum hinab nach Nieder Olm. Als die 80 fallen, gebe ich Gas. Ich bin irritiert. Kann ich nicht mehr richtig sehen? Die Verkehrszeichen verschwimmen in der Ferne. Das sind die Vibrationen! Habedehre! Das geht durch Mark und Bein. Das haben also Tester der "Sertao" gemeint mit "etwas störenden Vibrationen" ab soundoviel Touren. Ich lasse es wieder langsamer angehen und schlängele mich auf die andere Rheinseite. Jetzt, wo ich die Vorspannung angepasst habe, ist die Front nicht mehr ganz so leicht. Aber die Tendenz spüre ich immer noch. Ich schiebe das mal auf mein Eigengewicht. Die Kilo siebzig, die sie können soll, möchte ich allerdings mit ihr nicht fahren.

Bald 140 Kilometer habe ich am Ende mit der G650GS zurückgelegt. Sie ist ein freundliches, kompaktes Motorrad, mit Ambitionen zum Ausritt ins Gelände. Sie überfordert zu keinem Zeitpunkt und lenkt sehr schön zielgenau. Sollte man allerdings ein Adjektiv für sie zu finden haben, das sie am Besten charakterisiert, dann wäre es "spektakulär" vermutlich nicht. Ich möchte sie nicht als "Einsteigermotorrad" abqualifizieren. Denn das ist sie durchaus nicht. Sie ist ein Motorrad auf dem man jeden Tag seine Freude haben kann und die einen treu durch den Alltag begleiten wird. Ein Alltagsmotorrad im besten Sinne.


Update 23.12.2015
Wenn ich das richtig sehe, dann wird es die G650GS im kommenden Jahr, also 2016, zumindest in Deutschland nicht mehr geben. Auf der Webeseite ist sie zwar noch verzeichnet, aber im neuen MOTORRAD Katalog ist sie nicht mehr enthalten. Das war schon bei der Sertao ein untrügliches Zeichen. Sollte also der letzte große Einbaum von BMW nun Geschichte sein? Es wäre Schade drum. Wer noch eine haben möchte, der sollte sich beeilen, vielleicht kann er ja noch ein Schnäppchen machen.

Dienstag, 7. April 2015

Einmal Schierstein und zurück

 - Ich lasse den Hörer sinken. So schnell hatte ich nicht damit gerechnet. Ich pack's ganz normal nicht. Die haben mir doch tatsächlich einen Termin für nächste Woche gegeben...! Schon! Dabei hatten die gesagt, je näher Du an den März kommst, desto schwerer wird es mit einem Termin. -

Moment! Mal langsam und mal der Reihe nach! Am Telefon hatte ich eben den freundlichen Tullius und habe zu ihm rübergeraunt, ich bräuchte einen Termin für Gesa für die 10.000er Inspektion. Ich hatte noch gesagt, soo eilig wäre es nicht, ich hätte noch knap 700 Kilometer. Und jetzt: am 18.3. um neun. Na Bumm.
Einen Haken hat die Geschichte allerdings: Die große Spielleitung hat sich einen besonderen Schwierigkeitsgrad einfallen lassen. Die Schiersteiner Brücke gibts nicht mehr. Die ist gesperrt seit Februar und es ist kurzfristige Wunderheilung nicht in Sicht.

+++17.03.2015+++
Wie es aussieht, ist aus der Wunderheilung der Brücke nichts geworden. War absehbar. Arbeitsmäßig ist es ruhig im Moment, also wage ich es. Ich bringe Gesa heute Nachmittag schon hin. Ich hatte mich schon angekündigt für den Abend und bereits eine Ersatzmaschine bestellt. Also nutze ich den Tag dazu, eine möglichst weite Runde zu drehen und mich quasi von hinten anzuschleichen.
So biege ich hinter Gau Weinheim auf die Bundesstrasse in Richtung Gau Bickelheim. Dort lasse ich mir nicht viel Zeit, denn Jack the Ripper soll angeblich von hier gewesen sein. Weiter geht es über Wöllstein, dort biege ich ab und gelange nach Eckelsheim.
Kurz hinter Eckelsheim erscheint die Ruine der Beller Kirche im Blickfeld. Ich halte an..
Unten steht schon Gesa und winkt, also beeile ich mich zurück zu gelangen. Vorher begutachte ich noch ein Insektenhotel, das dort oben zu finden ist.

