+++30.05.2016+++
Als ich aus der Tür trete, ist gleich eine ganz andere Luft als gestern. Es scheint die Sonne, es riecht nach Sonne und es wird bereits langsam warm. Dabei ist es erst gegen neun. Den Tag lasse ich mir gefallen.
Es dauert nicht lange, da bollern Gesa und ich bereits durch Poppenbüttel und halten uns in Richtung Flughafen. Polly hatte da in einem ihrer Artikel von einem Lokal am Flughafen berichtet, dort möchte ich nun hin zum frühstücken.
In Hummelsbüttel biege ich ab und fahre zunächst einfach mal der Nase nach. Bis ich in einer Sackgasse hinter einem Radarturm zum Stehen komme. Auf der linken Seite stehen ein paar Baracken. Ich schaudere. So etwas ähnliches habe ich mal in einem Traum gesehen. Und zwar hier in der Nähe. Diese Baracken stellen sich als Unterkünfte für Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg heraus.
Die aus meinem Traum waren allerdings blaugrau, hatten einen anderen Zweck, gehörten zur Wehrmacht und sahen auch etwas anders aus.
Daß ich diesen Traum gehabt hatte, liegt schon gute zwanzig Jahre zurück. Er ist allerdings so plastisch gewesen, daß er mir noch heute wie ein Film vor Augen ist.
Ich zerstreue meine Gedanken, indem ich die Informationstafel lese und danach dann auf meinem Händi schaue, wo mein Ziel denn nun tatsächlich liegt. So falsch bin ich gar nicht, ich muss noch ein Stück in Richtung Norderstedt und dann bei einer Tankstelle abbiegen. Am Flughafen hat sich in den letzten Jahren so viel verändert, daß das
alles gar nicht mehr wiederzuerkennen ist. Die Straßenbahnschleife ist
verschwunden, alles ist viel größer geworden und es gibt viel mehr
Beton.
Ein paar Minuten später aber tickt Gesa bereits vor dem Coffee to Fly.
Es liegt bei einem beliebten Aussichtspunkt auf die Start und Landebahn des Flughafens Fuhlsbüttel. Die startenden Flugzeuge kann man hier gemütlich mit Brötchen und Kaffee in der Hand beobachten. Das tue ich auch, ich habe mir ein Frühstück und ein Rührei bestellt und sitze gemütlich an einem Tisch und lasse es mir gut gehen.
Nach dem gelungenen Frühstück sattele ich Gesa wieder, denn ich habe heute noch einiges vor. Zunächst muss ich nach Bahrenfeld. Das war eigentlich nicht geplant, aber wegen der Friedhofssache muss ich meinen Tagesplan nun etwas ändern. Also rolle ich in Richtung City, biege dann am Nedderfeld ab und folge dem Ring bis es rechts nach Lurup geht. Dort biege ich links ab und bin schon bald am Altonaer Volkspark. Drüben, bei DESY und auf dem ehemaligen Flugplatz, sind Bauaktivitäten zu sehen.
Ich suche den Gärtner, der sich um das Grab meiner Eltern in Hittfeld kümmert. Mein Ziel liegt laut Internet nahe des Haupteingangs vom Friedhof. Bis vor kurzem hatte das ja noch der lokale Gärtner in Hittfeld gemacht, den ich auch schon lange kenne, dann hatte er aber scheinbar keine Lust mehr und hat dieses Geschäftsfeld an einen Gärtner in Altona übergeben. Den suche ich jetzt. Ich weiß, daß hier eine Gärtnerei ist, aber daß sie so klein ist, genaugenommen nur eine Art Kiosk, das hatte ich so dann doch nicht in Erinnerung. So finde ich auch nur eine Verkäuferin vor, die nichts weiter tun kann, als mir zu versprechen, daß ihr Chef mich anrufen würde. Etwas zähneknirschend verlasse ich den Laden.
Mittlerweile ist es wirklich warm geworden und meine Funktionsunterwäsche ist deutlich zu viel unter der Lederjacke. In unmittelbarer Umgebung finde ich einen Rhododendronbusch, hinter dem ich rasch mich des überflüssigen Oberteils entledigen kann. So ist es gleich viel besser.
