Mittwoch, 27. Dezember 2017

Besuch bei alten Damen

*07.05.2017*
Der Blick aus dem Fenster lässt nichts Gutes ahnen. Es ist grau und die Straße sieht feucht aus. Um das zu erkennen, brauche ich keine Brille. Ich verschwinde im Bad und mache mich fertig. Ein Blick noch auf die Wetterapp, es wird heute auf jeden Fall noch mehr Regen geben, und danach gehe ich erst einmal hinunter zum Frühstück.
Unten sind schon einige im Aufbruch begriffen, andere dagegen offenbar noch gar nicht aufgestanden. Ich suche mir die Dinge her, die ich gerne mag und suche mir einen freien Platz. Die Gespräche drehen sich um Touren, die man schon gefahren ist, um Sitzhöhen und um blöde andere Motorradfahrer. Im Prinzip ist das wie eine Facebookgruppe. Nur in echt.

Nach dem Frühstück gehe ich, meine restlichen Sachen zu verpacken und trage die Koffer runter zu Gesa. Ich habe im Ganzen drei Gepäckstücke plus den Helm. Und mich. Als ich vor die Türe trete, ist es zwar trocken, aber der Regen hängt noch in der Luft. Ich wische das Wasser von Gesas "Tank" und schnalle den Tankrucksack auf ihr fest. Das Bremsscheibenschloss kommt in seinen Beutel und in den Tankrucksack und danach die beiden Koffer an ihre Halter. Hinter mir werden schon die ersten Motoren gestartet und es kommt langsam Bewegung in die Gruppe. Der Hund des Hauses tapert durch die Reihen der Motorräder und lässt sich von allen nacheinander den Rücken kratzen.
Ich laufe noch mal rasch in das Haus und bezahle mein Zimmer und danach bin ich im Prinzip reisefertig. Einen Plan, wie ich fahren möchte, habe ich auch schon. Mittlerweile setzt das große Aufbrechen ein.
Es wird sich gegenseitig gedrückt, gewinkt und gerufen und dann fahren einzelne, oder kleine Gruppen davon. Ich bin eine von den letzten, die losfahren.

Meine Strecke führt mich zunächst in Richtung Trier. Eine Weile folgt mir noch Claudia mit ihrer W800, aber dann biegt sie irgendwann ab und fährt in Richtung Mosel weiter. Ich habe keine Lust auf die Serpentinen bei dem Wetter und halte weiter auf Trier zu. Die Straße ist zum Teil schnurgerade und gut ausgebaut. Es gibt irgendwo ein altes Rasthaus und Gesa und ich kommen durch ein oder zwei langezogene Dörfer. Hier möchte ich nicht wohnen. Weder jetzt bei Regen, noch im Sommer, wenn alles heiß und staubig ist.
Trier kommt näher. Der Verkehr wird etwas dichter und es hat leicht angefangen zu regnen. Die Straße ist nass und es geht in langen Kurven in Richtung Moselbrücke hinab. Trier selbst werde ich auch dieses Mal links liegen lassen. Trier ist eigentlich eine ganz nette Stadt, hier kann man gut einkaufen, allerdings nicht an einem Sonntagvormittag und bei Regen schon gar nicht. Aber das Schicksal teilt sie mit vielen Städten. Triers größter Nachteil ist, daß es immer weit weg ist. Man fährt ewig, bis man dort ist. Früher, als die Straßen im Hunsrück noch nicht so gut ausgebaut waren. war das wirklich ein übler Ritt. Aber auch heute ist das, selbst wenn man forciert fährt, von Mainz eine Tour von gut zweieinhalb Stunden.
Ich möchte heute nicht auf der Autobahn die Stadt verlassen, sondern habe mir eine Straße herausgesucht, die etwas versteckt verläuft. Ich muss hinter dem Verteilerkreisel nur der Straße parallel der Autobahn folgen, so wie ich es im Herbst vor drei Jahren auch getan habe und dann abbiegen. So der Plan. Bald nach dem Kreisel werde ich zunächst einmal auf eine Umleitung geschickt. Diese führt um die zentrale Flüchtlingsaufnahmestelle herum und leitet mich ein paar hundert Meter weiter doch wieder auf die Straße, auf die ich eigentlich wollte.
Meine Stelle, an der ich abbiegen möchte, finde ich, wenn auch nicht gleich, und gelange in ein schmales Tal. Dieses Tal erweitert sich bald und ich fühle mich ein wenig wie im Allgäu.