Weiter geht es also! In Wendelsheim biege ich in Richtung Mörsfeld ab. Sofort bin ich wieder ganz alleine auf der Strasse. Die Sonne scheint, es ist wirklich schon warm, das Thermometer zeigt Temperaturen von bald 15 Grad und ich genieße die Fahrt vollkommen. In Mörsfeld blicken zwei alte Damen so erstaunt und entgeistert zu mir rüber, daß ich ihnen winke. Die Reaktion bekomme ich schon nicht mehr mit, da bin ich bereists fast aus dem Ort wieder draußen. Auf der folgenden, schnurgeraden Strasse überholt mich ein schwarzer Golf und wird auch rasch am Horizont kleiner. Der hat es mir jetzt richtig gezeigt! Vor Kriegsfeld muss ich abbremsen. Ein silberner Kleinwagen eiert gottvergessen auf der Strasse rum. Doch bald ist auch für mich die Gelegenheit da, dieses Hindernis Geschichte werden zu lassen.
Ab Kriegsfeld habe ich dann allerdings ein sehr langsames Müllauto vor mir. Durch den Ort quält es sich im Schrittempo und danach erreicht es auch nur bald 50. Aber der freundliche Fahrer winkt mich vorbei. Ich bedanke mich winkend und sehe im Rückspiegel noch mal seine Scheinwerfer. Dankeschön!
So schwinge ich fröhlich durch den sonnendurchfluteten Wald in Richtung Kirchheimbolanden. Die Sonne steht zu dieser Jahreszeit noch recht tief, obwohl es schon Mittag durch ist, und gibt es ein tolles Licht und Schattenspiel auf der Strasse.
Von Kirchheimbolanden fahre ich weiter in Richtung Süden und biege schließlich ab ins Zellertal. Ich habe Zeit und fahre ich über Zell und die nette kleine Strasse durch die anderen Ortschaften. Wirklich Herrlich! In Monsheim angekommen beschließe ich, der Tag ist schließlich noch jung, ein Stück noch nach Süden zu fahren und erst die nächste Möglichkeit Richtung Worms zu nutzen. So gelange ich über Offstein und Horchheim schließlich in die Nibelungenstadt. Worms selbst ist nicht so sehr der Brüller, im Krieg ist hier viel zerstört worden, aber hier gibt es hinter der Weisenauer Brücke in Mainz die nächste feste Flußquerung. Die nutze ich. Hinter der Brücke biege ich ab, in Richtung Bobstadt, aber bald darauf schon auf die kleine Landstrasse über Wattenheim. Was mir sofort wieder auffällt ist, daß an den Ortseingängen hier gerne und ausgiebig fotografiert wird. Von mir gibts aber kein Bild, ich biege stattdessen in Biblis auf einen Parkplatz bei einem Rewe ab. Üblicherweise haben die doch bei Rewe eine heiße Theke. Auf die bin ich scharf, also parke ich Gesa und gehe hinein. Drinnen muss ich feststellen, daß es wohl hier etwas anders ist. Bei Rewe direkt gibt es nichts, dafür aber beim Bäcker am Eingang. Also ordere ich dort ein Fleischkäsebrötchen und setze mich damit draußen in die Sonne. Wie ich dann von Gesa und mir ein Foto machen will, stelle ich fest, daß meine Kamera nun endgültig nicht mehr zu benutzen ist. Ich hatte mich schon über die dunkle Stelle oben im Bild gewundert... Deshalb gibt es nun also vom Rest des Tages keine Bilder. Grmpf!
   Keine Bilder - keine Offenbarung - weiter!
Das Fleischkäsebrötchen war auch nicht die oberste Offenbarung und so tüddel ich mich wieder an und verlasse Biblis auf der B44. In Gernsheim biege ich von der Bundesstrasse ab und fahre lieber über die Dörfer. So komme ich auch nach Biebesheim und Stockstadt. Doch scheinbar sind die Ortschaften hier darauf erpicht daß man als motorisierter Reisender nicht gerne bleibt und so füge ich mich, als ich hinter Stockstadt wieder auf die B44 geleitet werde. Bis ich in Mainz Bischofsheim dann auf die B43 komme, passiert nichts spannendes. Dort treffe ich auf einen anderen Motorradfahrer, mit einer alten Honda und