Ich habe gestern abend festgestellt, daß mein Kettenspray, das ich im Tankrucksack habe, mal wieder leer ist. Das scheint eine hervorstechende Eigenschaft zu sein, die vorwiegend in Norddeutschland aufzutreten scheint. Also fahre ich in die Kieler Straße, denn hier sind die üblichen Läden zu finden und schon bald habe ich wieder eine frische kleine Dose im Gepäck und sehe nun zu, aus der Stadt herauszukommen.
Ich zickzackele mich in Richtung Langenhorn durch und schwitze mich durch Baustellen und ewige Ampelphasen. Irgendwann stehen die Wegweiser auf "Segeberg" und ich kann Gas geben. Da ich durch die Exkursion nach Bahrenfeld etwas in meinem eigentlichen Zeitplan durcheinandergekommen bin, sehe ich zu, daß ich vorankomme. Ich kurve etwas um Bad Segeberg herum und finde mich bald auf den geliebten kleinen Straßen wieder. So nähere ich mich dem Warder See an. Wenn ich schon mal hier bin, dann biege ich hier auch noch mal kurz ab, und so stehe ich bald drauf wieder vor dem Tor des Gutes Wensin. Hier zieht es mich immer wieder magisch hin. Irgendwann werde ich die Zeit und den Mut haben, vorzufahren und zu klingeln.
Nach ein paar Minuten, die ich im Schatten stehe und meine Landkarte neu sortiere, mache ich mich zur nächsten Etappe auf. Es geht geradewegs durch in Richtung Plöner See.
Die Strecke ist einfach wunderbar, es ist eine herrliche kleine Straße, die sich, den Vorgaben der Landschaft folgend, durch Felder und Wälder windet.
Um den Plöner See zu erkunden, er sieht etwas aus wie der Schattenriss von Afrika (das ist auch Werner - Erfinder Brösel mal aufgefallen), fehlt mir heute die Zeit. So wechsele ich auf eine etwas breitere Straße und folge den Wegweisern, die "Kiel" verheißen.
Die Bauarbeiten auf der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße, die in die Stadt hineinführt, sind noch immer nicht ganz beendet, es geht aber einiges flüssiger vorwärts als im vergangenen Jahr. Ich muss dieses Mal nicht in Richtung Hafen und fahre also eine Abfahrt weiter. Ich halte mich in Richtung Innenstadt. Meinem Instinkt folgend biege ich ab und sehe schon von weitem mein Merkzeichen. Ich bin richtig. Allerdings bin ich jetzt eine halbe Stunde zu früh. Ich drehe also noch ein paar Runden durch Kiel und lerne die Stadt etwas besser kennen, dann kreise ich mein Merkzeichen wieder ein und suche mir einen guten Platz, an dem ich Gesa abstellen kann, ohne daß sie zu sehr stört.
Den Helm und den Tankrucksack genommen und dann um die Ecke und geklingelt. Als der Türöffner schnarrt, muss ich noch ein paar Treppen hochsteigen und dann bin ich da. Svenja begrüßt mich fröhlich. "Schön, daß Du da bist, komm rein!" Erst mal die Jacke ausgezogen und ankommen. Ich werde auch sogleich auf die Prämiumführung durch die Wohnung gebucht und lerne das alles nun live kennen, was ich bislang nur aus dem Blog kannte. Und ich lerne endlich Pieps kennen. Svenja bereitet mit ihr gerade ihre Baltikumreise vor und hat das Gepäck schon zu weiten Teilen zusammengestellt. So sehr weicht das nicht von meinem Campinggepäck ab.