Die Straße schlängelt sich noch durch einen Vorort und beginnt dann anzusteigen. Das wird vermutlich früher, bevor es die Autobahn gab, der Hauptverkehrsweg gewesen sein. Heute ist es eine unbedeutende Straße, die sich dem Verlauf der Landschaft folgend, den Berg hinaufwindet. Oben angekommen, brauche ich nur noch den Wegweisern nach Hermeskeil zu folgen. Ich habe die Autobahn gequert und fahre vorbei an Hinzert. Hier gibt es eine KZ - Gedenkstätte, eine von zweien in Rheinland - Pfalz. In Hinzert waren in der Mehrzahl luxemburgische Gefangene festgehalten und gequält worden. Es war, ähnlich wie Osthofen kein Vernichtungslager und hatte auch nicht die Ausmaße, wie etwa Bergen Belsen, Dachau, oder Buchenwald. Aber es war da und es hat Menschenleben gekostet. Menschenleben eigentlich völlig unbescholtener Bürger. Deren Fehler es häufig war, den verkehrten Geburtseintrag gehabt zu haben, oder eine von der vorgegebenen Meinung abweichende Haltung.
Diesen Gedanken hänge ich noch nach, als ich nach ein paar Kilometern Hermeskeil erreiche. Ich komme einen Hügel hinabgefahren, rechts an der ehemaligen Kaserne vorbei und biege in die Ortschaft ab. An der Unterführung unter der Eisenbahn sehe ich eine Hinweistafel auf das Dampflokmuseum. Hier bin ich mit meinen Vater irgendwann Ende der 80er, Anfang der 90er ein oder zwei Mal gewesen. Das war eine irre Ansammlung alter, verrosteter, teils verrotteter Lokomotiven. Manche waren damals schon kaum mehr als ein Torso.
Eigentlich mal wieder Zeit, bei den alten Damen vorbeizuschauen. Heute ist Sonntag, vielleicht ist ja geöffnet? Ich biege in Richtung Bahnhof ab. Hier gibt es einen kleinen Busbahnhof und ein altes Empfangsgebäude. Daß sich hier wirklich etwas abspielt, das kann man sich kaum vorstellen. Ich parke Gesa vor dem Bahnhofsgebäude und nehme meinen Tankrucksack und den Helm.
Es ist ein hoher, grüner Metallzaun um das Gelände gezogen, um es vor Piraten zu schützen. Es gibt eine Pforte, die allerdings verschlossen ist und eine Klingel. Bei der Klingel hängt ein Schild "geöffnet" und der Hinweis, man möge die Klingel betätigen, wenn man hinein wollte. Ich tue, wie mir geheißen wurde und warte. Nach einem kurzen Moment erscheint ein älterer, etwas vollschlanker Mann im Bild und kommt auf die Pforte zu. Vermutlich hat er auf eine Gruppe, oder mindestens Familie gehofft. Er öffnet mir, begrüßt mich und geht mit mir vor zum Lokomotivschuppen. Hier kassiert er meinen Eintritt und gibt mir ein kleines Faltblatt und danach darf ich alleine auf Erkundung gehen.
Vor dem Lokschuppen findet sich eine kleine Drehscheibe und dahinter erstreckt sich das Areal. Ich kann schon eine Menge alter Lokomotiven erkennen, manche sind zugedeckt, ein oder zwei sogar eingerüstet. Hier schient sich doch noch etwas zu tun. Ich betrete den Lokschuppen. Im Halbdunkel der Rotunde türmen sich stählerne Ungetüme vor mir auf. Unter den schwarzen findet sich auch ein rotes Ungetüm, eine Diesellok russischen Fabrikats.
Ich schlendere um die riesigen Lokomotiven. Der Geruch von altem Schmieröl und Staub liegt in der Luft. Es ist ein ganz eigentümlicher Geruch, der da hängt. Man findet ihn in vielen dieser alten Lokomotivschuppen. Neben der Ölnote ist da auch noch etwas anderes. Etwas, das an Kohle und Feuer erinnert.
Einen  Moment denke ich noch, vielleicht gesellt sich der Mann vom Eingang noch zu mir und erzählt etwas zu den Exponaten, aber außer daß jemand ein Licht anknipst und dann wieder verschwindet, passiert nichts. Ich schaue mir alles ganz alleine an, niemand hindert mich, in einen Führerstand zu steigen, oder Fotos zu machen.