zusammen rollen wir in Mainz Gustavsburg ein. An der Ampel sind wir dann schon zu dritt, ein Harleyfahrer mit einer Streetfighter gesellt sich dazu. Er trägt einen weißen Streetfighterhelm und nickt uns kurz zu, bevor er sich an die Spitze setzt. So donnern wir zu dritt über den Main und durch Kostheim. Das Donnern kommt allerdings fast ausschließlich aus dem Endrohr der Harley. Das ist ein echt vergewegenes Gerät. Mit Kettenantrieb und kurzem Heck. Mit so einem Geräusch muss der Antrieb der Titanic auch eingerastet sein, als die in Queenstown losgesteamt ist... denke ich mir, als er an einer Ampel vorm Start den Ganghebel hinuntertritt. Ehrfurcht.
Der Weg zum Brückenkopf ist verstopft und so fahren wir geradeaus weiter um hintenrum zu entkommen. Das gelingt noch ganz gut, aber als ich dann von der Boelckestrasse abbiege, um weiter zum Rhein zu gelangen, da ist dann Schluss mit Lustig. Stau ab der Eisenbahnüberführung. Na, da wird ja für die Rückfahrt was gefällig sein. Endlich an der Ampel angekommen, biege ich in Richtung Amöneburg ab. Die Autoschlange, die mir entgegen kommt, reicht bald bis zum Bahnhof Wiesbaden Ost. Das wird also keine Möglichkeit sein für mich für den Heimweg.
Je näher ich Schierstein komme, desto ruhiger wird es auf der Strasse. Als ich an der Autobahnauffahrt bin, ist es nunmehr lediglich der normale Wahnsinn, wie sonst an einem normalen Tage. Nix mit Roushhour.
Bald drauf stelle ich Gesa beim Tullius vor die Werkstatt. Die Formalitäten sind schnell erledigt und es dauert nicht lange, bis ich wieder vom Hof rolle. Das Motorrad unter mir ist klein, schwarz und schaut unter mir aus wie eine 125er. Es ist eine G650GS.
   Mit dem kleinen Schwarzen im Stau
Ich biege ab in Richtung Innenstadt und schlängele mich dann über Gibb und den zweiten Ring nach Bierstadt. Hier schlage ich einen kleinen Haken bis Nordenstadt und winde mich an Hochheim heran. Wie ich in der Kurve der Autobahnauffahrt unter der Autobahn durchfahre, sehe ich schon was oben los ist. Hier geht gar nichts mehr. Mit viel Glück bekomme ich eine gute Position und kann bald an der Abfahrt nach Kostheim wieder abfahren. Diesmal denke ich mir, fährste mal nicht an der Papierfabrik vorbei, sondern geradeaus, so wie Detlef das neulich moniert hatte und stehe bald darauf wieder im Stau. Hier regt sich nun wirklich nichts mehr. Vorn hinten versucht sich ein Polizeiauto mit Blaulicht, hat damit aber keinen Erfolg. Die Autos vor ihm können nicht einfach auffliegen und es vorbeilassen. Ich habe abermals Glück und komme kurz vor einer Wendemöglichkeit zum Stehen. Mir gelingt es, mich durchzumogeln und ich drehe also um. Mit dem Manöver gelingt es mir dann bald einen weiteren schönen Stau zu finden. Da bin ich vorhin noch gut durchgekommen an der Stelle... Nun nicht mehr. Ich stehe mir die Räder in den Bauch. Der Einzylinder stampft unter mir. Ich schwitze, der Einzylinder startet die Kühlung. Ihm ist auch warm. Es braucht ewig, bis ich endlich am Hindernis auf der Theodor Heuss Brücke angelangt bin und mich dank obrigkeitlicher Aufsicht ohne Probleme im Reißverschluß einsortieren kann. Danach ist der Spuk vorbei. Ich fahre auf der Rheinstrasse in Richtung Weisenau und stehe zwanzig Minuten später in meiner Garage.
Was ein Ritt! Die bald 200 Kilometer vorher waren lange nicht so anstrengend, wie das Stau Gestehe. Das hat mich alles in allem über eine Stunde gekostet. Mit vorbei Fahren ist da nicht viel gewesen. Dazu sind die Strassen dort zu eng und ich habe zu wenig Übung mit so etwas. Außerdem hatte ich ein fremdes, nagelneues Motorrad dabei.