Aber bald schon sitzen wir auf dem Balkon, ein alkoholfreies Bier in der Hand und schauen in den sonnenbeschienenen Hof. Neben uns brutzeln zwei Steaks auf dem Grill und es könnte kaum schöner sein. Wir reden über das Reisen, das Fotografieren, das Motorradfahren, es gibt eine Menge Themen, die wir gemeinsam haben, das haben wir ja beim letzten Treffen schon festgestellt. Die Steaks sind köstlich und so sitzen wir bis es anfängt zu dämmern. In der Zwischenzeit hatte es sich einmal kurz zugezogen und in der Ferne etwas gedonnert, aber das ist nun schon wieder vorbei und die Sonne scheint wieder. Es ist Ende Mai, da wird es spät dunkel und so ist es auch bald zehn, als ich aufbreche. Svenja meint ganz erschrocken, "so lange bin ich zuletzt an Silvester aufgewesen!"
Sie kommt noch mit runter, um Gesa zu begutachten und sagt, ich solle auf dem Rückweg auf mich aufpassen und dann muss ich auch schon wieder den Motor anlassen und verschwinde in die beginnende Nacht.
Das ist auch wieder so ein Abschied, der schwer fällt. Wir hätten noch so viel zu erzählen. Aber das werden wir fortsetzen!
Als ich aus Kiel herauskomme, verfrantze ich mich etwas. Ich lande schnurstracks auf der Autobahn. Da will ich aber nicht hin. Also fahre ich an der nächsten Abfahrt ab und zackere mich durch, bis ich auf die richtige Straße gelange. Nach ein paar Kilometern wird die Straße naß, Wasser liegt in der Luft. Hier hat es geregnet und es regnet ab und zu immer noch ein wenig. In der Ferne, zu meiner linken, sehe ich Wetterleuchten. Es ist mittlerweile ganz dunkel geworden, die Wolken haben den letzten Abendglanz genommen. Ich fahre sturheil durch eine kilometerlange Baustelle. Die Bundesstraße wird zur A21. Vorbei an Bornhöved jagen Gesa und ich durch die Nacht. Schließlich kommt meine Abfahrt in Högersdorf und ich bin wieder auf der Straße, auf der ich heute mittag aus Hamburg hinausgefahren bin. Hier ist es abwechselnd naß und trocken. Es ist kurz vor elf, als ich nach Hamburg hineinkomme. Ich fahre durch fast ausgestorben wirkende Vororte und komme irgendwann, als ich kaum noch dran glaube, nach Poppenbüttel. Nun muss ich nur noch zwei Mal links und dann ist es nicht mehr weit. Es ist noch nicht lange nach elf, da habe ich Gesas Motor abgestellt und sie tickt neben mir auf dem Hof des Hotels. Ich sprühe rasch noch etwas Fett auf die Kette und verschwinde dann, so leise es geht, im bereits schlafenden Hotel.
Den Regen auf der Rückfahrt hätte es nicht gebraucht. Aber ansonsten ein wunderbarer Ausflug. |
Vielen lieben Dank, liebe Svenja, für diesen wunderherrlichen Nachmittag mit Dir auf Deinem Balkon. Hoffentlich können wir so etwas bald mal wieder machen...
Herrlich. Bloggertreffen mit kulinarischem Höhepunkt.
AntwortenLöschenOh, das war wahrlich ein Höhepunkt!
LöschenWieso machen wir eigentlich nie Fotos? Nun warst du schon zweimal in Kiel und wir quatschen so gut, aber wir machen keine Fotos. Irgendwie vergessen wir das immer :-)
AntwortenLöschenAber war ein schöner Nachmittag und Abend. Und dass du beim Entrecote das Fettauge mitisst, hat mich noch doppelt für dich eingenommen. Und Pieps.
Alles Liebe.
Svenja
Ich habe mich auch gefragt, warum wir nie Bilder machen! Das geht mir aber bei allen Bloggertreffen so, daß ich nach Hause komme und praktisch keine Bilder im Gepäck habe.
LöschenWir werden das ändern müssen!
ganz toll gemacht, Ihr zwei. Das nächste Mal bitte Beweisfotos ;-)
AntwortenLöschenWir arbeiten daran! Versprochen!
Löschen:)
Ihr "da oben" im Norden seid schon echt cool drauf... ;-)
AntwortenLöschen- Mehr davon!
Oh ja! Da bin ich auch dafür!
LöschenUnd Danke für das Kompliment! Das Cool drauf sein können aber auch andere!