Nach einer Weile trete ich wieder vor die Tür und sehe mich auf dem Gelände um. Hier sieht es wirklich eher wie ein Lokfriedhof aus. In langen Reihen sind sie abgestellt, Maschinen, hauptsächlich aus der ehemaligen DDR, in allen Erhaltungszuständen.
Manche sind offenbar schon als Schrott, oder als Torso, oder Dampfspender hier angekommen. Zwischen den Dampflokomitven finden sich auch ein paar alte grüne Elektrolok.
Auch hier ist alles dabei, von noch fast OK bis ziemlich verrottet. Ich schaue in den Sandkasten bei einer dieser Ellok. Da ist sogar noch Sand drinnen. Man hat sie einfach so wie sie waren hier hergebracht, ohne sie zu konservierern.
Weiter hinten wachsen ein paar sehr alt aussehende Maschinen in den Boden. Sie müssen aus Rumänien oder so gekommen sein.  An ihren Seiten tragen sie fremdländische Zeichen. Der Zustand ist allerdings auch hier mehr als erbärmlich.
Ich mache ein paar Bilder und gehe eine andere Reihe zwischen den Lokomotiven wieder zurück zum Lokschuppen. Hier stehen auch etliche alte Dampflokomotiven in bisweilen recht fragwürdigem Zustand.
Aber es ist dennoch hochinteressant so alleine dort zwischen den alten Dampfrössern umherzustöbern. An manchen sieht man noch alte Anschriften, manche waren mobile Dampfspender und wurden für diese Aufgabe auf das nötigste reduziert, andere tragen noch die letzte Beheimatung an ihren Führerhäusern.
Ich mache noch eine Runde um die Drehscheibe und finde mich dann wieder beim Lokschuppen ein um meinen Helm und den Tankrucksack abzuholen. 
Der Mann, der mich eingelassen hat, ist nicht mehr dort, statt seiner passt nun eine ältere Asiatin auf die Ausstellungsstücke auf. Sie spricht nur wenig Deutsch und so kommt kein wirklicher Dialog zustande. Ich nehme meine Sachen und verabeschiede mich. 
Gesa wartet immer noch artig vor dem Bahnhofsgebäude auf mich und nach ein paar Augenblicken habe ich mich fertig gemacht und lasse den Motor an. - Was ist das? "Lamp" steht da in der Anzeige. Ich halte die Hand vor den Scheinwerfer. Es ist klar, die Abblendlichtbirne ist kaputt. Hm. Sonst ist sie entweder bei Louis vor der Tür kaputt gegegangen, oder bei mir zu Hause. Wo soll ich denn hier so eine Lampe herbekommen? - Moment, da war doch diese Tankstelle vorhin, als ich in den Ort fuhr. Ich drehe mich um und kann ihre Rückseite sehen. Ich fahre also eine kleine Wende und schwenke auf den Hof der Tankstelle ein. Da Gesa ganz normale Lampen braucht, habe ich keine Probleme, im Laden eine zu finden. Das Auswechseln ist bei Gesa kindereinfach, ich muss nur mit der Hand unter das Anzeigeinstrument greifen und dort einen Deckel abdrehen. Dann komme ich ganz bequem und ohne Werkzeug an die Lampe. 
Nach wenigen Momenten ist das Missgeschick ausgebügelt und wir haben wieder volles Licht. Das ist auch gut, denn der Himmel ist nach wie vor düster und es liegt Regen in der Luft. 

Ich verlasse Hermeskeil in Richtung Nonnweiler. Es ist keine allzugroße Straße, die ich da fahre. Ich komme durch Nonnweiler, sehe den Autohändler, bei dem ich mal vor ein paar Jahren gestrandet bin und brumme weiter in Richtung Birkenfeld. Ein paar Dörfer später rolle ich auch hier durch eine sonntäglich ausgestorbene Stadt. Ich fahre auf die Bundeststraße nach Idar Oberstein. Der Himmel ist noch düsterer, als er es ohnehin schon gewesen ist. Bis Niederbrombach komme ich, dann bricht der Regen los. Ich kann mich auf einem Schulparkplatz eben noch unterstellen. Nach ein paar Minuten, als ich schon zu Gesa laufen und meine Regenkombi aus dem Koffer holen will, hört es eben so schlagartig wieder auf zu regnen, wie es angefangen hatte. Ein paar Tropfen noch und dann ist wieder tiefster Friede. Ich schaue mich ungläubig um. Ein Blick auf die Wetterapp, nö, das war's erst mal. Also weiter. Ich komme nach ein paar Kilometern nach Idar Oberstein hinein. Wie ich gerade in die Stadt heineinfahre, ruft mein alter Kollege Dieter an. Da ich aber eine Freisprechanlage im Helm habe, muss ich nicht anhalten.
Ich fahre auf der Nahe, die man hier einfach überbaut hat und durch einen Tunnel und bin auch schon wieder draußen. An diesem Sonntagmittag ist nicht viel los und ich komme gut vorwärts. Links ab geht es zu dem Dorf, in dem das unglückliche Mädchen gewohnt hatte, mit dem ich vor ein paar Jahren beruflich einmal zu tun gehabt hatte. Sie hatte sich zu einer dieser Reality - TV Shows angemeldet und ist dort ziemlich übel über den Tisch gezogen worden. Ihre Geschichte hat später sehr traurig geendet. Ein Glück hat sie nie gefunden. Im letzten Sommer füllten Meldungen die Tagespresse, daß sie von ihrem neuen Freund in Mecklenburg ermordet worden sei.
Mit diesen Gedanken rolle ich an der Nahe entlang. Das Wetter verschlechtert sich. Ich sehe die Regenwolken. Es besteht kein Zweifel, trocken komme ich nicht nach Hause. Kurz vor Monzingen fängt es richtig an zu regnen und es sieht diesmal nicht nach einem Schauer aus. Ich suche mir einen Platz, an dem ich meine Regenkombi anziehen  kann. Ich biege an der Ampel ab und fahre hinter einem Bahnübergang links. Dort ist ein kleines Haltestellenhäuschen. Hierhin flüchte ich mich. Wie ich mich wieder fertig mache, um weiterzufahren fällt mein Blick auf ein paar verwelkte Blumen und eine kleine Tafel. Hier ist ein Unfall gewesen, bei dem ein Zug das Auto von fünf jungen Männern erfasst hatte. Urg. Ich sehe zu, daß ich diese Stelle verlasse.
Der Regen hat zugenommen und es hat sich richtig eingeregnet. Ich spule einfach meine Kilometer herunter. Durch die Gischt der Autos ist mitunter kaum etwas zu sehen. Ich bin froh, wenn ich nachher zu Hause bin. Als ich an Bad Kreuznach vorbei bin, ist es nicht mehr weit.
Ein paar Kilometer noch über Land und dann tickt Gesa auch schon wieder in ihrer Garage. Die Regenkombi, die Koffer und Gesa sehen aus, als wäre ich sonstwo gewesen. Überall ist Sand und Dreck. Ich stelle erst einmal alles in den Flur und pelle mich aus der gelben Hülle. Jetzt erst einmal in normale, trockene Klamotten und danach einen Kaffee!



Das war ein wirklich tolles Wochenende! Es war anstrengend, aber auch sehr schön. Es hat riesigen Spaß gemacht, die ganzen Leute wiederzusehen und mit ihnen eine schöne Zeit zu haben.
Montag werde ich wieder in aller Herrgottsfrühe aufbrechen müssen, um in Frankfurt die Schulbank zu drücken. Aber nur noch für ein paar Wochen!

Donnerstag, 19. Oktober 2017

Eifel - Kringel oder IFRD 2017

Die Sonne steht noch ziemlich flach an diesem Morgen, als ich vors Haus trete und Gesa startklar mache, sie lässt die Tropfen auf den Blättern glitzern. Ich mag diesen goldenen Schimmer, der über der Landschaft liegt. Ich wische die Sitzbank von Gesa ab und schiebe sie nach vorne. Gestern abend, als wir angekommen sind, war weit und breit keine Tankstelle mehr geöffnet gewesen. Deshalb muss ich heute morgen los und etwas Sprudel für Gesa besorgen. Die Wirtsleute haben mir gesagt, es gäbe in Waxweiler eine Tankstelle, die heute morgen geöffnet hätte. Ich mache mich also auf den Weg. Die Reifen sind noch kalt und so fahre ich vorsichtig die Serpentinen gleich hinter dem Dorf. Im Tal sieht man Waxweiler liegen. Wie in einem Film. Aus manchen Schornsteinen auf den Häusern steigt etwas Rauch auf, sonnige Wiesen, schattige Wälder umrahmen die Ortschaft. Im Ort sehe ich eine Hinweistafel auf die Tankstelle. DIE Hinweistafel, wie sich herausstellen wird. Denn zunächst brumme ich fröhlich an der Straße vorbei, in der die Tankstelle liegt. Ich bin schon fast aus dem Dorf wieder raus, da dämmert mir, daß hier keine Tankstelle mehr zu erwarten sein kann. Ich drehe also um. Zurück im Ort bleibe ich an der Kreuzung stehen - und da kann ich sie nun auch sehen. Die Tankstelle hat geöffnet, ich bekomme Sprit.
Als ich bezahle, wundert sich die Frau an der Kasse, daß ich ganz von Mainz komme. Sie fragt mich, ob ich die Strecke heute morgen gefahren sei. Nein, um Himmels Willen! Ich erzähle, wo ich übernachtet habe und sie erzählt, daß sie früher häufiger nach Mainz zu fahren gehabt hatte. So findet man immer irgendwo Leute, die schon mal irgendwas mit Mainz zu tun gehabt haben.

Gesa habe ich, zurück am Hotel, gleich etwas fluchtgünstiger aufgestellt. Nun wird es auch für mich Zeit, zu frühstücken. Die anderen sind schon alle da, manche sind schon wieder auf ihren Zimmern und machen sich für die heutige Tour fertig. Heute ist IFRD. Heute ist es wieder so weit, Frauen auf der ganzen Welt sind aufgerufen, heute Motorrad zu fahren. Wir werden ein würdiges Bausteinchen dabei sein.

Es ist halb zehn, als wir uns starklar machen und die ersten Motoren angeworfen werden. Die Gruppen, in die wir uns haben einteilen lassen, entsprechen unserem Fahrstil und unserem Können. Gestern abend haben wir schon mal den Ablauf für den heutigen Tag erklärt bekommen und nun sammeln wir uns zu unseren Gruppen zusammen. Ich fahre mit Frauke und ein paar Frauen von meinem Mainzer Stammtisch. Als Stammtisch direkt haben wir noch keine gemeinsame Ausfahrt gemacht, das wird unsere Premiere sein. Da Frauke auch bei unserem Stammtisch dabei ist, werden wir quasi eine geschlossene Gruppe darstellen.
Wir bauen uns am Straßenrand auf und warten, bis die Gruppe vor uns losgefahren ist. Dann geht es auch für uns auf die Strecke. Die Sonne ist in der Zwischenzeit etwas milchig geworden, aber das tut unserer Freude keinen Abbruch. Es geht zunächst aus dem Ort hinaus und danach eine kleine, geschwungene Straße beragab. Jemand hat rote Luftballons in Herzform am Wegesrand aufgehängt. Wir nehmen das mal als Liebeserklärung unserer Fans hin.
Um diese Uhrzeit ist in der Eifel nicht viel los. Auch an einem Sonnabendvormittag ist Verkehrschaos ein Fremdwort in dieser Gegend. Die Landschaft hat stellenweise etwas von Allgäu, sonnenbeschienene Matten, kleine Wäldchen, kleine Ortschaften. Wir schwingen durch ein Wiesental. Nach einer Biegung geht es an einem kleinen Fluß entlang. Auf der anderen Seite ist eine Ortschaft, Densborn, und eine Bahnlinie. Als wir an der nächsten Kreuzung abbiegen, ist der Bahnübergang auf der anderen Flußseite geschlossen. Wir stoppen die Maschinen. Es ist ein wenig, wie aus einer anderen Zeit. In der Ferne kräht ein Hahn, die Sonne scheint milde, die Landschaft liegt in Frieden. Irgendwann zerteilt Motorengeräusch die Stille. Das ist eine unserer Gruppen. Sie fahren an der Kreuzung vorbei. Nach ein paar Augenblicken gesellen sich noch ein paar Motorradfahrer zu uns. Allerdings kümmern sie sich nicht groß um uns. Als auch sie die Motoren gestoppt haben, ist wieder Stille. Plötzlich fangen die Gleise an, leise zu singen. Dann erscheint ein roter Triebwagen. Mit einem kurzen Quietscher bleibt er stehen. Fahrgäste strömen auf den Bahnsteig. Eine Lautstprecherdurchsage, dann brummt der Motor des Triebwagens wieder auf und er rauscht an uns vorbei. Als die letzten Achsen vorbei sind, heben sich die Schwellen wieder leicht. Klick, klick, klick, die Schrankenbäume heben sich wieder und bleiben rasselnd in ihrer höchsten Stellung stehen. Wir haben indes die Motoren wieder gestartet und warten darauf, daß das rote Licht erlischt.
Als wir fort sind, versinkt der Bahnübergang und die Ortschaft wieder in ihrer Beschaulichkeit.
Wir fahren zwischen Wald und Feldern nach Maisburg. Den Namen kenne ich. In meiner Grundschulklasse damals, war ein Mädchen, das mit Nachnamen Maisburger hieß. Ich überlege, ob die Vorfahren vielleicht von hier gekommen sein mögen. Die Ortschaft ist nicht groß und wir sind schneller durchgefahren, als ich diese Zeilen tippen kann.
Jetzt, am Sonnabendmorgen liegt zudem noch alles ganz verschlafen da. Nur vereinzelt sind bisher Personen auf der Straße unterwegs gewesen. Autos sind auch noch nicht allzu viele in Erscheinung getreten. Als wir uns dem Meerfelder Maar nähern, wird die Straße enger. Kurz hinter einer recht engen Stelle kommt uns ein Auto entgegen. Ich habe im Rückspiegel gesehen, daß die anderen sich haben etwas zurückfallen lassen. Ich warne den Autofahrer lieber, als daß er den Rest unserer Gruppe niedermäht.
Das Meerfelder Maar können wir mehr ahnen, denn sehen. Wir fahren hier auch ohne Halt vorbei. Nach wenigen Kilometern erreichen wir Manderscheid. Hier ist schon mehr los. Hier gibt es Autos und Traktoren. Frauke lotst uns auf einen Parkplatz. Dort warten berereits andere von uns. Hier sollen auch die anderen Gruppen entlang kommen. Sie fahren ansonsten teilweise die gleiche Route wie wir, nur werden die sportlich orientierten ein paar Kilometer mehr fahren und die beiden anderen Gruppen jeweils abgestuft etwas weniger. Am Ende werden wir alle unserern Spaß haben und auf unsere Kosten kommen.
Frauke, Claudia und ich laufen ein paar Schritte und schauen ins Tal, auf die Niederburg. Das ist schon recht erhaben hier.


Die Sonne hat sich mittlerweile etabliert und es beginnt, etwas wärmer zu werden. Einige von uns erledigen noch wichtige Dinge und dann geht es auch schon weiter für uns. Wir schlängeln uns ins Tal, und durch viel Wald, in Richtung Autobahn A1. Vor der Autobahn erkenne ich bereits die charakteristischen Merkmale einer ehemaligen Eisenbahnlinie. Ihr folgen wir nun ein paar Kilometer und biegen dann nach Wittlich ab. Hier gibt es eine kleine Runde durch die Stadt und schließlich wieder gen Norden.


Nach ein paar Kilometern biegen wir ab, in Richtung Bad Bertrich. Hier bin ich schon ein oder zwei Mal gewesen. Vom Ort selbst sehen wir heute nicht viel, eine Umgehungsstraße führt uns an der eigenlichen Ortschaft vorbei. Nach einigen Kurven durch den Wald erreichen wir die Mosel bei Alf. Hier war immer eine scharfe Kurve in der Kreuzung. Mittlerweile ist hier ein Kreisverkehr. Wir fahren weiter, in Richtung Moselbrücke.
Das Besondere an dieser Brücke ist, daß oben die Züge fahren und unten die Autos, die Fahrräder und Fußgänger. Wir als Motorradfahrer bleiben auch lieber unten. Auf der Brücke begegnen wir einer Familie mit einem großen gelben Hund. Noch denken wir uns nichts dabei, aber später werden wir von Annika eine Geschichte dazu hören.
Wir fahren ein paar Kilometer an der ehemaligen Moselbahn entlang, überholen eine Fahrradgruppe und biegen dann in Richtung Grenderich ab. Es ist eine ganz kleine Straße und ich habe bald das Gefühl, wir werden in einem Wingert landen, oder auf einem Feld. Aber ich kenne auf der anderen Seite die Gegend an der Mosel gut genug, um zu wissen, daß es recht viele solcher kleinen Straßen hier gibt. So fahren wir guten Mutes weiter. Die Straße führt uns durch den Wald und nach einer Kehre sind wir auch bald in Grenderich.
Kehren kommen noch ein paar und dann sind wir bald in Liesenich. Hier wird es unser Mittagessen geben. Der Gasthof Moselhöhe erwartet uns. Hier gibt es einen großen Parkplatz und hier sind Motorradfahrer willkommen. Unsere Gruppe ist allerdings die erste, die hier von uns ankommt. Wir müssen eine ganze Weile warten, bis alle von uns eingetrudelt sind.
Annika hat, als sie eintrifft, einiges zu erzählen. Sie hat den großen gelben Hund an der Moselbrücke beinahe unter den Rädern gehabt. Die Leute hatten sich überhaupt nicht dafür interessiert, wo ihr Purzel so hinläuft und wem er vors Motorrad rennt. Unfassbar eigentlich.

Der Gastraum ist groß und gemütlich, ländlich sittlich eingerichtet, und es gibt genügend Platz für uns alle. Es ist zwar gerade Spargelzeit, aber ich lasse mich zu einem Burger hinreißen. Keine falsche Entscheidung, wie sich herausstellt. Nicht, daß der Spargel etwa nichts taugen würde, aber der Burger ist schwer amtlich. Donnerlittchen!
Nach dem Essen und etwas Ausruhen, bauen wir uns alle draußen noch für das offizielle Gruppenbild auf. Damit erscheinen wir dann auch auf der IFRD Webseite. Denn, ich erinnere noch einmal dran, auf der ganzen Welt sind Frauen heute aufgerufen, Motorrad zu fahren. Und, es fahren auch überall, rund um den Globus Frauen heute Motorrad. Zusammen und alleine, in aller Herren Länder.
 Für die Weiterfahrt starten wir alle etwas zeitversetzt. Unsere Gruppe ist ziemlich zuletzt dran, weil wir ja auch zuerst dort gewesen sind und nun etwas eingebaut zwischen den anderen Motorrädern stehen. Gesa steht gut geschützt. Hier kann ihr nichts passieren, falls jemand Domino spielen möchte.
Auf der Weiterfahrt geht es zunächst wieder in Richtung Mosel. Wir folgen dem Fluß wieder ein paar Kilometer in Richtung Ediger Eller und schlagen uns dann ins Hinterland. Auf dem Weg durchqueren wir einen Golfplatz.
Verluste durch Bälle gibt es allerdings keine bei uns. Nach ein paar Kilometern duch fabelhafte Landschaft, biegen wir nach Schalkenmehren ab. Ich glaube, hier bin ich schon mal gewesen, auf jeden Fall hat mein alter Fotohändler davon erzählt. Wir rollen in den Ort hinunter und biegen auf einen Parkplatz ab. Eigentlich ist der für Busse gedacht. Wir fragen lieber mal nach. Aber wir dürfen dort parken und man heißt uns Willkommen. Hier haben wir Kaffee und Kuchen eingeplant. Und das auch noch mit Maarblick! Sensationell! Mit Blick auf den Schalkenmehrener Maar sitzen wir und trinken Kaffee und lassen es uns gut gehen.
Von der Sonne, die uns bislang begleitet hatte, ist seit ein paar Kilometern nichts mehr zu sehen gewesen. Es hat sich zugezogen. Aber bislang ist es trocken.
Auch als wir aufbrechen ist es noch trocken. Wir schlängeln uns durch die Eifel in Richtung Gerolstein.

In Gerolstein bin ich schon ein paar Mal gewesen. Aber das ist auch schon wieder Jahre her. Einige von uns müssen tanken. Und so suchen wir uns nun eine Tankstelle.Wir kommen von einer Seite, von der ich noch nie gekommen bin, und so habe ich gar keine Orientierung.
An der Ausfallstraße finden wir schließlich, was wir gesucht haben und wir können die Tanks vollaufen lassen.
Wir folgen der Kyll und auf den letzten paar Kilometern fangen doch tatsächlich noch die Tropfen auf der Scheibe an.

Bis wir zu Hause sind, regnet es druchaus schon etwas mehr als nur drei Tropfen. Eine Vorahung von dem, was uns morgen auf dem Heimweg blühen wird, beschleicht uns. Wir stellen die Maschinen auf dem Parkplatz vom Hotel ab und sehen zu, daß wir ins Trockene kommen, bevor es richtig losbricht. Und es ist wirklich so, kaum sind wir drinnen, geht es auch tatsächlich richtig los mit dem Regen. Wir haben ernsthaft Glück gehabt.
Jetzt rasch umgezogen und sich für den Abend zurecht gemacht. Und dann nichts wie runter, denn das Abendessen wartet schon auf uns.
Wir sitzen noch lange und erzählen, bis irgendwann langsam tröpfchenweise die Leute in den Kojen verschwinden. Es ist ein megatoller Tag gewesen, aber auch ein klein wenig anstrengend. Und wir sind alle keine zwanzig mehr, wie wir festgestellen.